AW: Kommentar: Osnabrück streicht Angel-Kurse aus Ferienpass
Mein Schreiben vom heutigen Tage an die Stadt Osnabrück:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Griesert,
aus den Medien habe ich entnehmen können, dass Sie die bisherigen Angelkurse aus Ihrem Ferienangebot im Ferienpass 2017 gestrichen haben und auch offenbar nicht gewillt sind, dieses Angebot wieder aufzunehmen.
Als Begründung führen Sie an, das Angebot sei aus ethischen und moralischen Gründen nicht aufrecht zu erhalten.
Das ist weder nachvollziehbar noch verständlich.
Das Angeln ist grundsätzlich erlaubt, nicht verboten und fester Bestandteil der menschlich-kulturellen Entwicklung.
Im Rahmen des Ferienprogramms 2016 hat Ihnen die zuständige Staatsanwaltschaft nach den Anzeigen der Tierrechtsorganisation Peta dies hinreichend durch Verfahrenseinstellungen bestätigt.
Wie kann das Angeln und Ihr Angebot im Ferienpass danach also ethisch-moralisch verwerflich sein, zumal es wohl von den Kindern und den Eltern einen hohen Zuspruch erhält?
Sämtliche von der Organisation Peta vorgetragenen Gründe, weshalb das Angeln als ethisch-moralisch verwerflich aufzufassen sein soll, überzeugen nicht und bergen die Gefahr in sich, den Menschen von der Natur und seinen Lebensgrundlagen zu entfremden. Peta ist daher auch keine Tierschutz-, sondern eine Tierrechtsorganisation. Es geht nicht primär um den Schutz der Tiere, sondern darum, dass das Tier dem Menschen gleichzustellen ist. Dies müsste zu einer schwerwiegenden Umgestaltung der menschlichen Kultur führen, da sämtliche Nutzziehung aus Tieren oder die Verwendung tierischer Produkte danach unterbleiben soll.
Aus welchem Selbstverständnis heraus, nimmt die Peta eigentlich die Berechtigung uns alle, aber offenbar insbesondere Sie und Ihre Bürger, zu bevormunden? Andere von solchen Aktionen Betroffene haben da gegenüber dem Ansinnen von Peta anders entschieden und sich deutlich dagegen artikuliert. Ein hinter Peta stehender und vom Bürgerwillen getragener Anspruch ist ebenfalls nicht erkennbar. Die Peta ist weder eine Partei, noch kann sonst eine Legitimation für ihre Bevormundung hergeleitet werden.
Mithin das Gegenteil dessen, was Peta zur Erreichung des oben dargelegten Zieles glaubhaft machen möchte, ist der Fall.
Aus ethisch-moralischen Gründen ist die Beibehaltung des Angelangebotes in Ihrem Programm für die kindliche Entwicklung gerade wichtig und wünschenswert.
Kinder lernen dadurch in der Natur selbst unmittelbar und intensiv den verantwortungsvollen Umgang mit dem Leben, den Nahrungsmitteln und -grundlagen und erfahren und begreifen ihre Umwelt. Es gehört zur unabdinglichen kindlichen Selbsterfahrung zu erleben, wie die eigene Nahrung entsteht, lebt und zum Nahrungsmittel wird, welches das Kind insbesondere auch selber verzerrt.
Generationen von Kindern hat dies nicht geschadet und dies soll nun anders sein? Ein Grund hierfür wird nicht benannt und ist auch nicht erkennbar.
Ein Kind hat und darf erfahren, dass ein Fisch nicht als ein völlig entfremdetes länglich paniertes Fischstäbchen existiert, wie eine (lila)Kuh, ein (Oster-)Hase und ein Mc-Hühnchen tatsächlich aussieht. Die Vorstellungen der von der Natur entkoppelten Kinder entsprechen mittlerweile durchaus tatsächlich diesen von der Werbung geprägten Bildern.
