Einfluss der Fischbestände auf die Wasserqualität?

vermesser

Well-Known Member
Gar nicht so selten wird die Gewässerqualität eines einstmals naturnahen Gewässers durch die Besatzpolitik versaut. Sei es, dass eigentlich wunderschöne Hecht-Schlei-Seen so mit Karpfen vollgekippt werden, bis sie endlich trübe sind. Oder sei es, dass Zander als Hechtfutter in klare, krautige Gewässer besetzt werden (gut, das versaut die Gewässerqualität nicht). Immer wieder gern werden auch naturnahe Bäche mit vergleichsweise riesigen, fangreifen Forellen besetzt, die dann auch gleich mal den Kleinfischbestand massakrieren und den wenigen natürlichen Nachkommen kaum eine Chance lassen...alles schon erlebt.

Ganz oft aber verursacht durch die ansässigen Angler!! Karpfen ist ja viel besser als die reichlich vorhandenen Schleien und Karauschen. Hecht ist grätig, wir wollen Zander. Nur kleine Forellen im Bach, da muss frisches Blut rein :rolleyes: . Alles schon erlebt und gehört.
 

vermesser

Well-Known Member
Und dazu kommt, zumindest hier bei uns, dass die Vereine Besatz über den Landesverband bekommen. Und wer laut schreit, der kriegt auch viel (Karpfen)...

Versteht mich nicht falsch, ich habe nichts gegen Karpfen und Karpfenangler. Aber welche Massen da teils verklappt werden, geht auf keine Kuhhaut...wenn in einen 14ha großen See mal eben über 200kg Karpfen verklappt werden, nachdem es schon im Vorjahr Besatz gab und obwohl Bestand vorhanden ist...und man sich dann wundert, wenn es keine anderen vernünftigen Friedfische mehr gibt und der See die Trübung von starkem Milchkaffee hat...dann bin ich sprachlos.
 

rheinfischer70

Well-Known Member
Habe
Ich hab mich relativ ausführlich mit dem Thema Biomanipulation im Zuge einer (endlosen) Diskussionen mit Gemeinde, LRA, Biologen, Fischereifachberatung etc. zu einem unserer Gewässer (3ha) beschäftigt.

Auch mit der Doktorarbeit einer Biologin, die das Konzept "Raubfischbestand erhöhen, Weißfische bekämpfen, um Wasserqualität zu verbessern" propagiert.
Dazu habe ich auch mit Ihrem Doktorvater gesprochen.

Er, wie auch die Fischereifachberatung, kamen zu dem Schluss, dass das Konzept in einem geschlossenen Gewässer, ohne wesentliche äußere Einträge von Nährstoffen, funktionieren kann. In Systemen, wo es Zuflüsse oder Einträge gibt, nicht.

So in Kürze und 3 Sätzen.
Im Endeffekt sieht man es ja auch auf zokker's Schaubild ganz gut.
Wenn das untere Ende der Nahrungskette laufend "nachbefüllt" wird, kann man weiter oben viel "manipulieren" ohne einen Effekt auf die Wasserqulität zu bekommen.
Demnach muss aus solchen Seen viel Fischbiomasse entnommen werden, um den Zufluss von Nährstoffen abzufedern. Solche Seen müssten ungeheuer produktiv sein.
 
Das Ergebnis ist wirklich eindrucksvoll. Seitdem Massen an Kleinkarpfen den See bevölkern, gibt es Unmengen kleinster Weißfische, der See ist das ganze Jahr über trübe, Hechte sind dünn...
Das mit den Karpfen ist ganz typisch für Vereinsgewässer. Es werden nur wenige der k1/k2/k3 entnommen und später werden sie fast nurnoch von Carphuntern gefangen, die höchsten entnehmen um sie umzusetzen. Sie kleinen Karpfen werden irgendwann groß und gründeln dann umso mehr.

Schleichende Entwicklungen wie die Trübung sind oft schwer nachvollziehbar. Ein Indikator sind Unterwasserpflanzen, die es in vielen Stillgewässern früher (mehr und/oder artenreicher) gab.
 

vermesser

Well-Known Member
Meines Erachtens ist der Problem ein "politisches". Es wird häufig besetzt, was der "Pöbel" fordert. Die allermeisten Gewässer, die nur beangelt werden, würden gut ohne Besatz auskommen. Ausnahmen sind eventuell Aale, die natürlich nicht mehr wandern können. Und einheimische Forellen (Bachforellen), denen oft die ausreichenden Laichmöglichkeiten fehlen. Alles andere ist m.E. fast immer Unsinn. Eventuell noch ein PAAR Karpfen, da die ja nicht überall natürlich laichen...

