Der Isefjord in Dänemark lädt Angler und Erholungssuchende zu einem besonderen Abenteuer ein: mit dem Hausboot auf Entdeckungsfahrt. Eine Woche habe ich mich auf dem Boddengewässer im Nordwesten der dänischen Insel Seeland treiben lassen und einiges erlebt.

Autor und Bilder: Christian Siegler

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Mit dem Hausboot ging's auf Entdeckungstour


„Wow, ist der Kahn groß“. Das war mein erster Gedanke, als meine Frau und ich nach einer knapp fünfstündigen Fahrt im Städtchen Holbæk am dänischen Isefjord ankamen und das erste Mal das Hausboot sahen. „Das ist also unsere Zuhause für die kommenden sieben Tage“, dachte ich mir. So ganz wohl war mir mit dem Gedanken aber nicht, schließlich bin ich ein echter Bootsneuling. Doch Kenneth und Sanne, die beiden Besitzer, nahmen mir schnell die Zweifel. Die sehr sympathischen Dänen betreiben unter dem Namen „Fjordland“ einen Hausbootsverleih am Isefjord und haben viel Erfahrung im Umgang mit Urlaubern und Anglern. Nach einer ausführlichen Einweisung und einer kurzen Probefahrt durften wir eine Woche lang den Isefjord erkunden.

Leinen los
Wir waren heiß! Heiß auf Meerforellen und Plattfische. Die kann man im Isefjord nämlich neben Hornhechten, Makrelen, Heringen und Meeräschen prima fangen. Ziemlich aufgeregt legten wir früh am Hafen ab und begaben uns auf Entdeckungsfahrt. Es dauerte ein wenig, bis ich mich an die Größe des Bootes gewöhnt hatte, doch nach einigen Seemeilen verließ mich die Nervosität und ich konnte mich auf's Wesentliche konzentrieren. Am Abend zuvor hatten wir beschlossen, wo wir unseren ersten Versuch auf Meerforelle starten wollten und genau diese Stelle steuerten wir nun an. Eine Bucht namens Vellerup im süd-östlichen Teil des Fjords wurde uns von Sanne und Kenneth empfohlen. Der 30-PS-Motor des Hausbootes brachte uns mit einer gemütlichen Geschwindigkeit voran und dank des hochwertigen Echolots und guten Kartenmaterials fanden wir uns prima zurecht.

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Futter frei an Bord!

Wind, Wind, Wind und Luxus
In der Bucht angekommen, bemerkten wir schnell, was uns in der Kabine während der Fahrt nicht auffiel: Der Wind hatte stark zugenommen und machte ein kontrolliertes Driften des Bootes unmöglich, selbst mit bremsenden Driftsack. Anker setzen hieß also die Devise. Wir suchten uns ein Riff nah am Ufer und setzten das Boot, dass erstaunlich flach im Wasser liegt, fest. Nicht weit entfernt von uns standen einige Fliegenfischer im knietiefen Wasser – so schlecht schien der Spot also nicht zu sein. Als einer der Angler kurze Zeit später eine prächtige Meerforelle direkt vor seinen Füßen fing, waren wir sicher, dass es bei uns nicht mehr lange dauert, bis das ersehnte Silber auch in unsere Keschermaschen wandert. Doch die ganze Sache hatte einen Haken: Die Meerforellen standen sehr dicht am Ufer – zu dicht, um sie vom Boot aus zu erreichen. Der starke Wind machte das Manövrieren über dem flachen Riff und das Angeln auch nicht gerade einfacher. Doch eines bemerkten wir schnell: So mies das Wetter beim Meerforellenangeln auch sein kann, mit dem Hausboot haben wir damit keine Probleme. Zu kalt? Gibt's nicht – einfach eine halbe Stunde in der Kabine aufwärmen. Hunger? Mit vollem Kühlschrank und Ofen an Bord kein Thema. Müde? Kein Problem, Betten haben wir genug. Das ist der größte Vorteil des Hausbootes: Es ist immer alles dabei! Das ist besonders dann gut, wenn man mit seiner Frau oder Familie unterwegs ist. Hier muss keiner auf Luxus beim Angeln verzichten und der Papa ist immer direkt am Fisch. Besser geht's nicht! Aber die Flossenträger beeindruckte das wohl nicht, sodass wir nach mehreren erfolglosen Stunden die Bucht verließen und einen sicheren Hafen für die Nacht suchten.

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Die Köderboxen waren prall gefüllt

Sonne und Plattfische
Am nächste Morgen zeigte sich der Isefjord von seiner schönsten Seite: Sonne pur und kaum Wind. Noch schöner: Meine Frau war immer noch heiß auf’s Angeln. Plattfische sollten ans Band. Der Angelvirus schlug voll bei ihr zu, ich freute mich und hoffte, dass wir einige Flachmänner überlisten können. Wir suchten uns eine nicht zu tiefe, sandige Stelle nahe der Insel Orø, beköderten unsere Haken mit Watt- und Ringelwürmern und schickten sie mit einem Buttlöffel Richtung Grund. Lange mussten wir nicht warten – auf die Platten ist Verlass! Bereits nach wenigen Minuten fing sie eine schöne Flunder und kurz darauf die Nächste. Der Tag war gerettet. Wir freuten uns gemeinsam über die gefangenen Flachmänner. Es ist ein unbezahlbares Gefühl, wenn man die Faszination des Angelns in den Augen seiner Partnerin ablesen kann! Am Abend liefen wir im schönen Hafen von Nykøbing ein, machten das Boot fest und genossen die wunderbare Stimmung bei einem Stadtbesuch und dänischer Pizza. Wieder am Hausboot angekommen, checkte ich das Wetter für die nächsten Tage und sah leider nichts Gutes. Sturm!

