Habt Ihr schon mal gehört, dass man auch Fischhaut wie klassisches Rindsleder verarbeiten kann? Elmar Elfers sprach mit dem Künstler Anatol Donkan.

Arapamia Fischleder.JPG

Anatol mit Arapaima-Haut

Ich stehe und staune zusammen mit anderen Besuchern der diesjährigen Erlebniswelt Fliegenfischen. „Wow, das sind Schuppen auf dem Gürtel?“, frage ich den Künstler aus dem bayerischen Wald. „Ja, vom Stör“, antwortet er und wir kommen sofort ins Gespräch. Aufgewachsen ist er im Osten Russland. Er war als Plakatmaler tätig, fuhr als Steuermann zur See und beschäftigte sich während seines Kunststudiums mit seiner kulturellen Identität. „Besonders spannend war die Erforschung und Auseinandersetzung mit meiner Abstammung der Nanai. Beides zieht sich durch mein Leben und künstlerisches Schaffen“, erzählt mir der sympathische Künstler. Währenddessen entdeckte er ein Stück Fischleder. Alt, aber sein Interesse war geweckt. Es war der Beginn einer Leidenschaft, der Forschung nach der besten natürlichen Gerbmethode und der Start seiner Fischleder-Accessoires und Designobjekte. Übrigens, mehr erfahrt Ihr auf seiner Homepage: www.anatol-donkan.com

Schamanengewand.JPG

Schamanengewand aus Lachsleder

Woher stammt die Fischhaut?
Ich frage ihn, was für Fischarten er verarbeitet und bin erstaunt. Denn Anatol greift nach einem weißen Stück Fischleder und sagt: „Das ist Arapaima-Haut. Fühl mal.“ Es ist wirklich unglaublich weich. Wie eben Leder, das ich sonst kenne. Die Schuppen sind getrocknet und werden anderweitig genutzt. Überhaupt ist ihm das Thema Verwertung sehr wichtig. „Warum schmeißen wir dieses wunderbare Material einfach weg? Ich finde, es muss so viel wie möglich der natürlichen Ressource verwendet werden“, klärt er mich auf und erzählt weiter: „Ich erhalte meine Fischhäute aus der Aquakultur. In erster Linie sind dies Lachs- und Stör-Zuchten. Ich schenke der rohen Fischhaut aus dem Abfall der Fischindustrie neues Leben.“ Weitere Arten sind Wels, Tilapia und Karpfen. Das Fischleder wird in Viechtach von Anatol pflanzlich gegerbt und weiterverarbeitet. Die Methode nennt sich „vegetabile Gerbung“ und er benutzt dafür meist Kastanien- und Mimosenbaumrinde sowie Taranüsse aus Peru.
An seinem Stand zeigt er mir Gürtel, auf denen die charakteristischen Schuppen vom Stör zu sehen sind. „In vielen Kulturen stellt der Gürtel ein bedeutendes Kleidungsstück dar. So galt das Accessoire zum Beispiel im Mittelalter als Statussymbol. Auch fanden sich früher häufig kleine Taschen am Gürtel. Daher griffen bei Gefahr die Besitzer eher nach ihrem Gürtel als nach den Schuhen“, informiert mich Anatol.

Natürliche Gerbmittel.JPG

Er verwendet nur natürliche Gerbmittel

Fischleder.JPG

Charakteristische Störhaut

Gürtel mit Störschuppen.JPG

Hochwertige Gürtel aus Störleder


Armbänder mit Fischleder.JPG

Armbänder lassen sich ebenfalls herstellen

Handtaschen mit Fischleder.JPG

Klassiker: Handtaschen

Ohrringe mit Fischleder.JPG

Ohrringe mit Fischhaut

Alles verarbeiten
Während er für seine Gürtel die Störhaut mit den Schuppenplatten nimmt, setzt seine Frau die Bereiche ober- und unterhalb in Szene. Zum Beispiel in Ohrringen. „Wir wollen alles verwerten. Das sind wir den Fischen schuldig“, findet Anatol. In seinem Angebot finden interessierte Kunden neben den Gürteln auch Designunikate, Taschen, Armbänder und vieles mehr. Durch den Gerbungsprozess wird die Fischhaut wunderbar weich und ist bereit für die Weiterverarbeitung. Alles geschieht in Handarbeit. Sein Wissensdurst über seine Vorfahren brachte den Künstler heute dahin, wo er ist: in ein lebendiges Leben der Vergangenheit.



Irrtümer
Anatol möchte hartnäckige Vorurteile beim Thema Fischleder aus der Welt räumen.

  • Fischleder stinkt nicht nach Fisch. Es riecht genauso neutral wie „normales“ Leder
  • Fischleder ist extrem reißfest und stark
  • Sein Fischleder wird natürlich, pflanzlich gegerbt – ohne Chrom. Industriell gegerbtes Fischleder besitzt nicht die Qualität wie sein handgemachtes Leder. Dies ist viel weicher
  • Für seine Produkte muss kein Fisch extra sterben. Das Störleder zum Beispiel stammt von Störzuchten aus der Kaviarproduktion