Am nördlichsten Ende des europäischen Festlandes liegt zwischen dem Lakse- und Tanafjord der Fischerort Mehamn. Von hier aus brach Jesco Peschutter zusammen mit Hendrik Kiemele nicht nur zur Heilbuttjagd auf. Nein, die beiden Kieler Jungs machten auch Bekanntschaft mit arktischen Schönheiten aus kristallklaren Seen.

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Wer die ganzen Heilbuttflossen im Filetierhaus sieht, weiß sofort, was Zielfisch Nummer eins in Mehamn ist

Karg, sehr karg ist die Landschaft hier am Ende der Welt. Nur Rentiere unterbrechen immer wieder die Autofahrt von Varanger (siehe Bericht Varangerfjord: Fischen fast am Ende der Welt) nach Mehamn ‒ einem kleinen Fischerort in Nordnorwegen. Direkt an der Barentssee wartet eines der besten Heilbuttreviere darauf, von Hendrik und mir befischt zu werden. Wir sind gespannt, ob sich die eine oder andere Tischplatte auf unserem Kurztrip überlisten lässt. Aber nicht nur das Bootsangeln auf Riesenflunder, Dorsch, Steinbeißer, Rotbarsch & Co soll vor Mehamn vielversprechend sein. Vor der Reise haben wir erfahren, dass in den vielen kleineren und größeren Seen auf der Halbinsel Nordkinn tolle Saiblinge und bildhübsche Forellen herumschwimmen. Mit Spinn- und Fliegenrute wollen wir wenigstens an einem Tag die Schönheiten aus den klaren Bergseen kitzeln ‒ so der Plan.

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Vom Camp Mehamn Havfiske geht es mit den Booten Richtung Großfisch

Auf Butt und Beißer
Am ersten Abend fahren wir von Mehamn mit dem Boot raus, um einen Eindruck vom Revier zu bekommen. Leider kommt gerade, als wir den Hotspot in der Nähe der nördlichsten Spitze von Nordkinn erreichen, ein dichter Seenebel auf, sodass wir den Hebel auf den Tisch legen und zügig den Hafen ansteuern. In der Nähe des Camps besorgen wir noch schnell einige Köderfische für den nächsten Angeltag.
Da der Wind über Nacht merklich zugenommen hat, weichen wir am zweiten Tag auf den südlichen Teil des Laksefjordes aus. Mit dem Boot am Heck des Autos fährt unser Guide bis fast ans Fjordende, wo wir unser Gefährt an einem kleinen Strand zu Wasser lassen. Mit Vollgas düsen wir zu den Fischgründen und haben zwei Zielfische auf dem Programm ‒ Heilbutt und Steinbeißer. Unsere Taktik: mit großen Gummifischen auf Heilbutt und mit Pilker plus Fetzenköder am Drilling auf Gestreiften Seewolf, wie der Fisch mit dem urigen Gebiss auch genannt wird. Der erste Fisch steigt bei Hendrik auf die Naturködermontage ein. Etwa ein Gestreifter? Nein, eine kleine Platte fand den Dufthappen ebenfalls attraktiv. Der nächste Heilbutt beißt bei mir, diesmal aber auf einen rosa Gummifisch. Ab und an fangen wir auch ein paar Dorsche. Steinbeißer? Fehlanzeige.
Unser Guide bekommt auf Fetzen einen heftigen Biss und drillt einen weiteren Heilbutt am leichten Gerät. Dann ist Hendriks Rute krumm: Doppeldrill! Zwei prächtige Fische erscheinen einige Zeit später an der Wasseroberfläche und können sicher gelandet werden. Immer wieder heißt es: Heilbutt am Band. Einmal folgt eine Tischplatte von über 1,40 Meter Hendriks Köder bis kurz unter die Rutenspitze, dreht aber leider wieder ab. Unser Guide kann letztendlich doch noch einen kleinen Steinbeißer fangen ‒ dabei bleibt es aber. Vor der Tour wurde uns versichert, dass Steinbeißer hier oben eine „Plage“ seien und es fast unmöglich ist, an den leckeren Fischen vorbeizuangeln. Wir schaffen es erfolgreich. Macht nichts: Die unerwarteten Plattenfänge auf Naturköder entschädigen uns und beweisen, dass Mehamn ein Toprevier für Heilbutt ist.