Fast alle Fischarten haben ein derartiges Vermehrungspotential, dass sie auch von selbst Bestände bilden und erhalten könnten. Und das in einer Menge, die das Gewässer auch trägt. Allerdings ist das nicht unbedingt für Kollege "Plumpsangler" attraktiv.

Wenn es keine/ wenige Zander gibt, liegt das fast nicht an zu wenig Besatz, sondern weil das Gewässer nur eingeschränkt für Zander geeignet ist. Oft genug gibt es dafür dann starke Bestände an Hechten, Barschen, Rapfen...und wenn es keine Karpfen gibt (im Fluss), dann häufig dicke Döbel, Alande und und und...aber die sind halt anglerisch weniger attraktiv.

Außer schnurgeraden Schiffahrtskanälen mit fester Verbauung gibt es für Allerweltsarten wie Plötzen, Barsche, Hechte und und und fast immer auch Laichmöglichkeiten. Hohe Jungfischverluste sind in der Vemehrungsstrategie von Fischen berücksichtigt.

Da aber sehr häufig die Einstellung vorherrscht, dass man nur fangen kann, was vorher besetzt wurde, entwickeln sich viele Gewässer grade sehr aktiver Angelvereine gern zu einer Art Put&Take...am besten sind Gewässer, wo sich keiner drum kümmert...
 

vermesser

Well-Known Member
Übrigens liegt das auch an der Wertschätzung, die Angler Fischen entgegen bringen. Kaum einer macht ein Posing im Internet mit schicken 30cm Plötzen, goldgelben und kugelrunden 30er Rotfedern oder ein paar schnieken Schleien oder Karauschen. Es muss schon ein Karpfen sein, unter 20 Pfund sind Kleinfische...

Bei den Räubern genauso. Ein 50er Hecht macht nix mehr her, genauso wenig wie ein paar 40er Döbel, die man kunstvoll mit Kleinspinnern aus dem Unterholz zaubert...es sollte schon ein 80+ Zander oder ein 40+ Barsch sein...und wenn es schon ein Hecht sein muss, dann 1+...

Und genau daran krankt auch die ganze Ausrichtung der Besatzpolitik.
 
Zuletzt bearbeitet:

Professor Tinca

Posenangler
Teammitglied
Übrigens liegt das auch an der Wertschätzung, die Angler Fischen entgegen bringen. Kaum einer macht ein Posing im Internet mit schicken 30cm Plötzen, goldgelben und kugelrunden 30er Rotfedern oder ein paar schnieken Schleien oder Karauschen. Es muss schon ein Karpfen sein, unter 20 Pfund sind Kleinfische...

Solche tollen Fische sieht man nur hier im "wankelnden Ükel".
Das Anglerboard bietet eben mehr!:love
 

smithie

Well-Known Member
Ich bin der Meinung, dass zu viele Weißfische und besonders Karpfen einen ganz massiven Einfluss auf die Wasserqualität und den Ertrag weiterer Arten haben. Ich kenne ein konkretes Beispiel.
Bitte nicht Karpfen mit Weißfischen gleichsetzen.

Dass das Thema insgesamt komplex ist steht außer Frage und dass die Auswirkungen von z.B. Rotfedern nicht mit denen von Karpfen gleichzusetzen sind, auch...
 

MarkusZ

Well-Known Member
.wenn in einen 14ha großen See mal eben über 200kg Karpfen verklappt werden
Würde sich an manchen Gewässern ein Großteil der Angler über den schwachen Besatz beschweren.

Es werden nur wenige der k1/k2/k3 entnommen
K1 und K2 sind in den meisten Gewässern untermaßig und dürfen deshalb dort gar nicht entnommen werden.

Bei K3 kenne ich Gewässer, da werden pro Hektar z.T. weit mehr als 1 Zentner jährlich entnommen.

Aber der Karpfen gilt nicht in jeder Region als Spezialtät und guter Speisefisch.

