Greifswald. „Das ist das Anglerfeindlichste, was ich je gehört habe!“ Der Greifswalder Klaus Nammert kommt seit 1968 zum Angeln an den Ryck. Eine solch drastische Einschränkung, wie sie das Landesamt für Fischerei nun entworfen hat, ist dem 84-Jährigen noch nicht untergekommen. „Das geht zu weit“, sagt Nammert verärgert.
Grund für seine Empörung ist die Winterlagerregelung zum Schutz des Zanders: Angler sollen nach dem Willen des Landes von November bis Ende März am Ryck nur noch mit einer Posenangel mit natürlichem Köder ihrem Hobby nachgehen können (siehe Infotext).
Damit werden den Petrijüngern im Gegensatz zu den Vorjahren Ködersysteme mit Gummifischen wie Drop Shot Rig, Texas Rig oder Carolina Rig verboten. Diese eignen sich besonders gut für das Angeln auf Zander, der im Greifswalder Fluss überwintert. Mit der neuen Allgemeinverfügung — vergleichbare gelten auch für Stralsund und Wolgast — würden die Chancen auf einen guten Fang aber massiv sinken.
„Eine Schweinerei“, findet auch Bernd Gurr (55), der bei Wind und Wetter die Rute auswirft. „Ich bin ein einfacher Angler und freue mich, wenn ich mal einen guten Fisch fange. Warum soll das verboten werden?“ Seiner Meinung nach würden nur noch die Fischer gute Fänge machen.
Tatsächlich ist die Einschränkung, die die Berufsfischer dem Entwurf nach hinnehmen sollen, wesentlich kleiner. Im Vergleich zur Regelung für das Vorjahr dürfen sie anstatt von 4 bis 11 Uhr nur noch bis 10 Uhr ihre Netze aufstellen. „Der Entwurf ist für uns ganz angenehm“, schätzt Ilona Volkwardt, Geschäftsführerin der Fischereigenossenschaft „Greifswalder Bodden“, ein. Die Fischer hätten bereits eine Stellungnahme ans Land geschickt. Genossenschaftssprecher Ulrich Drews gibt dazu mit Verweis auf das „laufende Verfahren“ aber keine weiteren Einschätzung ab.
Auch der Landesanglerverband will bis zum 8. September eine Stellungnahme formulieren. Dafür werden gerade die betroffenen Vereine und Regionalverbände befragt, sagt der stellvertretende Geschäftsführer Mario Voigt. Ob diese Eingabe einheitlich ausfällt, ist unklar. „Es gibt auch Stimmen die sagen, dass der Schutz der Fische wichtiger ist“, so Voigt.
Unterm Strich bleibt dennoch die Frage: Angelrute mit Wurm gegen 1000 Meter Stellnetz — wie kommt es zu dieser Ungleichbehandlung? Eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums teilt auf Anfrage mit: „Das liegt daran, weil die Erörterung mit den Vertretern der Fischereigenossenschaft bis zum 14. Juli aufgrund der Urlaubszeit nicht fortgesetzt werden konnte.“ Sie gibt zu bedenken, dass die Regelung noch nicht beschlossen ist und Änderungen möglich sind: „Soweit die Angler weiter eingeschränkt werden, können auch für die Berufsfischer weitere Einschränkungen erfolgen.“ Ob und wie wahrscheinlich das ist, ließ die Sprecherin offen.
Leidtragende sind in jedem Fall die Angelladenbetreiber: „Die Hälfte des Sortiments ist auf die Techniken ausgelegt, die wohl bald nicht mehr erlaubt sind“, sagt Hagen Lindstädt, der einen Shop im Möwencenter hat und selbst passionierter Angler ist. Zudem versteht er nicht, warum diese Methoden nicht mehr zulässig sein sollen: „Drop-Shot-Angeln ist beispielsweise schonender für den Fisch, als das, was künftig nur noch erlaubt sein soll.“ Auch Ingrid Hayer vom Greifswalder Angel-Center ist dieser Meinung. „Beim Wurmangeln kommt der Haken im Fisch viel tiefer, bis zum Darm oder noch weiter rein.“ Gegen die geplante Regelung sammelt sie Unterschriften. „Vielleicht kann uns auch der Bürgermeister helfen.
Einigkeit herrscht bei den Anglern jedoch in einem Punkt: Am Ryck muss mehr kontrolliert werden. Immer wieder hört man von Petrijüngern, die illegale Methoden anwenden und die Fische dabei schwer verletzen. Denn was nützt die strengste Regelung, wenn sie nicht effektiv überwacht wird? Sollten illegale Methoden aufgedeckt werden, drohen den schwarzen Schafen Geldstrafen — im Bereich einer Ordnungswidrigkeit.