Dass beim Karpfenangeln nur mit viel Futter Fänge möglich sind, ist nicht wahr. Wer wenig oder gar nicht anfüttert, fängt manchmal sogar besser. Erfahrt mehr darüber, wie ich, Jesco Peschutter, ohne großen Aufwand Bisse bekomme.

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Wir brauchen nicht immer große Futtermengen, um beim Karpfenangeln erfolgreich zu sein. Manchmal reicht ein auffälliger Köder aus

Ist Futter Macht?
Lange Zeit war ich ein reiner Futterangler. Das heißt, dass ich mir über ein paar Tage einen ordentlichen Futterplatz anlegte, um dann auf diesem zu fischen. Mit meinen Erfolgen konnte ich mehr als zufrieden sein und nicht wenige schwergewichtige Karpfen landeten in den Keschermaschen. Lief es gut, sind schon mal zehn oder mehr Kilos an köstlichen Gaben an einem Wochenende in den Karpfenmäulern verschwunden. Viele Angler denken immer noch, dass Spiegler und Schuppis nur mit solchen Futterkampagnen an die Köder gewöhnt und auf den Platz gelockt werden können. Doch das ist ein großer Irrtum. Karpfenangeln geht auch anders und mit deutlich weniger oder sogar gar keinem Futter. Das möchte ich Euch nun zeigen.

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Dieser Karpfen biss auf einem großen Futterplatz. Es geht aber auch anders, weiß Jesco

Karpfen suchen und anwerfen
Klar, viel Futter kann unter Umständen Sinn machen. Zum Beispiel, wenn ein guter Karpfenbestand im Gewässer seinen Fressrouten folgt und wir die Fische am Platz halten wollen. Auch wenn Weißfische, Krebse und unzählige Wasservögel ungewollt am Festmahl teilnehmen, ist eine große Menge Boilies & Co nötig, um alle hungrigen Mäuler zu stopfen. Schließlich bleibt sonst nicht mehr viel für unsere schuppigen Freunde übrig. Doch wichtiger als die Futtermenge ist der richtige Angelplatz. Was nützt es, Unmengen in den See zu schmeißen, wenn sich gerade keine Karpfen in unserer Bucht aufhalten. Beobachtet deshalb immer das Wasser und sucht aktiv nach Fischen. Wechselt den Platz, wenn Ihr merkt, dass Eure Köder im falschen Seeteil liegen. Seht Ihr einen Rüssler springen oder rollen und werft diesen an, ist die Chance auf einen Biss recht hoch ‒ auch ohne Futter.

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Nur wenn die Fische ordentlich fressen, darf die Menge an Boilies, Pellets und Partikel auch mal größer ausfallen

Mit PVA-Sack
Ganz auf Futter verzichten wollen wir beim Angeln dann meistens doch nicht. Ein paar Leckereien dürfen es schon sein, die im Idealfall in direkter Nähe zum Hakenköder liegen und eine hohe Lockwirkung besitzen. Und wie bekommen wir das am geschicktesten hin? Die Antwort lautet: mit PVA! Aus dem Kunststoff Polyvinylalkohol (kurz PVA) hergestellte Beutel oder Netze lösen sich im Wasser schnell auf. Das machen wir uns zunutze, indem wir die PVA-Säckchen mit Futter befüllen und samt Montage zum Spot werfen. So liegt in unmittelbarer Umgebung zum Haken immer etwas Köstliches für die Karpfen. Ich fülle meine PVA-Netze gerne mit zermahlenen Boilies und kleinen Pellets. Um die Attraktivität außerdem weiter zu erhöhen, trage ich kurz vorm Auswerfen etwas Flüssiglockstoff auf meine PVA-Sticks auf.