Versteht mich nicht falsch, ich habe nichts gegen Karpfen und Karpfenangler.
Ich auch nicht.

Aber wie die Du sehe ich übermäßigen Karpfenbesatz kritisch.

Ich hab bei einer HV auch schon mal vorgeschlagenen für einzelne Gewässer die K3-Besatzmengen deutlich zu reduzieren und dafür im Zweifel in die typischen Entnahme-Teiche einfach noch mehr zu besetzten.

Der Vorschlag wurde aber mit großer Mehrheit abgelehnt.

Unter den wenigen Unterstützern waren übrigens hauptsächlich "Carp-Hunter".

Kaum einer macht ein Posing im Internet mit schicken 30cm Plötzen, goldgelben und kugelrunden 30er Rotfedern oder ein paar schnieken Schleien oder Karauschen.
Wenn Du das so siehst, liegt das vermutlich an Deiner Medienauswahl. :)
unter 20 Pfund sind Kleinfische...
Die Zeiten sind bei uns hier längst vorbei. Da müsste man statt Pfd schon kg einsetzen.
 

smithie

Well-Known Member
Habe

Demnach muss aus solchen Seen viel Fischbiomasse entnommen werden, um den Zufluss von Nährstoffen abzufedern. Solche Seen müssten ungeheuer produktiv sein.
Dass solche Seen eher polytroph sind ist die eine Sache.
Die Nährstoffe zu binden (Phytoplankton) bis hin zum Abschöpfen (Fisch) ist ein weiter Weg und nur bedingt im Laufe einer Wachstumsperiode abzufedern.
Die restlichen Nährstoffe werden halt nicht verbraucht.
 

jkc

Well-Known Member
Er, wie auch die Fischereifachberatung, kamen zu dem Schluss, dass das Konzept in einem geschlossenen Gewässer, ohne wesentliche äußere Einträge von Nährstoffen, funktionieren kann. In Systemen, wo es Zuflüsse oder Einträge gibt, nicht.

So in Kürze und 3 Sätzen.
Im Endeffekt sieht man es ja auch auf zokker's Schaubild ganz gut.
Wenn das untere Ende der Nahrungskette laufend "nachbefüllt" wird, kann man weiter oben viel "manipulieren" ohne einen Effekt auf die Wasserqulität zu bekommen.
Warum sollte das so sein?
Zusätzliche Nährstoffe verbreitern halt die Futterpyramide und haben zur Folge, dass jede nachfolgende Stufe ebenfalls breiter ausfällt, die gesamte Biomasse im System wird erhöht, aber doch die Funktionsweise nicht durcheinander gewürfelt.
Ich kenne hier im Umkreis von 100, 200km auch kein einziges größeres Gewässer wo keine Nährstoffe durch den Menschen eingetragen werden.

Grüße
 

vermesser

Well-Known Member
Bitte nicht Karpfen mit Weißfischen gleichsetzen.

Dass das Thema insgesamt komplex ist steht außer Frage und dass die Auswirkungen von z.B. Rotfedern nicht mit denen von Karpfen gleichzusetzen sind, auch...

Ja ich weiß, dass Karpfen und (kleine) Weißfische sich bezüglich ihrer Auswirkungen unterscheiden. Kleine Weißfische wühlen nicht, im Gegensatz zu Karpfen und großen Brassen...
Ich will Karpfen keinesfalls verteufeln. Es ärgert mich einfach nur, dass eigentlich schöne Gewässer mit massivem Besatz verschlechtert werden. Aber anstatt das einzusehen, wird nach mehr Besatz (nun aber bitte Räuber) geschrien oder wahlweise auf lange Sommer, böse Urlauber oder sonstiges verwiesen, aber die recht eindeutige Ursache für die starke Trübung und für das mangelnde Wachstum der Weißfische ignoriert wird, genauso wie die Wirkung, dass es weniger Hechte gibt, wenn man aus einem halbwegs klaren See plötzlich eine trübe Brühe macht. Und wenn auch die letzten Wasserpflanzen im See verschwinden....
 

vermesser

Well-Known Member
Ich hab bei einer HV auch schon mal vorgeschlagenen für einzelne Gewässer die K3-Besatzmengen deutlich zu reduzieren und dafür im Zweifel in die typischen Entnahme-Teiche einfach noch mehr zu besetzten.

