Das Fliegenfischen auf Barsch ist sehr erfolgreich - wenn man weiß, wo, wie und wann! Welcher Streamer sollte es am Vorfach sein? Womit serviere ich die Fliege? Wann ist die beste Zeit? Hier kommen die Antworten. Von Steffen Schulz.

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Dieser Dickbarsch nahm den Streamer komplett


Trotz niedriger Temperaturen und einem kräftigen Wind werfe ich meinen Streamer in die eisigen Fluten. Stunden sind bereits vergangen, noch immer kein Biss. Dann aber plötzlich ist die 6er Hardy SWS bis ins Handteil gebogen und ein kugelrunder Dickbarsch bricht durch die Wasseroberfläche. Völlig fasziniert starre ich ins klare Wasser.
Von Oktober bis April angle ich am liebsten auf dicke Barsche. Je kälter es ist, desto tiefer stehen die Fische. So oder ähnlich kennen das die meisten Angler, gerade Barschangler. Ok, im Brackwasser der Ostsee fängt man das ganze Jahr über flach seine Hechte - aber Barsche? Früher habe ich viele Gewässer gemieden, die tiefer als zwölf Meter waren, um nicht so viele Barsche zu verangeln. Von meinen Talsperren weiß ich seit einigen Jahren, dass die kapitalen Stachelritter im Winter auf drei bis acht Metern stehen, während die Masse der kleinen Barsche auf bis zu 25 Meter steht. Seit ein paar Jahren ist auch in Holland das Barschfieber ausgebrochen. In Deutschland war und ist der Barsch seit Langem ein beliebter Zielfisch. Beim Vertikalangeln in Holland kamen auch schon immer dicke Barsche, aber eigentlich haben alle an den fetten, gestreiften Räubern vorbeigeangelt, egal, ob im Sommer oder Winter. Das kapitale Barsche im Winter sehr flach stehen, hat sich immer mehr rumgesprochen. Auch Fliegenfischer profitieren von diesem Wissen, lassen sich Barsche doch ausgezeichnet mit Streamern befischen. In Seen ist das im Winter besonders effektiv.

Flach, flacher, Barsche

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Steganlagen sind immer einen Versuch wert

Auch an den Baggerseen von Rhein und Ijssel ist dies der Fall. Paradiesische Voraussetzungen für Fliegenfischer. Hafenanlagen sind hierbei Hotspots, insbesondere auch flachere Seeabschnitte mit tiefem Wasser in der Nähe sind wahre Topstellen. Vorausgesetzt, wir haben harten Boden, gerne Muschelbänke und in der Nähe ausreichend Futterfisch. Von Oktober bis Ende März haben wir die besten Chancen. Dank der modernen Technik sind Spots schnell und einfach zu lokalisieren. Google Earth in Kombination mit einer Seekarte von Navionics wird zu einer echten Gefahr für die dicken, gestreiften Raubfische. Hotspots vom heimischen Rechner aus zu lokalisieren, sollte immer der erste Schritt sein. Bereits kleinster Veränderungen an auf dem ersten Blick öde aussehenden Spots können dicke Barsche magisch anziehen: eine kleine Sandbank, ein Steinhaufen, ein Pfeiler zum Anlegen, eine Landnase.

Barschwaffen

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6er oder 7er Rute sind ideal für die Großbarsche

Um die alten und gewieften Barsche auf die Schuppen zu legen, bedarf es einer Strategie. Ich fische eine 6er oder 7er Rute mit einer intermediate-Schnur und sink3- beziehungsweise sink7-Spitze. Ein kleiner Kescher ist dabei besonders wichtig, um die großen Fische sicher von den Stegen landen zu können. Weiteres Tackle sind: ein Maßband, eine Zange sowie 0,28er bis 0,35er Fluorocarbon. Per Schlaufenknoten werden die Fliegen montiert oder eben mit einem kleinen Einhänger. Mein Vorfach ist circa 1,5 Meter lang. Eine Polbrille ist wichtig, um eventuelle Nachläufer zu lokalisieren. Eine Wathose ist unumgänglich. Ein Schnurkorb komplementiert die Angelei. Gerade vom Ufer aus sollte man unbedingt einen Hakenschleifer dabei haben. Vergesse ich immer, nervt tierisch! Minimalistischer und leichter kann man aber fast nicht fischen!

