Frage nach Potenzial für Gewässergüte-App

geomujo

Well-Known Member
Hallo in die Runde.
Ich möchte von euch mal folgendes wissen.

Ausgangslage:
Angler und Urlauber fahren in Deutschland in den Urlaub und möchten schöne klare Gewässer vorfinden (oder auch trübe).

Lösung bisher:
Einige Gewässergüte-Apps der meist Stadtstaaten wie Hamburg oder Berlin veröffentlichen Messwerte der in den Gewässerkörper verbauten Messstationen über ein GIS-System, also einem elektronischen Karten-Dartstellungs-System. Über diese können die offiziellen Messwerte wie Trübung, Temperatur aber auch Blaualgenbefall abgerufen werden. Dazu gibt es diverse Meta-Daten wie Verkehrsanschluss, Versorgung etc.

Vorteil:
Daten meist 'kostenlos',tägliche Verfügbarkeit und Aktualisierung

Nachteil/Problem:
Nur auf wenige Messpunkte beschränkt, vor allem aber auf Flüsse und sehr bedeutende Solitär-Seen.

Neuer Ansatz:
- Flächendeckende bundesweite Erfassung der Gewässerqualität ALLER Gewässer größer als 1ha
- Detektierung der Trübung über den Wasser-Chlorophyll-Gehalt
- Grafische Darstellung der Trübungsverteilung über die gesamte Wasserfläche
- Aktualisierungsintervall ~5-12 Tage - je nach System
- Attributierung und Zeitreihen abrufbar
- Keine verbindliche Warnung (steht nur dem Amt zu)

Würdet Ihr darin einen Mehrwert oder einen konkreten Nutzen eines solchen Systems sehen? Ich stelle mir z.B. die Situation vor, dass ich z.B. in die brandenburgische Seenplatte fahre, die ja viele Klarwasserseen beherbergt. Wäre es da nicht angebehm, wenn man im Vorfeld wüsste. welcher der Seen wirklich ein Klarwassersee ist und welcher nicht? Wäre es nicht toll, schon im Vorfeld die richtige Köderauswahl für den Gewässertyp auf Basis dieser Erkenntnisse dabei zu haben?
Wäre es nicht auch für die Mitreisenden Familienmitglieder toll, wenn sie mit einer möglichst hohen Badewasserqualität konfrontiert würden? Wäre es nicht toll wenn man schon in der Karte erkennen könnte, auf welcher Seite das Gewässer mehr oder weniger trüb ist?

Hier mal ein Beispiel für die Region der brandenburgischen Klarwasserseen:
Chlorophyll_Map_CH_Values2.jpg

(Ich darf darauf aufmerksam machen, dass diese Karte urheberrechtlich durch mich gschützt ist und eine Vervielfältigung nur mit meiner Zustimmung statthaft ist)
Wir sehen, dass längst nicht alle Seen Klarwasserseen sind, Einige sind mittelmäßig, Einige stark getrübt durch Pflanzen- und Algenwachstum, andere kaum getrübt (blau).
Nun stellt euch diese Grafiken in ein eingebettetes System wie OpenSteetMap vor.

Könntet ihr mit sowas etwas brauchbares anfangen? Was fehlt dem Gedanken womöglich noch? Und wäret ihr bereit für eine soclhe Information auch Geld zu bezahlen? Wieviel sei erstmal dahingestellt.

Über ein Feedback wäre ich euch sehr dankbar.
 
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Thomas.

Heckbremser
Hallo in die Runde.
Ich möchte von euch mal folgendes wissen.

Ausgangslage:
Angler und Urlauber fahren in Deutschland in den Urlaub und möchten schöne klare Gewässer vorfinden (oder auch trübe).

mal für mich persönlich, kurz und schmerzlos, und ist nicht böse gemeint.

wenn ich heute für September buche würde die App mir glaube ich nicht wirklich helfen, und wenn ich mal Zeit zum Angeln habe ist es mir eigentlich völlig Jacke welche Trübung das Wasser hat und ob die Fische beißen.
 

Vanner

Well-Known Member
Mir ist es auch vollkommen egal, ich muß das im Vorfeld nicht wissen. Wie Thomas. schon geschrieben hat: Buche ich meinen Urlaub im voraus. dann helfen mir die Infos eh nicht.
 

geomujo

Well-Known Member
mal für mich persönlich, kurz und schmerzlos, und ist nicht böse gemeint.
Genau dafür ist der Post ja gedacht ;-)

Danke erstmal für die Rückmeldungen.
Nunja - das ist natürlich ein Argument - aber nicht jeder bucht Monate im Voraus. Aber wer im Voraus bucht, wäre doch vielleicht auch daran interessiert, wie es in den Vorjahren zu der Zeit dort aussah? Oftmals sind es ja die gleichen Gewässer, die 'aufblühen', sodass man schon daraus einen Informationsgehalt ziehen könnte. Ich selbst plane meine Ausflüge nämlich eher spontan. Und wenn ich was plane, sollen ja auch die Erwartungen weitestgehend erfüllt werden. Wer immer an den gleichen Ort fährt braucht diese Information natürlich nicht.
 