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Mit einem PVA-Sack könnt Ihr hoch attraktives Futter in direkter Hakennähe verteilen

Karpfenköder: auffallen um jeden Preis
Wer wenig Zeit hat, keine langen Futterkampagnen starten will oder einfach nur für ein paar Stunden am Wasser auf Karpfen ansitzen möchte, der muss die Fische rasch vom Köder überzeugen. Dies klappt mit auffälligen Happen am besten. Zum einen geht das über die Farbe. Ein gelber, pinker oder weißer Boilie sticht auf dunklem Untergrund hervor und wird von den Karpfen schneller gefunden. Zum anderen habt Ihr die Möglichkeit, mit Geruch und Geschmack zu arbeiten. Wer Boilies selbst herstellt, darf ruhig ein paar Hakenköder mit größerer Menge an Flavour abrollen. Fischt Ihr mit Boilies aus der Tüte, empfiehlt es sich, diese vor dem Angeltrip für eine längere Zeit in Dips oder Liquids einzulegen. Schwimmt dann ein Spiegel- oder Schuppenkarpfen an Eurem bunten Boilie vorbei, der zusätzlich auch noch ein starkes Aroma verströmt, kann der Rüssler kaum widerstehen. Auch wenn der Hunger nicht groß ist, nimmt der Fisch die Murmel häufig aus Neugier ins Maul und die Falle schlägt zu.

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Auffällige Köder finden die Karpfen schneller. Hier punktete ein pinker Pop Up am Chod Rig

Pop Up: schwebend zum Erfolg
Eine weitere Möglichkeit, die Karpfen zügig und ohne viel Futter an den Haken zu locken, ist das Angeln mit Pop Ups. Diese auftreibenden Köder gibt es ebenfalls in vielen verschiedenen Geschmacksrichtungen und Farben. Für den raschen Erfolg und um springende Fische anzuwerfen, nehme ich gerne ein Chod Rig mit pinkem, 15 Millimeter großem Pop Up. Dieses kurze, steife und leicht gebogene Vorfach lässt ich selbst bei dichtem Bodenkraut noch gut präsentieren, ohne dass der Köder im grünen Dschungel versinkt. Auch meine Pop Ups versehe ich mit einer besonderen Note. Ich lege sie einige Wochen in Flüssiglockstoff, wie Goo Wicked Tuna, ein. Die Karpfen mögen das fischige Zeug und ein weißer Pop Up verwandelt sich beim Einlegen in einen pinken. Apropos Pink: Diese Farbe ist der Knaller für einen schnellen Biss! Siehe zum Beispiel auch https://www.anglerboard.de/threads/koederfarbe-pink-punktet.346913/

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Fressen die Karpfen wenig, wie im Winter oder Frühjahr, sind bunte Pop Ups oft der Schlüssel zum Erfolg

Nutze die Beißzeit
An jedem Gewässer ticken die Karpfen ein wenig anders. Doch in der Regel liegt die beste Beißzeit zwischen fünf Uhr am Morgen und elf Uhr. Schon erschreckend häufig beißt es rund um zehn Uhr. Seid Ihr zu dieser Zeit am See, braucht es nicht viel Futter. Die Fische sind aktiv und fressen fast alles, was vor ihre Schnauze kommt. Vor allem bei konstantem Tiefdruckgebiet und auflandigem Wind am Angelplatz drehen die Rüssler durch ‒ dann könnt Ihr eine Traumsession erleben. Wer allerdings erst gegen Mittag aufschlägt und auch noch bei schlechten Bedingungen wie extrem hohem Luftdruck, der darf sich keine großen Hoffnungen auf einen vollen Kescher machen. Wenn die Karpfen partout nicht fressen wollen, ist viel Futter auf dem Platz kein Garant für Fänge. Mit nur wenig Leckerbissen oder sogar nur dem Hakenköder (Single Hookbait) am Haar zaubert Ihr mit Glück doch noch einen tollen Fisch aus dem Gewässer. Lasst Euch nicht einreden, dass Karpfen nur mit Futter fangbar und wahre Futterorgien nötig sind. Weniger ist manchmal mehr ‒ vor allem, aber nicht nur in der kalten Jahreszeit!

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Ein Spiegler aus dem April 2019: Früh im Jahr solltet Ihr nicht zu viel anfüttern

Wie geht Ihr beim Karpfenangeln vor? Wann setzt Ihr kein, wenig oder viel Futter ein? Ich freue mich auf eine rege Diskussion!

Euer
Jesco