Angelverbote zum Schutz vor Covid19 nicht statthaft

Pressemitteilung des Angelverband Niedersachsen

Gericht gibt Anglern Recht: Angelverbote an Vereinsgewässern zum Schutz vor Covid19 nicht statthaft

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Angler am Wasser (Bildnachweis: Foto: © F. Möllers / AVN)


Klare Worte dazu fand jetzt das Verwaltungsgericht Braunschweig und gab der Klage eines Angelvereins recht: Angelgewässer sind keine Sportstätten oder Freizeiteinrichtungen. Demnach dürften frei zugängliche Gewässer nicht mit der Begründung für das Angeln gesperrt werden, Neuinfektionen mit Covid19 verhindern zu wollen.


Am Gründonnerstag hatte der Landkreis Peine Angler des Gewässers verwiesen mit dem Hinweisauf eine neue Verordnung. Begründung: Geangelt werde im Verein. Das Angeln sei ein Sport und Angelgewässer demnach Sportstätten oder Freizeiteinrichtungen, die laut Verordnung der Landesregierung zur Verhinderung von Neuinfektionen mit SARS-CoV2 für Vereinsmitglieder zu schließen seien. Da Spaziergänger, Jogger, Hundehalter mutmaßlich keine Vereinsmitglieder des Angel"sport"vereins seien, sollten sie die Gewässer auch weiterhin aufsuchen und sich dort aufhalten dürfen – anders als die Angler.

Eine mehr als gewagte Herleitung, die in eklatantem Gegensatz zur Position der Landesregierung stand, in der es heißt (Stand 27.04.2020):
"Nach derzeitigem Sachstand ist gemäß § 3 Ziffer 1 der Verordnung "die körperliche Betätigung im Freien" weiterhin gestattet und somit in diesem Sinne auch das Angeln (unter zwingender Einhaltung aller Regeln der Verordnung)."

(Quelle: Nds. GVBl. Nr. 10/2020 vom 17.04.2020, website Niedersächsisches Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz)

Klage auf einstweilige Verfügung eingereicht
Die Angelvereine im Landkreis Peine wandten sich an den Anglerverband Niedersachsen e.V. (AVN) mit der Bitte um Klärung und Unterstützung. Mehrere Telefonate und ein kritisches Schreiben an den Landrat und die Fachbehörden halfen nichts: Der Landkreis hielt an den Verboten fest. Auch Einwände des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz blieben erfolglos.
Die Mitglieder der Angelvereine hätten also weiterhin zuschauen müssen, wie sich andere Menschen an ihren Pacht- und Eigentumsgewässern im Freien aufhalten. Unter Mithilfe mehrerer Juristen wurde daraufhin eine Klageschrift samt Eilantrag verfasst und stellvertretend für alle Angelvereine durch den Fischereiverein Peine-Ilsede und Umgebung e.V. beim Verwaltungsgericht Braunschweig eingereicht.
Insgesamt wären nur in diesem einen Angelverein 18 Seen mit einer Wasserfläche von gut 170 ha betroffen gewesen und mehr als 1.450 Vereinsmitglieder.

Angelverbote auch in weiteren Landkreisen

In Anlehnung an die Einschätzung aus Peine verhängte auch der Landkreis Gifhorn Angelverbote. Auf Kritik des AVN beim Landrat und der zuständigen Fachbehörde wurden die Angelverbote allerdings umgehend wieder aufgehoben.

Kein Einsehen hatte dagegen zunächst der Landkreis Harburg. Und die Begründung der dortigen Verwaltung für die Verbote war noch abenteuerlicher als die der Kollegen in Peine: "Angelteiche" in die Fische eingesetzt wurden, um sie später zu angeln, seien "auch für mögliche Vereinsmitglieder" zu schließen.
Wohlgemerkt: Angelvereine sind als Pächter eines Gewässers per Gesetz dazu verpflichtet, hegerische Maßnahmen zu ergreifen und die gewässerbezogene Artenvielfalt aktiv zu schützen. Fischbesatz ist eines von zahlreichen Hegeinstrumenten. Beispielsweise geht die Wiederansiedlung von Lachsen und Meerforellen und der Erhalt der heimischen Aalbestände auf Besatzmaßnahmen von Anglern zurück.

Gericht entscheidet PRO Angler
Nach Eingang der Klage bat das Gericht Kläger (Angelverein) und Beklagten (Landkreis Peine) um Stellungnahme. Anschließend äußerten sich die Richter wie folgt (Auszug):
"Es wird bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache festgestellt, dass die Vereinsgewässer des Antragsteller vorläufig nicht unter die Regelungen §1 (3) satz 1 Ziff 5 und (5) Satz 1 Ziff. 1 der niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17, April 2020 (Nds. GVBl, Nr. 10/2020), fallen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegener."
Damit war klar: In den Gewässern des FV Peine-Ilsede und Umgebung e.V. durfte mit sofortiger Wirkung wieder geangelt werden!

Landkreis Peine: Angeln wieder erlaubt

"Diese Entscheidung sollte in ihrer Eindeutigkeit hoffentlich dazu führen, dass auch die Angelverbote im Landkreis Harburg umgehend wieder aufgehoben werden. Und dass andere Landkreise gar nicht erst auf die Idee kommen, Angler von ihren Gewässern fernzuhalten. Denn der Aufenthalt am Gewässer wirkt für weit über 100.000 niedersächsische Angler in diesen schweren Zeiten als wesentlicher Ausgleich zu den sozialen Einschränkungen. Zumal viele andere Hobbys aktuell nicht ausgeführt werden können", so Dr. Thomas Klefoth, Verbandsbiologe beim AVN, der die Klage des Angelvereins fachlich mit vorbereitete und für den AVN koordinierte. Auf weitere Klageverfahren wolle man gerne verzichten.

Am Tag nach der Entscheidung des Gerichtes in Braunschweig (25.04.2020) beschloss der Landkreis Peine, die Angelverbote auch an ALLEN anderen Vereinsgewässern im Landkreis aufzuheben.
Und auch der Landkreis Harburg zog jetzt nach: Das Angeln ist unter den Auflagen der "Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus" wieder erlaubt.






 
Alles schön und gut, bleibt nur zu hoffen, dass sich die Angler ganz klar an gebotene Abstandsregeln halten, um nicht erneut Ansatz für Verbote zu liefern, die dann auch wirksam werden.
Man kann sicher sein, dass die verbotsgeile Verwaltung genau darauf wartet!
Des Weiteren sollte man die entsprechenden Provinzfürsten auch bei der nächsten Lokalwahl bedenken und dieses willkürliche Angelverbot dann nicht vergessen.

Jürgen
 
Hallo,



Exakt meine Meinung, ausschließlich Angler vom Gewässer verbannen zu wollen hat schon nen ziemlich faden Beigeschmack.
Ich war positiv überrascht, in wie weit sich die Landkreise in der BRD mit Angel-Verboten zurück gehalten haben. Die Gesamtbilanz ist bei den paar (temporären) Ausreißer sehr gut. Tendenziös angelfeindliche Verwaltung/Politik gab es nur in homöopathischer Dosis.

Peine und Harburg für sich genommen waren schon abenteuerlich. Da darf gerne hinterfragt werden, warum ein Landkreis gegen die Auslegung des Urhebers der Verordnung (Land) so entscheidet und bis zum Urteil dabei bleibt. Das sehe ich aber wirklich nicht als landes- oder bundesweites Problem. Das will ich nur nochmal festhalten.
 
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