AW: HV DAFV: Das Elend geht mit Vollgas weiter!
Immer interessant, die Sichtweisen auch anderer zu lesen :
http://thomasguenther.wordpress.com/2014/12/07/nachlese-zur-dafv-tagung/
Dr. Thomas Guenther fiel ja schon mehrmals durch seine Analysen auf - und ich kann ihm hier bei seiner Nachlese zur Trümmertruppenhauptversammlung nicht gross widersprechen..
Vorabveröffentlichung Magazin Januar
Nachlese zur DAFV-Tagung
Wir haben wieder die Erlaubnis von Dr. Günther erhalten, das bei uns im Wortlaut zu veröffentlichen, was wir wie immer gerne machen:
Quelle:
http://thomasguenther.wordpress.com/2014/12/07/nachlese-zur-dafv-tagung/
Der Deutsche Angelfischerverband DAFV hat erwartungsgemäß eine positive Bilanz seiner Jahreshauptversammlung gezogen.
Im vorangegangenen Beitrag haben wir dagegengehalten: Überleben ja, vorerst – aber noch kein Leben.
Auch in den Landesverbänden scheint die Stimmung beim Blick auf den Dachverband durchweg eingetrübt.
Ist man doch mit anstehenden Beitragserhöhungen in den Verbandsalltag zurückgeschickt worden.
Währenddessen wächst die Unzufriedenheit mit der Leistung des Bundesvorstandes.
Verständlicherweise.
Denn kaum ein Landesverband wird die Erhöhungen aus der Portokasse finanzieren. Sie werden ihre Mitglieder zur Kasse bitten müssen, die an kritischen Fragen nicht sparen werden.
Wer eigene LV-Beitragserhöhungen in 2015/ 2016 planen muss, dem kommt das höchst ungelegen.
Zunehmend wird diese Unzufriedenheit auch öffentlich artikuliert. Der Rheinische Fischereiverband hat bereits seinen Austritt verkündet, was die Finanzlage des Bundesverbandes noch einmal verschärft. Man beschäftige sich fast nur mit sich selbst, lautet im Kern die Kritik der Rheinischen. Und auch im Zusammenspiel des Präsidiums gäbe es sichtbare Unstimmigkeiten.
Die Einheit der deutschen Angler, die mit der Fusion aus dem westlichen VDSF und dem ostdeutschen DAV zum DAFV hergestellt werden sollte, rückt in immer weitere Ferne.
Kaum jemand traut diesem DAFV noch zu, das Ruder herumzureißen. Die Liste der ausgetretenen Landesverbände wird immer länger, darauf steht der solvente Landesfischereiverband Bayern, der allem Vernehmen nach vorerst nicht an einen Wiedereintritt denkt. Niedersachsen ist, trotz entgegenstehender Beschlusslage, ebenfalls Austrittskandidat, ebenso wie der besser fusionierte Verband der Hessischen Fischer.
Selbst im so bundestreuen Schleswig-Holstein kann die Stimmung nur als mau bezeichnet werden. Bereits jetzt zeigt ein Blick auf die Deutschlandkarte, dass von Einheit der Angler in diesem Land sogar noch weniger die Rede sein kann, als vor dem Zusammenschluss.
Ob noch wirkliche Lobbyarbeit stattfindet, kann nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Sie ist jedenfalls selbst für beobachtende Insider so gut wie nicht wahrnehmbar. Der Routinebetrieb läuft einstweilen weiter, wenn auch ohne jede Routine. Längst taugt der Begriff “Anlaufschwierigkeiten” nicht mehr, um die Situation zu verharmlosen.
Es ist offensichtlich, dass die Fusion ihr Ziel komplett verfehlt hat. Das einzige, was sie geschaffen hat, ist eine rechtliche Struktur, die nicht funktioniert und von der sich mehr und mehr Angler und Verbände abwenden. Das Präsidium scheint diese wachsende Abkehr lediglich für ein Haushaltsproblem zu halten, das über Beitragserhöhungen gelöst werden kann. Es ignoriert die Argumente, die hinter den Austritten und Austrittsankündigungen stehen. Die mögen nicht immer berechtigt sein, aber es wäre ein Mindeststandard, sich damit auseinanderzusetzen. Längst ist die Zahl der Kritiker nicht mehr in die Sektiererecke zu stellen.
