Bayerische Berufsfischer: Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?

Thomas9904

Well-Known Member
Redaktionell

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Bayerische Berufsfischer:
Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?
Stressreaktion des Karpfens auf Angeln, Luftaufenthalt und Hälterung
In der Zeitschrift "Fischer und Teichwirt" erschien ein sehr interessanter Artikel der sich mit der Stressreaktion des Karpfens auf Angeln, Luftaufenthalt und Hälterung befasst.

Freundlicherweise haben uns die Kollegen der Redaktion "Fischer und Teichwirt" die Erlaubnis erteilt den Artikel hier bei uns im Wortlaut zu veröffentlichen und so auch Anglern zugänglich zu machen.

Wir bedanken uns recht herzlich bei den Berufsfischern aus Bayern, bei der Redaktion vom "Fischer und Teichwirt" für diesen fundierten Artikel, der ja auch klar die C+R-Diskussion (nicht nur) bei Karpfenanglern und das Thema "Trophäenfotos" beinhaltet und um interessante Aspekte erweitert.

Thomas Finkbeiner


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6. Stressreaktion des Karpfens auf Angeln, Luftaufenthalt und Hälterung

Der Karpfen (Cyprinus carpio) gehört zu den wichtigsten Fischarten des Catch-and-Release-Trophäenangelns. Neben dem üblichen Angelstress ist damit auch ein bis zu 10 Minuten dauernder Luftaufenthalt (Messen, Wiegen, Fotografieren) vor dem Zurücksetzen verbunden. Der Aufenthalt an der Luft kann bei Fischen zum Kollabieren der Kiemenlamellen mit erheblichen Folgeschäden führen.

In einem kontrollierten Laborexperiment mit Teich-K2 wurde bei 12 und 22 °C untersucht, welche stressphysiologischen Auswirkungen (1) die Simulation des Angelvorgangs (drei Minuten), (2) Angelsimulation verbunden mit einem zehnminütigen Luftaufenthalt, (3) Angelsimulation und anschließende 9stündige Hälterung in einem „Karpfensack“ sowie (4) die Kombination aller drei Stressoren haben. Der Laborversuch wurde ergänzt durch einen vergleichbaren Freiland-Angelversuch in einem ostkanadischen See bei 18,3 – 23,1 °C, allerdings versuchsbedingt ohne Kontrollvariante.

Tab. 2-1 zeigt ausgewählte Ergebnisse des Laborversuchs, Tab. 2-2 Ergebnisse des Feldversuchs.

Tab. 2-1: Ausgewählte Ergebnisse des Laborversuchs
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Der Luftaufenthalt führte nur zu einem moderaten zusätzlichen Stress. Beim Verhalten der Fische nach dem Zurücksetzen im Feldangelversuch waren die Auswirkungen aber deutlicher, z.B. eine um etwa ein Drittel geringere zurückgelegte Entfernung vom Aussetzungsort und eine um etwa ein Viertel längere Ruhezeit der Fische nach dem Aussetzen.

Die Differenzen bei den primären Stressparametern zwischen dem Labor- und dem Feldversuch können an der Zeitdauer zwischen Stressereignis und Blutentnahme oder auch an der Herkunft der Fische (deutsche Zuchtkarpfen vs. kanadische ausgewilderte Karpfen) liegen.

Verluste traten innerhalb von zwei Monaten nach den Versuchen nicht auf. Insgesamt haben die Versuche die praktische Erfahrung bestätigt, dass Karpfen sehr widerstandsfähig gegen Luftaufenthalte sind, v.a. bei niedrigen Temperaturen.

Das Messen, Wiegen und Fotografieren scheint für Karpfen weniger belastend zu sein als eine längere Hälterung auf engem Raum bei möglicherweise schlechter Wasserqualität. Das ist den Teichwirten schon seit Generationen bekannt!

RAPP, T. et al. (2014): Consequences of air exposure on the physiology and behavior of caught-and-released Common carp in the laboratory and under natural conditions. N. Amer. J. of Fish. Mgt. 34: 232 – 246.

Quellenangabe:
Stressreaktion des Karpfens auf Angeln, Luftaufenthalt und Hälterung
Quelle: Fischer und Teichwirt, 68.Jahrgang, Heft Nr. 05/17, Rubrik “Aus aller Welt”, Beitrag Nr. 6


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"Fischer und Teichwirt" ist die monatlich erscheinende Zeitschrift vom Verband der Bayerischen Berufsfischer e.V. und ist im Internet unter www.berufsfischer.de zu erreichen.

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Wir verweisen hier auch gerne auf weitere Artikel aus "Fischer und Teichwirt" bei uns:
Bayerische Berufsfischer: Schicksal der Aale mit tief geschlucktem Haken

Effektive Vermittlung guter fachlicher Praxis bei "catch and release" an Angler
 
Zuletzt bearbeitet:

fishhawk

Well-Known Member
AW: Bayerische Berufsfischer: Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?

Hallo,

Das ist den Teichwirten schon seit Generationen bekannt!


