Kurz über Tromsø liegt die Ortschaft Nord-Lenangen. Wer von hier mit dem Boot hinausfährt, darf immer mit kapitalen Fischen rechnen. Jesco Peschutter besuchte das Revier zusammen mit seinem Freund Ronald Wille.

Ronald mit seinem größten Dorsch der Tour. Stolze 1,18 Meter war der Brocken lang

Ronald mit seinem größten Dorsch der Tour. Stolze 1,18 Meter war der Brocken lang (Foto: Jesco Peschutter)

Anfang August 2018 geht es für mich zusammen mit Ronald Richtung Norwegen. Das Ziel ist die Lyngsalpan Cruise Lodge bei Nord-Lenangen. Da mein Kumpel bisher noch keinen Heilbutt bei seinen Touren überlistete, verspreche ich ihm: „Diesmal fängst Du mindestens einen der Flachmänner. Und ein großer Heilbutt ist auch dabei!“ Habe ich meinen Mund zu voll genommen und die Erwartungen zu hoch angesetzt? Auf den Tiefenkarten entdecken wir einige heiße Ecken und ich weiß, dass über Tromsø immer mit tollen Heilbutten zu rechnen ist. Doch Wetter, Tide und Beißverhalten sind nicht vorhersehbar. Außerdem spielt ein wenig Glück auch eine Rolle. Wir sind hoch motiviert und gespannt, was da kommen möge.

Im Sommer wird es nie richtig dunkel in Nordnorwegen. Die Sonne verschwindet nur kurz hinterm Horizont

Im Sommer wird es nie richtig dunkel. Die Sonne verschwindet nur kurz hinterm Horizont (Foto: Ronald Wille)

Heilbutt zum Start vor Nord-Lenangen

Einer der besten Köder für Heilbutte sind ganze Seelachse. Also heißt es erst mal: Köderfische besorgen. Wir verlassen den windgeschützten Fjord und biegen links bei Nordlenangneset ab, um küstennah in Tiefen von 15 bis 30 Meter ein paar kleine Köhler zu fangen. Dort lasse ich meinen 50-Gramm-Pilker hinunter. Nach sehr kurzer Zeit bekomme ich einen Biss. Der Fisch steht hart am Grund und lässt sich mit dem leichten Gerät nicht bewegen. Das ist kein Köderfisch! Dann gibt’s plötzlich eine harte Flucht und ich bin mir sicher, dass ein Heilbutt am Band hängt. Zehn Minuten versuche ich, den Burschen vom Grund zu lösen ‒ keine Chance! Dann ist auf einmal die Spannung weg. Der Heilbutt ist ausgeschlitzt. Mist!
Egal, wir wissen schon mal, dass es hier „buttig“ ist. Schnell fangen wir erste Köderfische und ein paar ordentliche Dorsche als Beifang. Dann probieren wir es gezielt auf Heilbutt. Ronald fängt dabei ein kleineres Exemplar und seine Freude ist groß. Ein paar Tage später verliere ich an der Stelle erneut einen besseren Heilbutt im Drill. „Da geht aber noch mehr“, denken wir uns!

Beim Köderfischangeln gehen sogar ein paar bessere Dorsche als Beifang an den Haken

Beim Köderfischangeln gehen sogar ein paar bessere Dorsche als Beifang an den Haken (Foto: Jesco Peschutter)

Gezielt auf Steinbeißer angeln

Die Angelei auf Steinbeißer ist meist früher im Jahr besser. Dennoch wollen wir nun im August noch einen Versuch wagen. Wir lassen unsere Klopfmontagen mit Pilker und einen am Seitenarm befestigten Drilling mit Fischfetzen an verschiedenen Stellen zu Grund. Schließlich werden wir vor der Insel Arnøya beim Geitvikskallen fündig. In 20 bis 30 Metern Tiefe fangen wir gleich mehrere schöne Seewölfe bis über 80 Zentimeter. Nicht nur an einem Tag, sondern immer wieder, wenn wir den Spot anfahren.

Vor der Insel Arnøya fanden Ronald und Jesco ein „Steinbeißer-Nest“

Vor der Insel Arnøya fanden Ronald und Jesco ein „Steinbeißer-Nest“ (Foto: Jesco Peschutter)

XXL-Heilbutt in Norwegen fangen

Der große Heilbutt für Ronald steht noch aus. Wir bekommen den Tipp, es mal am Bugrunnen zu probieren. Gesagt, getan! Die Anfahrt dauert ein wenig länger und sollte nur bei gutem Wetter geschehen. Mit einigen Köderfischen im Gepäck erreichen wir das Plateau, welches im Schnitt 30 bis 50 Meter tief ist. Die Seelachse lassen wir am System mit einem Schleppblei von rund 300 bis 400 Gramm hinunter. Die ersten Driften starten wir im nördlichen Teil des Plateaus. Außer ein paar Lumb zeigen sich nicht viele Fische. Bei Ronald sinkt die Motivation und er würde gerne eine andere Stelle anfahren. Doch der Bereich sieht zu heiß aus, um ihn vorschnell zu verlassen. Also setzen wir die nächsten Driften im südlichen Teil an. Da bekomme ich auch schon einen leichten Biss. Dann ist meine Rute auf einmal richtig krumm und der Fisch am anderen Ende der Leine nimmt ordentlich Schnur. Schließlich lande ich einen tollen Heilbutt über der Metermarke. Nun ist auch Ronald wieder hellwach und fischt konzentriert weiter. Schon bei der nächsten Drift reißt es seine Inline-Rute nach unten. Ein kräftiger Fjordbewohner tobt am Haken. Nur mühsam gelingt es Ronald, ein paar Meter Schnur zu gewinnen, um diese dann kurzerhand wieder zu verlieren. Die Anspannung im Boot ist riesig. Wir beide wissen, dass dies nur ein großer Heilbutt sein kann. Ich bereite schon mal alles für die Landung vor. Endlich erscheint der Riese nach einer halben Ewigkeit an der Oberfläche. Der Gaffhaken sitzt! Mit Mühe wuchten wir den Koloss ins Boot. Satte 1,31 Meter misst der Heilbutt und unsere Freudenschreie ertönen über das Meer.

