AW: Fänge am Main 2008
Ok Max, hier der Bericht:
Wir kamen Samstag Abend -nach mehreren Verzögerungen -erst spät raus -, und so gegen 20:00 Uhr erreichten Leo und ich im Dunkeln bei Niederrad endlich das Südufer des Mains. Für mich das erste "echte" Nachtangeln seit etwa 15 Jahren (Unter "echt" verstehe ich Nachtangeln mit Verweildauer bis mindestens zum Sonnenaufgang des zweiten Tages)
Max und Marin waren bereits da- und auch aktiv -mit Erfolg: Max hatte auf einen kleinen Wobbler einen -ebenfalls kleinen - untermassigen Zander.
Zwei der vier Teilnehmer waren nur bedingt einsatzbereit: Marin hatte mit Zahnschmerzen zu kämpfen, und ich litt schon jetzt unter Schlafdefizit.
Aber: Wenn wir es nicht heute angingen, wann dann?
Und so starteten wir mit Knichtlicht-Posenangeln, Anfutter mit Schokogeschmack (Stieg nicht auch der Schokoladenkonsum des Menschengeschlechts mit dem Abnehmen der Tageslänge, - also möglicherweise auch jener der Fische...) und einigen geschenkten Pinkies und Puppen.
Ich meine, diese gelb-leuchtenden Stäbchen auf dunklem Wasser haben etwas Faszinierendes: Sie werden vor dem schwarzen Hintergrund der strömungsarmen Bucht mal hierhin, bald dorthin getrieben. Unsere Augen folgen ihnen. Fast all unsere Gedanken widmen wir ihnen, ja, ihr Vorhandensein - oder besser ihr plözliches Nicht-Vorhandensein -verkörpert eine Zeit lang unsere irdische Hoffnung auf Erfolg. - und wirklich - ein schöner Nacht-Brassen - das wäre doch schon was!
Zweimal dachten Max und ich, da wäre "was gewesen". Tauchte sie eben nicht kurz unter? Hoppelte sie nicht eben verdächtig auf und ab? Zog sie nicht eben mit einem Ruck über die Wasserfläche?
Aber keine Antwort...Stattdessen trieben die beiden Knicklichschwimmer weiterhin gemächlich hierhin, dorthin....
So widmeten wir uns einer anderen Sache, nämlich dem Lagerfeuer und den Cevapcicis -und jeweils einer Flasche "Felsgold".
Also... Marin diente uns mit seinen original kroatischen Cevapcicis wirklich hingebungsvoll - und wie der Aufwand, so auch das Ergebnis: zusammen mit Max's selbstgemachtem Nudelsalat schmeckten sie äußerst delikatiös. Das meinte auch der freundliche polnische Angler, der uns vorab die Maden geschenkt hatte (machte der Angelbär früher samstags auch schon um 13:00 dicht ?) und sich nun für einige Minuten zu uns gesellte.
Zwar waren seine Zielfische keine "weissen Fische" (Er meinte Weissfische), doch riet er, daß wir viel weiter vorne angeln sollten, da die Fische bei abnehmender Temperatur weiter ans Ufer kämen. Ich staunte, denn war ich nicht bisher vom Gegenteil überzeugt? Nun, man sollte wohl auch diese Meinung gelten lassen, - offenbar schöpfte dieser stämmige kleine Mann mit dem runden Gesicht aus eigenen Erfahrungen....Ich erinnere mich an die Frage, die Pilatus Jesus im Prätorium gestellt hatte: Was ist Wahrheit? Hier schien sie angebracht.
Nun kam ein weiterer Angler - ich hörte im Dunkel nur seine Stimme, sah ihn aber nicht - von fluss-aufwärts herbei. Ich sah jedoch die Umrisse einer weissen Plastiktüte, die verdächtig ausgebeult war. Laut fragte er in die Runde, ob wir wüssten was das sei? Dabei hob er ein Stück silbergraues Etwas aus der Tüte heraus. Das, was man sah, war offenbar ein Fischkopf, die Spezies konnte ich aber nicht gut erkennen. Daher antwortete ich vorsichtig: "ein Brassen" Laut widersprach er und sagte mit einer deutlichen Betonung "ZANDER - 53cm!" Gerade habe er Einpacken wollen, da habe er noch einen Biss auf Köderfisch bekommen.
Wir freuten uns mit ihm, obgleich wir in unseren Bemühungen seltsam träge waren, es ihm nachzueifern. Lediglich Max versenkte den aufgezogenen Leichnam eines Köderfisches in den ruhigen Fluten 25 Meter weiter draussen. Ich dagegen angelte nur mit der Posenangel weiter, zu müde großartige Montagen herbeizubasteln. Es blieb also relativ ereignislos, nur Max fing an der Posenangel eine kleine Kesslergrundel, die, nachdem der Haken schon längst aus dem Maul enfernt war, im wahrsten Sinne des Wortes - verbissen - die Maden nicht loslassen wollte. Sie durfte weiterleben, mit einem "Plopp" nahm der Main sie wieder in Empfang.
Das Feuer loderte in gelben Flammen gleichmäßig um die fetten Holzklötze herum, erst als wir - auf Camping- oder Anglerstühlen sitzend - damit unsere Knie konfrontierten, merkten wir, welch wohltuende Wärme wir bisher vermisst hatten.
Gegen 02:00 Uhr verliess uns der schmerz-geplagte Marin, er fehlte uns - liess unsere Gruppe schrumpfen.
Nicht lange danach trollten Max und ich uns auf die Ladefläche des VW-Buses, vorher sorgfältig mit einer stattlichen Schicht Isomatten ausgelegt. Leo gesellte sich später noch dazu. Max stellte sein Handy, denn auf keinen Fall wollten wir die Tagesdämmerung verpassen. Sie sollte uns für die ausgebliebenen Bisse der Nacht entschädigen.
So schälten wir uns einige Stunden später aus Decken und Säcken heraus und versuchten es erneut. Die ersten Futterkugeln wurden ausgeworfen, Maden-Montagen gleich hinterher. Aber wieder keinerlei Bisse, wir nahmen es relativ gelassen zur Kenntnis. Danach ein Schildbürgerstreich: Keine zwei Minuten nachdem ich der Glut der Nacht mit reichlich Wasser zischend und fauchend ein Ende bereitet hatte, meinte Max, er müsse ein Feuer machen um sich zu wärmen.
Ehrlich gesagt, ich konnte mir nicht gut vorstellen, daß ihm dies auf einer Pfütze Wasser und Kohle gelänge, aber zuversichtlich ging er an die Arbeit, Kleinholz zu hacken. Unten -Photo anbei - sieht man ihn in einem seiner wenigen dynamischen Momente dieses Morgens - eher einem Ork aus Herr der Ringe, als einem menschlichen Angler ähnlich (Max, verzeih mir....!)
Und doch: Es gelang! Ich staunte nicht schlecht, als dann doch bald wieder ein kleines lebendiges Feuer qualmte und flackerte. Hier konnten wir abschliessend unser -für die Umstände relativ stattliches - Frühstück aus Rührei mit Tomaten , Zwiebeln und Brot, sowie Datteln, Honig und schwarzem Kaffee einnehmen. Wir waren zufrieden.
Danach galt es abzurüsten, einzuladen und den drei Schwänen, die sich gierig über die Rühreireste aus der Pfanne hermachten, good bye zu sagen. Dann endlich stotterte der Dieselmotor durch die morgendliche Stille, und so beendeten wir unser Nachtangeln.
Gruss,
Rotaugen-Marc