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Ein Schnurkorb hilt beim Fischen

Die Streamer

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Die "Vorlage" für die Streamer

Aus EP-Fasern gebundene Streamer zwischen sieben und zwölf Zentimetern benutze ich am liebsten, ebenso Grundelimitate aus Zonkerstripes. In der Regel fische ich natürliche Farben wie Grau-Weiß, Grün-Weiß oder Braun. Aber auch Fluogrün kann in den Dämmerungsphasen und an grauen Tagen beziehungsweise trübem Wasser sehr erfolgreich sein, manchmal sogar bei knalliger Sonne. Eine UV- und eine normale fluogrüne Variante gehört auf jeden Fall in die Box wie Barschimmitate. Natürlich funktionieren auch Baitfishfibre-Muster und viele andere. Wer das erste Mal sein Glück versucht, dem ist mit einem grau-weißem Streamer und einem fluogrünen mit weißem Bauch bereits ausreichend geholfen.

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Baitfishfibre-Muster bringen die Barsche um den Verstand

TT - Taktik und Technik

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Kraut am Spot ist top

Die Kunst ist es, die Fliege an Kanten stets knapp über dem Boden zu präsentieren. Hier ist Feingefühl und viel Übung gefragt, gerade, wenn man eine Kante hoch fischt. Nach dem Auswerfen sollte man zählen und ein Gefühl für die Tiefe bekommen. Hat man Bodenkontakt, muss man zügiger Fischen beziehungsweise weniger lange warten. Der Streamer wird langsam eingestrippt. Langsamkeit ist der Schlüssel zum Erfolg im kalten Wasser. Das ist quasi die Grundregel. Ich variiere viele Führungsstile um zu testen, worauf die Barsche je nach Tag stehen. Lange Haltephasen sind oft sehr gut, ebenso zackiges Anstrippen. Manchmal ist ein sehr monotoner, gelangweilter Stil fangentscheidend. Wenig Zeit verbringe ich an Spots, die ich nicht kenne. Hat man einen guten Platz gefunden, sollte relativ schnell etwas passieren. Ausnahmen bestätigen die Regel. Dennoch, wer Plätze sucht, muss sich bewegen und dann sind Tageszeiten erst mal zweitrangig. Mit der Zeit erkennt man Hotspots und sollte dann schauen, wann diese Plätze am besten sind. Wenn augenscheinlich viel Futter vorhanden ist, würde ich in diese Ecke immer mehr Zeit investieren. Dicke Barsche sind schnell verangelt. Wo alle fischen, ist sicherlich Fisch aber einfach wird es dort nicht sein. Dann sind Fressphasen fangentscheidend oder man findet einen Streamer, den die Barsche trotzdem fressen.
Je höher der Angeldruck, desto spezieller werden die Beißzeiten. Morgens und abends sind immer top, an manchen Gewässern jedoch auch nur die Morgenstunden. Bei Frost ist die Mittagszeit oft am besten, gerne mit Sonnenschein.
Bei den Streamern würde ich mich nicht verrückt machen. Die gezeigten Muster fangen, wichtiger ist der Platz und die Präsentation. Wie viele kapitale Raubfische lieben auch die fetten Kirschen eine langsame Präsentation. Etliche Male hat dabei der Streamer gegenüber herkömmlichen Kunstködern die Nase vorne. Probiert es einmal aus, Ihr werdet staunen.

Checkliste

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Viel braucht Ihr nicht für das Fliegenfischen auf Barsch

- eine Rute Klasse 6 oder 7 (Greys Gr 80, Gr 80 salt, Hardy Shadow, SWS, HBX je nach Budget)

- eine intermediate/schwimmende/sink3-Schnur beziehungsweise sink6, 7, 9-Schnur(Cortland Compact Sink Typ 3 vom Ufer, vom Steg oder Boot/Belly Boat Typ 9, traumhaft dünn, glatt, leise, perfekt zu werfen)

- eine zur Rute passende Rolle, Größe 5 bis 6

- einen Hakenschleifer

- einen Kescher (Greys Scoop Net)

- Einen Schnurkorb (Linekurv oder ECOstal Stripping Basket

- Wathose, Watjacke, Watschuhe (Hodgman Aesis Sonic Wathose, Aesis Shell Watjacke, Hodgman Aesis H-Lock Watschuhe)

- hochwertiges 0,28er und 0,35er Fluorocarbon (Stroft oder Cortland)

- eine handvoll Streamer. Zum Beispiel Salty Baitfish
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