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Hecht100+

Moderator
Teammitglied
Wenn man in einer Gegend wohnt, wo man viele Seen zur Auswahl hat, wäre das bestimmt eine tolle Sache. Anderseits, wie meine Vorschreiber schon bemerkten, wenn ich jetzt den Herbsturlaub buche, muss ich den See nehmen wie er ist.

Bei sehr großen Seen wie zum Beispiel Müritz oder Plöner See wäre vielleicht festzustellen, welche Ecken und Buchten dann evtl. freier und besser wären. Aber dafür müssten dann viele Sensoren untergebracht werden. Wenn deine Planung von 1 ha. großen Seen anfängt, wieviele Sensoren sollten dann in den großen Seen sein? Die Müritz hat über 11000 ha, der Plöner See 2840, dazwischen liegen noch 7 andere Seen. Die Idee an sich hat was für sich, aber wie man das umsetzten kann entzieht sich meiner Vorstellung.
 

geomujo

Well-Known Member
wieviele Sensoren sollten dann in den großen Seen sein?
Auf die Frage antworte ich natürlich gerne: einen einzigen Sensor, in 600-800km Entfernung ;-) Genauer gesagt eine einzige Sensorapperatur aus mehreren Einzelsensoren. Genau dieser Sensor hat auch das obrige Bild erzeugt (nach entsprechender 'Veredelung' der Daten).

Das Bsp mit den brandenburgischen Klarwasserseen ist natürlich ein Paradebeispiel.
Ihr sucht z.B. ein Ferienhaus zum Baden und Angeln. Findet eins im Internet, das mit der Aussage wirbt, dass es in der Region der brandenburgischen Klarwasserseen liegt - genau an einem See - mit Steg - wie idyllisch. Und dann stellt sich heraus, dass der konkrete See vor Ort kein Klarwassersee ist, man stattdessen hätte 10km weiter fahren/buchen müssen. Hier ist die Information aus dem Vorjahr natürlich sehr wertvoll. Technisch kann im 30-50m-Raster aufgelöst werden, unter Verwendung aufwendigerer Daten kann es bis 3m-Aufösung verbessert werden. D.h. ein Pixelquadrat hat eine Kantenlänge von 3m. Im Bild sind es 30m. Der angegebene Wert ist die Chlorophyll-a-Konzentration in μg/l (ab 40 wird's kritisch, ab 150 = Sperrung).
 
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Drillsucht69

Well-Known Member
Für Urlaub ist es sinnvoll um nicht in irgendeiner Brühe zu Baden...
Fürs Angeln würde ich andere Kriterien bevorzugen...
 

Hecht100+

Moderator
Teammitglied
Dann hat so eine App bestimmt große Vorteile, da man dann ja auch an den großen Seen feststellen kann, wo in solchen großen Seen ein starkes Algen bzw. Pflanzenwachstum vorherrscht. Wenn die Daten dann zeitnah erhältlich sind, wäre es perfekt an die passenden Stellen zu fahren. Ob ich mir die Vorjahresdaten betrachten würde, ????? Dazu sind viele Seen jedes Jahr zu verschieden. Aber die Möglichkeit würde ja bestehen.
 

geomujo

Well-Known Member
Eine gewisse räumliche Variation und Variation in der Intensität sind järhrlich sicherlich zu erwarten. Der Chlorophyll-Gehalt wird maßgebend von den Faktoren Temperatur, Sonnenscheindauer, Sonnenscheinintensität, Nährstoffeintrag und letzdendlich auch dem Wind mitbestimmt. Dafür wären ja dann die zeitnahen Daten gedacht. Für sehr große Seen könnte man auch täglich enue Daten liefern.

Es diente hier nun mal um das Potenzial dieser Idee zu erfassen. Und wenn vielleicht nicht der Angler im Vordergrund steht, so hilft mir die Information in Form der Rückmeldung doch sehr weiter. Danke erstmal soweit.

Achso, im Zuge des klimatischen Wandels und der damit einhergehenden wahrscheinlichen Steigerung der Chlorophyll-Belastungen, gerade in zu- und abflusslosen Seen, käme diesem Monitoring sicherlich nochmal in Zukunft eine Steigerung der Bedeutung hinzu.
 
