Fürs Äschenfischen setze ich auf feine Ruten #4
Wer als Einsteiger ein gut sortiertes Fliegenfischerfachgeschäft betritt, ist meist nach wenigen Augenblicken überfordert. Unterschiedliche Griffe, verschiedene Längen, Schnurklassen von 0 bis 12 oder höher, Einhand, Zweihand,.... Ja, die Auswahl erschlägt einen förmlich. Starten wir den Weg durch den Rutenwald und werfen einen genaueren Blick auf die schicken Stöcke.
Die gängigsten Modelle werden aus Kohlefasermatten gefertigt und erreichen je nach Herstellung und Dichte unterschiedliche Steifigkeit. Dazu gesellen sich noch Glasruten und besonders edle Gespließte. Wir bleiben aber bei den Kohlefasermodellen – einige Hersteller mischen noch andere Materialien in das Blank-Material – und lassen die unterschiedlichen Herstellungsprozesse links liegen, um uns nicht völlig in Details zu verlieren.
Die Fliegenrute ist nicht nur zum Drillen da, sondern auch zum Transport der Fliegenschnur. Durch den Vor- und Rückschwung, den Einfach- oder Doppelzug, verlängern wir die Schnur und bringen die Fliege Richtung Fisch. Das ist die perfekte Überleitung zur Aktion. Dahinter versteckt sich, wie die Rute „arbeitet“ und sich beim Wurf oder Drill verhält. Es gibt eine Spitzenaktion (Tip Flex), parabolische (Mid Flex) und vollparabolische Aktion (Full Flex). Vereinfacht gesagt: Entweder sitzt die Sensibilität im Spitzenbereich, reicht bis zur Rutenmitte oder eben bis zum Griff. Probiert am besten aus, welcher „Rutentyp“ Ihr seid. Dem einen liegen eher die weicheren Modelle, während der andere ein echtes Brett in der Hand halten möchte. Allerdings spielt auch das Einsatzgebiet eine Rolle. Geht’s mit feinsten Vorfächern zum Forellenfischen, ist eine weiche Spitze Eure Versicherung gegen Fischverlust. Steht Ihr jedoch im strammen Gegenwind an der Küste, kommt Ihr mit einem „Lämmerstock“ im wahrsten Sinne nicht weit. Ihr merkt schon: Die eine Rute für alle Situationen gibt es nicht.
Hier geht die Rute bis zum Griff in die Biegeung
Der Ruten-Blank steckt am Ende im Rutengriff. Dieser besteht meist aus mehreren Korkscheiben und wird in Form geschliffen. Dabei sind „Cigar“, „Reverse Half Wells“ und „Full Wells“ die gängigsten Ausführungen. Finden wir an Ruten #0 bis 6 meist die Erstgenannten, kommt ab #7 der „Full Wells“ zum Einsatz. Das hängt mit der Fingerordnung beim Wurf zusammen: Liegt bei leichten Ruten der Zeigefinger am Griff, positioniert sich bei schwereren Modellen der Daumen oben am Griffende. Aber auch hier kommt es auf die eigene Halten beim Werfen an.
V.l.n.r.: Reverse Half Wells, Half Wells mit Fighting Butt, Cigar und Half Wells mit Fighting Butt sowie einem zusätzlichen Griff über dem eigentlichen Griff
Cigar- und Reverse Half Wells-Griff
Zweihandruten besitzen oberhalb des Rollenhalters ein deutlich längeres Griffstück, genauso am Rutenende. Das ist den verschiedenen Würfen bei diesen Modellen geschuldet.
Der Kork wird in unterschiedlichen Qualitäten verbaut. Am besten sind einzelne Korkscheiben, die später nach dem Schleifen nicht groß mit Spachtelmassen aufgebessert werden müssen. Viel wichtiger als die Optik, ist jedoch das Gefühl beim Werfen. Der Griff sollte angenehm in der Hand liegen. Daher empfiehlt es sich, verschiedene Ruten zu testen.
Zweihandruten mit langen Griffstücken ober- und unterhalb des Rollenhalters
Zweihandruten kommen meist beim Lachsfischen zum Einsatz
Deutliche zu sehen: das dicke Griffende für guten Halt
Die Rollenhalter bilden zwei Gruppen: Uplocking und Downlocking. Was versteckt sich dahinter? Beim Uplocking wird der obere Rollenfuß in eine Öffnung unter dem Kork geschoben. Anschließend folgt von unten ein bewegliches Gegenstück, das mithilfe einer Schraube die Rolle festhält.
Das Ganze gibt’s auch umgekehrt. In der Downlocking-Variante sitzt der feste Einschub am Rutenende und der beweglich kommt von oben. Auch hier sichert ein Schraubmechanismus die Rolle. Haltet Ihr eine Rute in der Hand, wo nur zwei Metallringe auf dem Griff sitzen, dann haben die Konstrukteure nichts vergessen. Gerade bei sehr leichten Klassen setzten einige Firmen früher auf diese Art des Rollenhalters. Heute ist er nicht mehr sehr verbreitet.
Bei höheren Klassen schließt das Griffende ein sogenannter Fighting Butt ab. Dieser hilft beim Drillen großer Fische, wenn Ihr Euch die Rute zum Beispiel in die Hüfte drückt. Außerdem gibt es einen weiteren Korkgriff oberhalb des eigentlichen Rutengriffes bei Rutenmodellen, mit denen Ihr auf die richtig Großen fischt.
Hier wird die Rolle nur durch zwei Metallringe auf dem Kork gehalten
Uplocking-Rollenhalter werden den meisten Ruten verwendet
Wie bei allen Angeln, mit Ausnahme der Inline-Modelle, wird auch bei Fliegenruten die Schnur durch Ring geführt. Am häufigsten treffen wir auf die sogenannten Schlangenringe. Diese sind mit dem Bindegarn am oberen und unteren Ende fixiert.
Ebenfalls sehr beliebt sind die Einstegringe, bei denen nur der kleine Steg am Blank gesichert wird. Alle Ringwicklungen erhalten zum Schluss eine Lackschicht, die den Schnurführer auch wirklich am Platz hält.
Bevor jedoch die eigentliche Beringung folgt, sitzen oberhalb des Rutengriffes ein bis zwei sogenannte Führungs- oder Leitringe. Sie unterscheiden sich deutlich von Schlangen- oder Einstegringen und sind größer.
Hinten Schlangen- und vorne Einstegringe
Gut zu sehen: Der Führungs- oder Leitring (über den Bäumen)
Wie bei den Rollen und Schnüren werden auch Fliegenruten nach Vorgaben der AFFTA (American Fly Fishing Trade Association) in Klassen durch das #-Zeichen eingeteilt und geben die Stärke der Fliegenrute an. Sie definieren im Prinzip den Einsatzbereich der Rute. Außerdem lassen sich passende Kombos zusammenstellen. Manchmal passen jedoch Rolle und Ruten aufgrund ihrer Eigengewichte nicht optimal zusammen. Jetzt ist für eine perfekt ausbalancierte Rute-Rollen-Schnur-Kombination Ausprobieren angesagt.
Die Rutenlänge wird in Fuß (30,48 Zentimeter) angegeben. Beliebteste Länge bei Einhandruten ist sicher die Neun-Fuß-Ausführung. Damit Eurem Schmuckstück nichts passiert, kommen die meist drei- oder viergeteilt Ruten im praktischen Transportrohr zu Euch. Reiseruten sind meist sechsteilig.
Die Rute #8 in 9´ Fuß und vierteilig. Auf dem Blank finden wir die Angaben
Stürmische Grüße aus Hamburg, Elmar