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Plattfische fingen wir vom Boot und auch vom Ufer aus

Landgang für die Seele
Die Vorhersagen stimmten und wir verbrachten die nächsten beiden Tage an Land. Doch auch vom Ufer lassen sich am Isefjord Fische fangen. Sowohl an der Hafenanlage von Nykøbing als auch an der Hafenmauer von Rørvig, dem neuen Hafen, den wir trotz Sturm erreichen konnten, ließen sich die Flundern nicht lange bitten und verkürzten uns das Warten auf bessere Bedingungen. Wir feierten jeden gefangenen Plattfisch, vor allem meine Frau geriet in einen wahren Fangrausch und war kaum zu bremsen. Einen weiteren Vorteil hatte die Zwangspause vom Bootsfahren: Wir konnten die schönen Strände des nördlichen Isefjords und des Kattegats genießen. Im April sind noch sehr wenige Touristen hier unterwegs und der Fjord präsentierte sich in seiner einsamen und wilden Schönheit. Stundenlanges Schlendern, ohne einer Menschenseele zu begegnen und einfach einmal abschalten – Dänemark ist schon etwas Besonderes!

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Einsamer Strand


Silber-Fieber
Doch so langsam machte sich eine Unruhe in uns breit. Wir hatten immer noch keine Meerforellen gefangen. Aus diesem Grund verabredeten wir uns am vorletzten Tag des Trips mit dem erfahrenen dänischen Guide Henrik Qvirin Reiter. Zu dritt starteten wir mit dem Hausboot an die nordwestlich gelegenen Strände des Fjordes bei Nakkehage. Doch auch Hendrik merkte schnell, dass die Meerforellen so dicht am Ufer standen, dass es schwierig war, sie vom Boot aus zu fangen, zumal der Wind immer noch sehr stark blies. Kurzerhand entschlossen wir, dass Hausboot wieder im Hafen stehen zu lassen, um zu Fuß die Silberlinge zu überlisten. Das Tolle an dieser Region ist, dass man schnell die unterschiedlichsten Strände erreicht. Henrik beschloss, den Isefjord zu verlassen und in der Nyrup-Bucht im Kattegat zu fischen. In nur wenigen Minuten waren wir mit seinem Auto vor Ort und fanden einen traumhaften, wilden und verlassenen Uferabschnitt vor. Unser Guide hatte den richtigen Riecher – er konnte eine tolle Meerforelle trotz schwieriger Bedingungen überlisten.

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Unser Guide Henrik mit guter Meerforelle

Ende gut, alles gut
Nachdem wir diesen Tag entspannt mit dänischem Bier hatten ausklingen lassen, wurde es Zeit, auch selbst einen Silberbarren vom Boot aus im Isefjord zu ergattern. Wir beschlossen, am letzten Tag der Tour dorthin zurückzukehren, wo wir gestartet waren: in die Bucht von Vellerup. Nach gut zwei Stunden Fahrt waren wir vor Ort und die Bedingungen waren deutlich besser als zu Beginn unseres Trips. Leichte Wellen kräuselten die Wasseroberfläche, der Wind hatte abgenommen und erleichterte uns das Angeln. Nach einigen Würfen attackierte die erste kleine Meerforelle meinen Blinker. „Hier geht noch was“, rief ich ihr zu. Ich wechselte auf einen grellen, kleinen Blinker – eine richtige Entscheidung. Keine zehn Würfe später konnten wir unsere Isefjord-Meerforelle an Bord holen. Überglücklich und absolut entspannt fuhren wir am Abend wieder Richtung Holbæk – unseren Ausgangshafen. Der malerische Sonnenuntergang und ein kleiner Schweinswal, der uns fast bis zum Hafen begleitete, machten diesen Tag unvergesslich. Der Isefjord ist immer eine Reise wert – worauf warten Ihr noch?

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Zum Schluss klappte es auch noch mit der eigenen Meerforelle


Info

Guiding:

Der Däne Henrik Qvirin Reiter kennt sich prima in der Region aus und spricht fließend Englisch. Kontakt: henrikqvirinreiter@hotmail.com
Anreise:
Über Land: über Flensburg, Kolding, Fünen, die Große Beltbrücke (kostenpflichtig) und Slagelse nach Holbæk. Fahrzeit ab Hamburg: rund fünf Stunden
Mit der Fähre: Puttgarden (Fehmarn) – Rødby (Lolland) oder Rostock – Gedser (Falster): Beide über Scandlines (www.scandlines.de). Von den Fährhäfen Rødby und Gedser noch jeweils knapp zwei Stunden Fahrzeit mit dem Auto nach Holbæk
Angelerlaubnis:
Staatlich Dänischer Angelschein. Erhältlich in Touristbüros, Angelgeschäften, Postämtern oder einfach online unter www.fisketegn.dk
Weitere interessante Infos zum Angeln in der Region Seeland:
www.fishingzealand.dk