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G

Gelöschtes Mitglied 150887

Guest
Ich kann mir gut vorstellen, das die Informationen auch für Badende und Bootfahrer interessant sein könnten.

Ich selbst bin viel zu ortsgebunden, als das mich das wirklich berührt, aber das ist auch nicht unbedingt die Regel.
 

Uzz

Active Member
einen einzigen Sensor, in 600-800km Entfernung ;-) Genauer gesagt eine einzige Sensorapperatur aus mehreren Einzelsensoren. Genau dieser Sensor hat auch das obrige Bild erzeugt (nach entsprechender 'Veredelung' der Daten).
Also via Satellit gesammelte Daten. Gehe ich richtig in der Annahme, dass so ein Satellit sowieso immer die ganze Fläche (also den Streifen unter sich) "fotografiert" und du diese Daten "lediglich" mit Infos zur Position der Gewässer verknüpfst, um die Karten zu erstellen?

Klar sind solche Karten irgendwie für irgendwen nützlich.

Wenn du auf der Suche nach einer coolen, maximal nützlichen Verwendung für die Sat-Daten bist, habe ich einen anderen Vorschlag:
Stellt A) die Rohdaten selbst und B) aus den Rohdaten nach diversen interessanten Kriteren umgerechnete/aggregierte Daten (inklusive detailierter Doku, wie sie aus den Rohdaten errechnet wurden) zur Verfügung. Ziel sollte sein, dass auf Basis der veröffentlichten Daten "jedermann"(lies: interessierte Nerds) in die Lage versetzt wird, z.B. deine Seekarten selbst zu generieren und zu veröffentlichen. So wie dir die Idee mit den Seekarten kam, kommen andere Leute garantiert auf völlig andere coole Analysen und Anwendungen. Andere Leute sollten euch um neue der oben unter B) genannten, vorberechneten Datenformate bitten können.

Seid ihr steuerfinaziert? Potsdam ... GFZ? Falls ja: Werdet ein möglichst universell nützlicher Datenanbieter für alle interessierten Leute statt die Daten nur zu bunkern und nur selbst zu verarbeiten. Gebt möglichst viel zurück! Leider ist das in Deutschland für steuerfinanzierte Einrichtung nicht Pflicht, aber man kann ja mit gutem Beispiel vorrangehen. Sowas ist ganz nebenbei auch eine gute Werbung für die Einrichtung.
 
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geomujo

Well-Known Member
Die Geschichte ist schon etwas komplexer als 'nur' den Inhalt von Satellitenfoto's abzubilden.
Für den Laien ist der Workflow quasi nicht zu packen - selbst für mich wäre die Stemmung eines solchen Untenehmens eine logistische Herausforderung der ich mich bisher noch nicht gegenüber sah. Hier bedarf es elementarer Kenntnisse der Satellitendaten-Prozessierung auf Basis entsprechender wissenschaftlicher Grundlagen. Hier kommen Verfahren wie Atmosphären- Geometrie- Radiometrische Korrekturen zur Anwendung um mit den Daten überhaupt erstmal arbeiten zu können. Dann müssen die eigentlichen Informationen aus dem Bild extrahiert werden, sie müssen zu in-situ-erhobenen Daten in Verbindung gebracht werden, es muss ein mathematisches Modell gebastelt werden und anschließend wird auf Basis dessen die eigentliche Karte erstellt. Erst dann kann man die Sachen 'verlinken' will sagen attributieren und in ein übergeordnetes Geo-System einbetten und für den Anwender nutzbar machen. Alleine der letzte Teil ist schon ein Wahnsinnsaufwand bei Datenmengen, die den Laien ebenfalls hoffnungslos überfordern würden ganz zu schweigen von der technischen Infrastruktur, die ein solches Vorhaben benötigen würde.

"Ihr"? Ich bin Ich und bin eingeschriebener Student der Universität Potsdam und arbeite seit 10 Jahren mit Satellitendaten unterschiedlichster Art. Mit dem GFZ habe ich direkt nichts zutun. Das GFZ hat überdes auch keinerlei eigene Satellitendaten - und die Uni schon garnicht. Sie müssen diese für gewöhnlich zukaufen, auf freie Daten zurückgreifen oder sich über Kooperationsvereinbarungen Nutzungsrechte für den rein wissenschaftlichen Betrieb einräumen lassen. Ich selbst habe am GFZ die Kompetenz erworben entsprechendes aus den Daten zu holen und frage mich nun, was man damit eigentlich anfangen kann.

Einen entscheidenen Haken hat die Geschichte natürlich - ist es bewölkt sieht man nix. Dann hilft nur der Blick in die Vergangenheit um wiederum über ein mathematisches Modell die Ausbreitungsdynamik des Chlorophylls zu modellieren und so auf die aktuelle Situation zu interpolieren.