Ist bei Karpfenpuffbetreibern aber auch kein Geheimnis.

Dort ist das Einsacken i.d.R. verboten, aber ne "kurze" Fotosession erlaubt.

Schließlich soll das Anlagevermögen möglichst wenig Schaden nehmen.

Bezieht sich natürlich nur auf "echte" Karpfen. Bei Graskarpfen hätte es wohl andere Ergebnisse gegeben.
 

jkc

Well-Known Member
AW: Bayerische Berufsfischer: Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?

Verbot des Sackens in Puffanlagen rührt vermutlich in erster Linie daher, dass man einen Diebstahl der Fische erschweren / unterbinden will...
 

fishhawk

Well-Known Member
AW: Bayerische Berufsfischer: Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?

Hallo,

Das Messen, Wiegen und Fotografieren scheint für Karpfen weniger belastend zu sein als eine längere Hälterung auf engem Raum

Die traurige Wirklichkeit bei manchen Szeneanglern ist aber, dass das Messen, Wiegen und Fotografieren erst nach einer längeren Hälterung auf engem Raum stattfindet.
 

Thomas9904

Well-Known Member
AW: Bayerische Berufsfischer: Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?

Klar ist damit aber auch, dass eben nicht fotografieren, messen und wiegen das Problem ist - ausser für Rechtler und Schützer wahrscheinlich immer noch-..
 

Raubwels

Member
AW: Bayerische Berufsfischer: Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?

Und nur weil es weniger belastend ist heißt das ja noch lange nicht das der Fisch auf Dauer wenn er das 10 mal oder mehr erlebt keinen Schaden davon trägt. Auch macht es bestimmt einen unterschied ob das Tier aus einem Angelteich stammt oder aus freier Wildbahn.

MFG
Raubwels
 

Thomas9904

Well-Known Member
AW: Bayerische Berufsfischer: Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?

. Auch macht es bestimmt einen unterschied ob das Tier aus einem Angelteich stammt oder aus freier Wildbahn.
Schreiben sie ja, bei denen aus freier Wildbahn im Feldversuch war der Stress höher als im Laborexperiment (also Teichbedingungen) .

Sie meinen es könnte aber auch an unteschiedlichen Fischen liegen.
 

phatfunky

Pike Angler from England
Hallo,

Die traurige Wirklichkeit bei manchen Szeneanglern ist aber, dass das Messen, Wiegen und Fotografieren erst nach einer längeren Hälterung auf engem Raum stattfindet.



Ja und deshalb sage ich wieder was ich bereits 1000 mal gesagt habe, und sicher wieder 1000 mal wiederholen wird:

Es ist höchste Zeit dass C&R als ganz normaler Teil des Angeln akzeptiert wird. z.B schon bei der Angelprüfung. Nur dann hat man eine vernünftige Grundlage um Angler zu schulen, wie man es richtig macht.

Solange C&R bloß aus Prinzip verteufelt wird, werden jede Menge 'Best Practices' (empfohlenes handhaben) nie ans Licht kommen, so hat man sich ins eigenen Bein geschossen. Oder besser gesagt die sture Minderheit schießt die Mehrheit der Angler ins Bein.

Und die beste Beispiele dafür findet man nicht beim Karpfenangeln sondern beim Hecht. Im Gegensatz zu Karpfen sind Hechte sehr empfindlich aber wer nimmt einen abharkematte mit sich beim Hechtangeln?!? Aber wem interessiert das?

Das ist die eigentliche traurige Wirklichkeit. Dass die Gegner von C&R genau die sind, die verhindern dass C&R von den breiten Massen verantwortlich praktiziert wird.

Übrigens @fishhalk was sind Szeneangler? Ich kenne Begriffe wie Raubfischangler, Friedfischangler, Spinnfisher, Fliegenfischer, Allround Angler, usw, aber Szenenangler habe ich noch nie gehört.

Sarkasmus aus. Klartext an. Das hinterlässt bei mir ein extrem bitteren Beigeschmack, denn es klingt als würdest du dich von anderen Angler abgrenzen wollen?

Was möchte jede Gegner (zB Gegner von angeln) mehr als dass 'der Feind' gespalten ist.
 
Zuletzt bearbeitet:

Taxidermist

Well-Known Member
AW: Bayerische Berufsfischer: Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?

Bezeichnend ist es, dass bayrische Berufsfischer Geld und Zeit in solche Forschungen stecken, um jahrhunderte alte Erfahrungen mit den Tieren zu beweisen!
Früher wurden die Fische in nasses Moos eingepackt, auf dem Rücken von Maultieren, über Alpenpässe transportiert und keinen hat es interessiert.
Die Fische haben es überlebt, sonst hätte man dies sicher nicht gemacht.
Immerhin hatte ein solcher Fisch damals einen echten Wert und dieser war es sicher nicht, als Sportgerät zu fungieren!
Nur um heutigen Schützern argumentativ begegnen zu können, erforscht man Sachverhalte die schon lange bekannt sind!
Wo sind wir nur hin gekommen?

Jürgen
 

kati48268

Well-Known Member
AW: Bayerische Berufsfischer: Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?

