AW: Gibt es schnurscheue Hechte?
Die Antwort auf die Frage, ob Hechte schnurscheu sind, ist ein deutliches Vielleicht. Selbst Bernds Beobachtungen und Ableitungen ändern daran nichts, da auch beim Deadbaitangeln Schnur verwendet wird... :q
Es geht also vielmehr um evtl. Vorfachscheue, was ich persönlich nur verneinen kann.
Das gilt selbstverständlich auch für die Angeltage, an denen niedrige Temperaturen eine Zeitlupen(kunst)köderführung voraussetzen. Hecht also, ähnlich wie beim passiven Deadbaitangeln, alle Zeit der Welt hat, den Köder ausgiebig zu beobachten.
Ich bin in der glücklichen Lage auf viele Jahre des Hechtangelns zurückblicken zu können, in denen ich ausschließlich mit anderen Hechtverrückten am Wasser war - alleine am Wasser zu sein, war mir immer zu langweilig. Das betrifft auch die Zeit, in der ich selber mit Köderfisch und Pose unterwegs war.
Bedeutet alles nichts anderes, als daß ich immer wieder mal einen Vergleich zu Jungs und Mädels hatte, die meinten, daß man mit monofilen Vorfächern besser oder größer fängt und sich irrten. Dabei spielte es ausnahmslos nie eine Rolle, ob an nahezu unberührten oder stark frequentierten Gewässern gefischt wurde.
Und doch kann ich Bernds Beobachtungen bestätigen, obwohl ich sie auf eine andere Ursache zurück führe: Für mich ists eine Frage des "Charakters", wie sich Hecht benimmt. Ja, ganz richtig gelesen!
Denn es gibt sie im Hechtreich, die Draufgängertypen, die Angsthasen und alle Zwischenschattierungen. Fische in guten Größen, also ab 90, die ich dreimal pro Tag fangen kann, wenn ich es darauf anlege, die oft sehr standorttreu sind und förmlich darauf warten, daß man sie besuchen kommt, damit sie einen für kurze Zeit besuchen... #h
Irrtümer sind hierbei übrigens ausgeschlossen, was ungezählte Fotos von denselben Fischen zweifelsfrei belegen.
Schaut man sich einen mit Haken versehenen Hechtköder an, können einem die ersten Zweifel an einer Vorfachscheue kommen, denn nicht selten sind die Köder dann richtig gut, wenn sie aus dem klassischen Beuteschema herausfallen - eben nicht "One in a Million", sondern einem geschmückten Weihnachtsbaum ähnlich sind.
Selbstverständlich gilt das auch für die Deadbaitangelei! Man schaue sich bitte mal einen mit blauen Ralleystreifen versehenen Makrelenschwanz an - für viele Deadbaitangler ein Topköder! Habe ich persönlich noch an keinem Rotauge oder Barsch so gesehen.
Und Ja, es gibt sie, die Mimosen im Hechtreich! Ich nenne sie gern "die besseren Zander". Fische, die morgens schon mit schlechter Laune aufwachen und nichts anderes im Sinn haben, als gutgelaunte Angler zu ärgern.
Fische, die zehn Mal hinter dem Köder herschwimmen, ihn von allen Seiten begutachten um einem schlußendlich die Mittelflosse zu zeigen! Oft beobachtet auch die Hechte, die mit geschlossenem Maul in den Köder schwimmen um den pösen, pösen Eindringling zu verjagen, arghs!
In solchen Momenten streichelt meine Hand das grundsätzlich mitgeführte Dynamitpäckchen in der Köderbox - nein, war Spaß... :vik:
Ich mag mich auch den oft gehörten Meinungen, daß Hechte von ihren ursprünglichen Standplätzen vergrämt werden, weil sie schon alle Köder inkl. Katalogbestellnummer kennen bzw. immer wieder Zahnschmerzen (Fisch und Schmerz? Soso!) erleiden, nicht anschließen. Mensch würde so denken, sicher, aber Hecht ist meiner Meinung nach ganz anders gestrickt und auch diesbzgl. hocheffizient!
Er wechselt seinen Standplatz nur aus zwei Gründen: Arlinghaus fand einen vor ein paar Jahren bereits heraus, indem er Hechten in einem abgeschlossenen See GPS-Sender implantierte und so über lange Zeiträume beobachten konnte, daß es unterschiedliche Verhaltensschemata gibt. Sehr standorttreue Fische, denen man ihre Wohnung förmlich trockenlegen müßte, damit sie sich woanders aufhalten, Fische, die ohne ersichtlichen Grund immer mal wieder den Standort wechseln und Fische, die das ganze Jahr über permanent auf Reisen sind. Ich würde auch bei diesen Beobachtungen von unterschiedlichen Charakteren sprechen und habe noch eine zweite These (Stichwort: Effizienz) parat.
Hecht, als Vorstandsmitglied der Nahrungskette im Wasser, jagt geschätzte 10 bis 20 Mal pro Tag mit durchaus mäßigem Erfolg. Wie auch sonst wäre zu erklären, daß er oft mehrere Male einen Kunstköder attackiert? Sein Instinktrepertoire gibt ihm also mit auf den Weg, daß die einmal verlorene Beute evtl. erst beim zweiten oder dritten Anlauf zum Sättigungsgefühl verhilft. Und genau hier setzt meine These an: Der Hecht, der pro Tag viele Male nicht satt wird, weil Kunstköder nunmal nicht satt machen, wechselt seinen Standplatz ob kurz oder lang, denn sonst verhungert er.
Nicht anders ist zu erklären, daß einstige Topstellen plötzlich wie ausgestorben sind, man jedoch wieder brillant fängt, wenn man Köder montiert, die 10 oder 20 Meter weiter fliegen und somit in Gewässerbereiche gelangen können, die den vorherigen "Bringern" verwehrt bleiben. Wie gesagt, dieselben Fische und unmittelbarer Biß an der weiter entfernten Stelle!
"Die Köderfarbe spielt keine Rolle, Hauptsache, der Bauch ist rot!" So die Ansage eines Bekannten, der seit vielen Jahren sehr gut fängt. Dickes Vorfach, dünnes Vorfach, silbern, braun oder schwarz, alles Mumpitz beim Hechtangeln, denn will er töten, wird er das tun - so oder so und völlig egal, was seiner Beute vorausschwimmt... :g