Der Ernst der Lage ist dem Präsidium durchaus bewusst. Wenn die Präsidentin in einem Schreiben an die Landesverbände davon spricht, dass die Notwendigkeit des Nachdenkens über eine Insolvenz bestehe, dann weiß sie, dass es eng wird, auch wenn sie nur diejenigen Verbände disziplinieren will, die ihre Beitragsgelder zurückgehalten haben (eines der wenigen vorübergehend gelösten Probleme). Aber es fehlt an Ideen und Ansätzen, an die Ursachen des zunehmenden Unmutes heranzugehen.
Ein Einheitsverband, der keine Einheit schafft, sondern mehr und mehr Spaltung hervorruft, steht unter einem Rechtfertigungsdruck. Da nützt es nichts zu hoffen, den Verband nach Überwindung der aktuellen Krise weiterführen zu wollen nach Art der Vorgängerverbände.
Doch das Präsidium hüllt sich weiterhin in ein Gewebe aus Schweigen und höchst fadenscheiniger Propaganda. Alles ist gut und wir machen doch - das ist das Signal, das von der Jahreshauptversammlung ausgehen sollte. Unter den Empfängern glaubt daran kaum einer. Das schwindende Vertrauen bewirkt erste Erosionsspuren im Bundespräsidium, das bereits deutliche personelle Lücken aufweist.
Und sollten die Übriggebliebenen einen Plan haben, wie sie die Zukunft der deutschen Angelfischereiorganisation gestalten wollen, dann sollten sie ihn schleunigst bekannt geben. Davon war leider auf der Jahreshauptversammlung und auch sonst nichts zu erahnen.
Nachgerade naiv mutet an, dass der DAFV weiterhin zu suggerieren versucht, er betreibe Lobbyarbeit. Natürlich müssen Themen wie Kleinwasserkraftwerke und Kormoran weiterverfolgt werden.
Aber der Verband muss eben auch Kampagnenfähigkeit wiedergewinnen. Das ist beileibe nicht nur eine Frage des Geldes. Sondern es ist vor allem anderen eine Frage der Mobilisierung der eigenen Basis.
Die wird ohne grundlegende Änderungen der Informations- und Willensbildungspolitik nicht zu haben sein. Der Verband muss endlich die Möglichkeiten der Teilhabe und des Einbringens deutlich verbessern. Das habe ich bereits vor rund 15 Jahren in einem Bericht an das Präsidium geschrieben. Seither hat sich die Situation eher verschlechtert denn verbessert.
Peinlich ist, dass andere “grüne” Verbände bei diesem Thema einen Vorsprung von mehr als zwanzig Jahren haben.
Stattdessen werden weiterhin Kritiker aus den Landesverbänden mit rechtlichen Sanktionsdrohungen kujoniert.
Ein neuer Fahrer und etwas neuer Lack bringen halt noch keine bessere Motorleistung. Das Präsidium agiert in seiner gesamten Führung komplett ideenlos. Es behilft sich stattdessen mit Kopien des Gestrigen. In einer beschleunigten Welt funktioniert das jeden Tag schlechter.
Auch der neue Finanzausschuss wird es nicht leicht haben, etwas zu bewirken; denn auch die Landesverbände flüchten sich in Erwartungshaltungen, ohne klare Forderungen zu formulieren.
Die Wirkung, die das Präsidium in der Jahreshauptversammlung zu erzielen versuchte, ist ganz offenkundig ausgeblieben.
Lediglich der Eintritt größerer Katastrophen konnte abgewendet werden.
Die Strukturprobleme sind weiterhin ungelöst und tauchen auf keiner Agenda auf.
Es ist eine Frage der Zeit, bis sie das Präsidium einholen werden, wenn es sich weiterhin verweigert, sie anzupacken. Schon immer war es tödlich, wichtige Themen nicht zu besetzen.
Die Positionen, mit denen man das tut, müssen ja nicht unbedingt richtig sein, aber man muss sie setzen.
Das, worüber das Präsidium nicht spricht, ist ja deswegen nicht aus der Welt.
Die interessierte Anglerschaft spricht darüber.
Wenn es das Präsidium nicht tut, gibt es seinen Führungsanspruch auf. Falls das DAFV-Präsidium jemals einen hatte.
Damit kann keine Organisation auf Dauer leben.
Dr. Thomas Günther