Gleich einige Heilbutte gingen ans Band. Diese Platte von Jesco liegt knapp über der Metermarke

Gleich einige Heilbutte gingen ans Band. Diese Platte von Jesco liegt knapp über der Metermarke (Foto: Ronald Wille)

Da ist er. Dieser 1,31-Meter-Heilbutt schnappte sich einen ganzen Seelachs am System ‒ Ronalds Freude ist riesig

Da ist er. Dieser 1,31-Meter-Heilbutt schnappte sich einen ganzen Seelachs am System ‒ Ronalds Freude ist riesig (Foto: Jesco Peschutter)

Angeln im Botn und am Lachsfluss

Direkt vor der Anlage endet der Fjord im Botn, in den ein Lachsfluss mündet. Schon bei der Ankunft sehen wir direkt vor den Hütten einen Lachs von etwa vier bis sechs Kilo aus dem Wasser springen. An einem Tag ist der Wind für eine Ausfahrt zu stark, sodass wir im geschützten Botn gezielt auf Lachs fischen wollen. Wir verwenden Blinker und auch Fliegen, um spannende Ecken anzuwerfen. Dabei erwischen wir immer wieder kleinere Meerforellen. Taumelt der Köder zum Grund, gesellen sich auch Dorsche, Schellfische und sogar ein kleiner Heilbutt dazu. Lachse zeigen sich allerdings nicht. Ein paar Tage später nehmen wir den Fluss ins Visier. Dabei befischen wir tiefe, schnell strömende sowie flachere und langsam fließende Abschnitte. Erst in der Dämmerung bekomme ich auf eine Fliege einen Biss. Es ist zwar nur ein Smolt, aber immerhin mein erster Norwegenlachs, der sofort wieder schwimmen darf. Angelkarten benötigt Ihr übrigens nicht, wenn es an den Fluss geht. Das Fischen dort ist frei.

Am Ende des Fjordes befindet sich ein Lachsfluss, der auch Saiblinge beheimatet

Am Ende des Fjordes befindet sich ein Lachsfluss, der auch Saiblinge beheimatet (Foto: Ronald Wille)

Tiefe Großdorsche

Ein paar gute Dorsche erwischen wir in Tiefen zwischen 20 und 50 Meter. Die ganz Großen bleiben jedoch aus. Häufig ist es so, dass die Kapitalen zu dieser Jahreszeit oft deutlich tiefer als 100 Meter stehen. Also fahren wir an einem Tag zum Unterwasserberg Karlsøygrunnen. Dieser erhebt sich auf 110 Meter und fällt zu den Seiten steil ab. Dort fangen wir als erstes einige kampfstarke Köhler. Die Drift ist recht ordentlich, sodass Ronald einen schweren 500-Gramm-Pilker einsetzt. Auf diesen beißen bei Tiefen von 120 bis 140 Meter gleich zwei Dorsche der Extraklasse. Mit dem größeren Exemplar, das 1,18 Meter lang ist, hat er ordentlich zu kämpfen. Die Tage im traumhaften Revier mit seiner atemberaubenden Landschaft und dem Fischreichtum gehen leider viel zu schnell vorbei. Unbeschreibliche Eindrücke und ein paar leckere Filets nehmen wir mit nach Hause. Das war eine Tour, die uns noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

Die großen Dorsche bissen auf Pilker in weit über 100 Metern Tiefe

Die großen Dorsche bissen auf Pilker in weit über 100 Metern Tiefe (Foto: Jesco Peschutter)

Die Ferienhäuser mit Sauna und Whirlpool

Die Ferienhäuser mit Sauna und Whirlpool (Foto: Jesco Peschutter)

140 PS starke Kaasbøll-Boote

140 PS starke Kaasbøll-Boote (Foto: Jesco Peschutter)

Die Fänge werden nach dem Angeln elektronisch erfasst. In registrierten Anlagen, wie es die Lyngsalpan Cruise Lodge ist, dürft Ihr bis zu 20 Kilo Fisch mit nach Hause nehmen

Die Fänge werden nach dem Angeln elektronisch erfasst. In registrierten Anlagen, wie es die Lyngsalpan Cruise Lodge ist, dürft Ihr bis zu 20 Kilo Fisch mit nach Hause nehmen (Foto: Jesco Peschutter)

Euer
Jesco