Immer dran denken:
die (sicherlich robusteren) Urväter dieser Tiere wurden vor noch gar nicht soo langer Zeit durch Mönche verbreitet.
Von Kloster zu Kloster ging es mit Ochsenkarren, also durchaus auch Strecken, die länger als 1 Tag dauerten.
Ge"hältert" wurden die Karpfen dabei nicht etwa in Wasser (wie denn auch), sondern in feuchtem Moos. |bigeyes

Die gesamte Schaden-durch-C&R-Debatte vernachlässigt -auch neben anderen Bedingungen wie Umgebungstemperatur, etc.- vollkommen die FischART.
Man kann Sensibelchen wie Bachforellen nicht mit Karpfen & Aal in einem Atemzug nennen, sondern muss in dieser Diskussion viel mehr differenzieren.

Untersuchungen wie diese helfen da sehr!
 

Taxidermist

Well-Known Member
AW: Bayerische Berufsfischer: Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?

Man kann Sensibelchen wie Bachforellen nicht mit Karpfen & Aal und Waller in einem Atemzug nennen, sondern muss in dieser Diskussion viel mehr differenzieren.

Jürgen
 

Laichzeit

Well-Known Member
AW: Bayerische Berufsfischer: Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?

Und die Karausche nicht zu vergessen, die sind wahrscheinlich noch weniger sensibel als Karpfen.
 

rippi

Pokemon-Trainer
AW: Bayerische Berufsfischer: Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?

Das kann man nicht so pauschal sagen. Manche Jürgen sind so sensibel wie Bachforellen andere Jürgen sind nicht so sensibel.
 

Franz_16

Mitglied
AW: Bayerische Berufsfischer: Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?

Jürgen, die Berufsfischer haben das nicht erforscht. Sondern eine Studie gelesen und dazu publiziert. Siehe Artikel da steht unten dran um welche Studie es sich handelt.

Sie kommen letztlich zu dem Schluss das Teichwirte schon lange um die Robustheit der Karpfen wissen.
 

phatfunky

Pike Angler from England
Die gesamte Schaden-durch-C&R-Debatte vernachlässigt -auch neben anderen Bedingungen wie Umgebungstemperatur, etc.- vollkommen die FischART.
Man kann Sensibelchen wie Bachforellen nicht mit Karpfen & Aal in einem Atemzug nennen, sondern muss in dieser Diskussion viel mehr differenzieren.

Untersuchungen wie diese helfen da sehr!


Zum zweiten Punkt klares ja, mMn.

Zum ersten, sage ich eher jain.

Dass es Unterschiede gibt hatte ich auch mal erwähnt aber meines Erachtens ist das bei vielen nicht angekommen. Und warum nicht? Weil C&R eben immer als tabu Thema behandelt wird.

Wenn wir es erst einmal schaffen, dass C&R als gutes Recht jeden Anglers akzeptiert wird, kann man dann drauf aufbauen und sagen so, guckt mal, so läuft verantwortliches C&R mit Forelle, mit Hecht, mit Schleien, usw.

Aber als erstes muss überhaupt ein breites Akzeptanz her. Jetzt schon zu unterscheiden, würde mMn die Lage nur noch undurchsichtiger machen :-/ Leider.
 

Thomas9904

Well-Known Member
AW: Bayerische Berufsfischer: Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?

Da stellt sich mir auch ne andere Frage.
WARUM liest man sowas wie hier von den Berufsfischern, wo es eindeutig um Angeln und Angler geht (und dies noch in einer anglerfreundlichen Richtung nach meiner Meinung), nicht beim DAFV oder beim Karpfenangelclub im DAFV, dem VDKAC?

Ich bin froh, dass wenigstens die Berufsfischer solche für Angler interessante Dinge veröffentlichen.

DANKE dafür!!
 

fishhawk

Well-Known Member
AW: Bayerische Berufsfischer: Wie gut verkraften Karpfen Catch and Release?

Hallo,

Klar ist damit aber auch, dass eben nicht fotografieren, messen und wiegen das Problem ist

sondern die Dauer, die der Fisch außerhalb seines Elements ist.

Das hängt dann auch von der Fischart, der Wasser- und Lufttemperatur, dem richtigen Handling usw. usw. ab.

Das Karpfen so einiges abkönnen, ist bekannt und wird durch diese Studie auch bestätigt..

Das Graskarpfen da wesentlich empfindlicher sind, wissen viele, aber nicht alle. Von Hechten, Zandern, Forellen , Äschen etc. brauchen wir gar nicht anfangen.

Dass es für alle Fische besser wäre, wenn sie nach Möglichkeit im Wasser versorgt würden bzw. der Landaufenthalt so kurz wie möglich gehalten würde, wird wohl auch kaum einer bestreiten.

In C&R-Gewässern gelten da oft recht strenge Regeln. In manchen Salmonidengewässern z.B. ab 20° sogar Angelverbot.

Ist im Zweifel wohl besser, als wenn es jeder so handhabt, wie er es für richtig hält.
 
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