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Nach einem erfolgreichen Heilbutt-Doppeldrill: Solche Platten sind vor Mehamn immer möglich

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Eigentlich sind immer gute Steinbeißerfänge drin: Wir fangen aber nur diesen Mini-Seewolf

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Für Nachwuchs ist gesorgt. Kleine Heilbutte, wie dieser von Hendrik Kiemele, schnappen sich auch mal die Köder

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Beifang beim Steinbeißerangeln: ein farbenfroher Seeskorpion

Der geheime See
Nicht nur die Meeresangelei verschlägt uns in den hohen Norden. Schon auf der Autofahrt fallen Hendrik und mir die vielen kleinen und auch größeren Seen auf ‒ Ringe an der Oberfläche verraten die Bewohner mit Fettflosse. In fast allen schwimmen Bachforellen, in manchen sogar Seesaiblinge. Vor dem Angeln wartet aber noch ein kleines Abenteuer auf uns. Um schnell an die besten Gewässer zu kommen, stehen uns Quads zur Verfügung. Dumm nur, dass wir vorher noch nie auf diesen Maschinen gesessen haben. Macht nichts. Unser Guide erklärt alles ganz ausführlich und kurze Zeit später fahren wir los. Erst mit viel Respekt und recht langsam, später geben wir auch mal Gas. Die Tour geht vorbei an Rentieren und atemberaubenden Schluchten und schließlich erreichen wir den Ort, an dem es nur noch zu Fuß weitergeht. Fast senkrecht erhebt sich vor uns eine steile Felswand. „Da sollen wir hoch?“, fragen wir unseren Guide. Er nickt und hilft Hendrik beim Aufstieg. Ich schau mir das Spektakel an und folge zögerlich. Was wir noch nicht wissen: Der Abstieg fällt viel schwerer, da einem erst dabei die wahre Höhe bewusst wird. Oben entschädigt uns der Blick auf einen kristallklaren Bergsee ‒ der geheime See.
Wir können es nicht mehr erwarten, die Köder auszuwerfen. Lange dauert es nicht und der erste Seesaibling hängt am Haken. Ein zweiter und dritter folgen. Traumfische, die erst kurz vorher aus dem Fjord aufgestiegen sind. Kleine Durchlaufblinker, die ich auch an der Ostseeküste beim Meerforellenangeln benutze, sind der Hit. Hendrik will nicht nur mit Eisen fischen und schwingt kurz darauf die Fliegenrute ‒ mit Erfolg. Nach vielen gefangenen Fischen überqueren wir den Bach, in dem die Saiblinge aus dem Fjord in den Bergsee aufsteigen. Ich halte meine GoPro in einen tieferen Gumpen. Die Aufnahmen zeigen etliche Saiblinge, die sich hier gesammelt haben und vom anstrengenden Aufstieg eine kleine Pause einlegen. Wir sind von der Fischmenge überwältigt. Angeln am Bach ist allerdings verboten.
Am Nachmittag halten wir mit unseren Quads noch in der Nähe eines kleinen Sees ‒ eigentlich eher ein kleiner Tümpel. Wir sind überrascht, dass hier stattliche Bachforellen ihr Unwesen treiben und unsere Köder attackieren. Durchlaufblinker und Spinner machen die Gepunkteten schwach und jeder kann dem See mindestens eine der norwegischen Schönheiten entlocken. Leider ist unser Aufenthalt im Camp Mehamn Havfiske viel zu kurz und wir müssen in der Nacht noch zurück zum Flughafen Kirkenes fahren. Zum Abschluss gibt’s unter der Mitternachtssonne frisches Saiblingsfilet aus der Pfanne: einfach nur lecker!

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Mit den Quads geht es zum geheimen Saiblingsee

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In dem glasklaren Bergsee dauert es nicht lange, bis der erste Seesaibling beißt

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Natürliche Blinkermuster sind im klaren Wasser Trumpf bei der Saiblingfischerei

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Da kommt Freude auf ‒ Jesco Peschutter mit seinem ersten Seesaibling

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Und schon hat Jesco den nächsten Saibling im Drill

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Dieser Saibling ist erst vor Kurzem aus dem Fjord in den See aufgestiegen

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Selbst die kleinsten Seen beherbergen wunderschöne Bachforellen. Guide John Hedström mit toller Rotgepunkteter

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Hier in Nordnorwegen ist immer mit Rentieren zu rechnen


Euer
Jesco