EDIT: Das war mein 2000ster Beitrag hier im AB ;-)
 
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geomujo

Well-Known Member
So, nach drei schweren Tagen der Datenbeschaffung, Aufbereitung und Analyse habe ich nun mal eine Map für den Raum Potsdam erstellt. Es bezieht sich auf das Jahr 2017, das ja eher durchwachsen war. Dementsprechend war die Chlorophyll-Belastung nicht besonders hoch. Gezeigt werden 4 Stadien (Jan/Mai/Aug/Okt). Das ganze wurde in eine KMZ-Datei gepackt, die man sich mit GoogleEarth oder jedem anderen Programm was KMZ's verarbeiten kann, anschauen kann und euch zum Download zur Verfügung gestellt wird.
2017 War für ein solches Vorhaben wie gesagt nicht besonders gut, da eben viel zu oft Wolkenverhangen und ein schlechtes Paradebsp für sommerliches Algenwachstum. Aber mit der Neuen Atmosphärenkorrektur kann man das grobste in Sachen Wolken ausbügeln. Ich versuche mal noch 2018 und 2019 ebenfalls auf den Weg zu aktualisieren, sodass wir hier schonmal etwas an Daten haben, mit dem die Community was anfangen kann. Mal sehen ob und wie ich das weiterentwickle. Für Vorschläge oder bestimmte Wünsche bin ich natürlich immer offen.

Chlorophyll.png


Wo dem Vorhaben aber Grenzen gesetzt sind sind kleine Gewässer, wie städtische Kanäle. Dafür bedürfte es besseren Ausgangsmaterials. Derzeit ist der Zahlenwert noch mit Vorsicht zu genießen, da kein neues Regressionsmodell berechnet wurde, sondern ein Modell zur Verwendung kam, was oben im ersten Bild die Grundlage war. Ich hab die Farbskala auf 0 bis 150 mikro-gramm/liter gesetzt, da ab 150 eh Gesundheitsgefahr besteht. Aber dieser Wert wird ohnehin nur selten erreicht. Nächster Schritt wäre dann das Auslesen der durch die Landesanstalten erhobenen Messwerte zur Chlorophyll-Konzentration um das Modell auf den lokalen Raum und Zeit anzupassen. Aber das ist ein Thema ganz für sich.


Ich hab die Datei mal in einer OnlineBox gepackt, ihr könnt sie euch runterladen unter:
https://boxup.uni-potsdam.de/index.php/s/VfvxBrVgX7eOtHk
passwort: havelgruen
Die KMZ enthält wie gesagt 4 zeitliche Stadien, also 4 Bilder. Leider ist GoogleEarth extrem lahm in der Darstellung. Nicht irritieren lassen, wenn man die Zeitabschnitte an und abklickt, kann es dauern bis sie wieder geladen sind - nach 2 mal hat er es im RAM und man kann schnell schalten.

viel Spass dann erstmal damit
 

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geomujo

Well-Known Member
So, ich bin jetzt erstmal durch und hab noch 2018 als KMZ zur Verfügung gestellt. Dieses Jahr kann man fast durchgehend das Wachstum im 4-Wochen-Rhythmus beobachten, da in jedem Monat außer Januar ausreichend wolkenfreie Bilder zur Verfügung standen. Das Ergebnis ist eine ziemlich eindrucksvolle Zeitreihe des Chlorophyll-Wachstums der mittleren Havel und Umgebung.

Im innerstädtischen Bereich von Potsdam z.B. sieht man die ganz charakteristische Form der Seerosenfelder. Also der Index springt auf alles an, was Chlorophyll hat. Und das sind dann eben auch Seerosen oder Schilfgürtel. Schön zu erkennen ist der Jahresgang der Havel. Der Plessower See z.B. ist im Winter eher trüber als die Havel, im Sommer aber deutlich klarer. Der Rangsdorfer See scheint das ganze Jahr über trüb zusein, zeigt fast überhaupt keine Schwankung im Jahresgang. Aber der ist eh NSG.
Was man direkt aus den Karten entnehmen kann ist auch die Gewässertiefe. Bsp. die beiden Lienewitzer Seen. Der große flache ist im Sommer ziemlich trüb, wärend der kleinere deutlich tiefere südlich davon auch im Sommr noch gute Badewasserqualität hat.

Die Datei Havel_Potsdam_Chlorophyll-a_Map_2018.kmz findet ihr im selben Ordner der UPBox. Viel Spass damit.
https://boxup.uni-potsdam.de/index.php/s/VfvxBrVgX7eOtHk
passwort: havelgruen
 
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