Der Vorschlag wurde aber mit großer Mehrheit abgelehnt.

Unter den wenigen Unterstützern waren übrigens hauptsächlich "Carp-Hunter".

Kann ich mir gut vorstellen. Die "richtigen" Karpfenangler sind froh über Gewässer mit weniger, dafür aber größeren Fischen. Anstatt für einen 5 Pfünder die Ruten wieder platzieren zu müssen :roflmao :roflmao .

Aber das, was du vorschlägst, gibt es inoffiziell tatsächlich. Es werden hier einzelne Seen vom Landesverband massiv mit Karpfen zugeschüttet, teils sogar maßig. Die überstehen normalerweise die ersten warmen Tage schon nicht, weil Volksfeststimmung herrscht.

Ähnliches gibt es tatsächlich an manchen Bachstrecken, wo fangfähig besetzt wird, um sensible Gewässer zu schonen (was natürlich so keiner sagen würde, das wird besser verpackt). An den Strecken herrscht dann Mitte April kurzzeitig ein solcher Andrang, dass es keine Parkplätze mehr auf den Anglerparkplätzen gibt...aber das erledigt sich auch relativ schnell.
 

smithie

Well-Known Member
Zusätzliche Nährstoffe verbreitern halt die Futterpyramide und haben zur Folge, dass jede nachfolgende Stufe ebenfalls breiter ausfällt, die gesamte Biomasse im System wird erhöht, aber doch die Funktionsweise nicht durcheinander gewürfelt.
Weiß nicht, ob wir das gleiche meinen... die Pyramide kann nach oben hin nicht beliebig breit werden, auch wenn ich unten endlos Nährstoffe nachschiebe.
 

smithie

Well-Known Member
Ja ich weiß, dass Karpfen und (kleine) Weißfische sich bezüglich ihrer Auswirkungen unterscheiden. Kleine Weißfische wühlen nicht, im Gegensatz zu Karpfen und großen Brassen...
Ich will Karpfen keinesfalls verteufeln. Es ärgert mich einfach nur, dass eigentlich schöne Gewässer mit massivem Besatz verschlechtert werden. Aber anstatt das einzusehen, wird nach mehr Besatz (nun aber bitte Räuber) geschrien oder wahlweise auf lange Sommer, böse Urlauber oder sonstiges verwiesen, aber die recht eindeutige Ursache für die starke Trübung und für das mangelnde Wachstum der Weißfische ignoriert wird, genauso wie die Wirkung, dass es weniger Hechte gibt, wenn man aus einem halbwegs klaren See plötzlich eine trübe Brühe macht. Und wenn auch die letzten Wasserpflanzen im See verschwinden....
Im Eingangspost ging es aber um die Reduktion des Zooplanktons durch Weißfische, nicht um die anderen "Nebenwirkungen" eines Karpfenbesatzes.

Was ich eigentlich sagen wollte:
habe ich ein Gewässer mit lediglich Weißfischen (Rotauge, etc.) und Raubfischen, kann die Biomanipulation nur funktionieren, wenn das System mehr oder weniger in sich geschlossen ist.

Wenn ich da zusätzlich Karpfen rein setze, stoße ich andere Rädchen an (Trübung, Rücklösung von Nährstoffen, weniger Pflanzen, etc. pp.)
 

jkc

Well-Known Member
Weiß nicht, ob wir das gleiche meinen... die Pyramide kann nach oben hin nicht beliebig breit werden, auch wenn ich unten endlos Nährstoffe nachschiebe.
Warum nicht?
Meines Wissens streben Gewässersysteme gegen ihr Produktionsmaximum, ausgehend von den vorhandenen Nährstoffen, am untersten Ende maßgeblich Stickstoff und Phosphor.
 

jkc

Well-Known Member
Also "beliebig breit", ist mir schon klar, dass das nicht geht, irgendwann kommt halt der Kipppunkt an dem sauerstoffzehrende- / Abbauprozesse überhand nehmen. Bis dahin gilt nach meinem Verständnis zunächst mal mehr Nährstoffe = mehr Biomasse, ohne zwangsläufig die Verhältnisse innerhalb der Futterpyramide durcheinander zu würfeln.

Grüße
 
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