Wenn dies die Elternhäuser aufgrund beruflicher Notwendigkeiten heute nicht mehr selbst vermitteln können, dann kann dort aufgrund dieser gesellschaftlichen Entwicklung nicht die alleinige Schuld für diese Vorstellungen gesucht werden, sondern auch Sie als Stadt Osnabrück, als öffentlich-rechtliche Kommune und Organisationsstruktur unserer Gesellschaft trifft vor allen anderen daher eine besondere
erzieherische Verpflichtung. Ihre Rolle wird damit immer wichtiger und dieser Aufgabe sollte man gewachsen sein und diese wahrnehmen. Ihr Ferienprogramm und insbesondere das Angelangebot ist dafür das geeignete Mittel, um unsere Kinder u.a. zu einem verantwortungsvollen und vollwertigen Mitglied unserer sozialen Gesellschaft zu entwickeln.
In meiner Kanzlei werden jugendstrafrechtliche und familienrechtliche Mandate bearbeitet. Aus dieser Arbeit heraus resultieren u.a. vielfältige Kontakte zu den Fachbereichen der kommunalen Träger, weiterer sozialer Einrichtungen, Gutachtern, Ärzten und vor allem dem Menschen selbst.
Aus meiner langjährigen Berufserfahrung heraus, kann ich Ihnen nur bestätigen, dass es in vielen Fällen in der Erziehung der Kinder wünschenswert gewesen wäre, wenn der verantwortungsvolle Umgang mit Menschen, Tieren und der Natur vermittelt worden wäre, anstatt mit ihrer Freizeit vor lauter Langeweile nichts anfangen zu können oder vollständig von ihrer Außen- und Umwelt entkoppelt aufzuwachsen.
Meistens kommen diese Erkenntnisse und Einsichten für alle Beteiligten, aber insbesondere für die dann betroffenen Kinder, leider zu spät. Umso wichtiger und entscheidender ist, dass durch Ihr Ferienprogramm und insbesondere das Angelangebot so früh wie möglich solchen Fehlentwicklungen entgegen gewirkt wird. Hierbei kommt es darauf an, dass vielfältige Angebote für die unterschiedlichen Interessen angeboten werden. Die Kinder oder Ihre Eltern auf andere Angebote zu verweisen, obwohl für diese kein Interesse besteht, wird wenig Erfolg zeigen und führt zu obigen Problematiken.
Das Angelangebot wurde bisher wohl sehr gut angenommen und erhielt einen überwältigenden Andrang. Dessen Ausfall ruft nun einen Frustrationsgedanken hervor und es wird im schlimmsten Fall auch Abstand vom Ferienangebot insgesamt genommen.
Dies kann nicht Sinn und Zweck dessen sein, was oben bereits ausgeführt worden ist.
Mir erschließt es sich aufgrund aller dieser Umstände daher nicht, wie diese Chance von Ihnen so leichtfertig vertan werden kann.
Statt dessen lassen Sie sich als Stadt Osnabrück zu einem Werkzeug dieser Organisation machen und übernehmen offenbar deren offensichtlich fehlgehende Begründung zur Absage des Angebotes.
Es wirkt daher schon unerträglich und grotesk, dass nach dem die Peta in der Vergangenheit mit für diese Organisation kostenlosen und unhaltbaren Strafanzeigen, deren Verfahrenskosten der Steuerzahler zu tragen hat und die Justiz belasten, nun auf diesem Wege Sie, die Stadt Osnabrück und Ihre Einwohner, weiterhin versucht für eigene Zwecke zu verwenden.
Nun ergreift die Peta wohl auch noch Ihre Verteidigung nach Außen und maßt sich offenbar an, den vom Bürgerwillen getragenen politischen Parteien die Stellungnahme hierzu abzusprechen.
Ein unglaublicher Vorgang.
Durch so etwas wird nicht nur das Ansehen der Stadt Osnabrück erheblich beschädigt, sondern insgesamt das Vertrauen in die Unabhängigkeit der „öffentlichen Hand“!
Der aufkommende Unmut in den Medien, betroffenen Verbänden, der Berichterstattungen in den Zeitungen und Leserbriefen, auf Ihrer Website und den heutzutage allgegenwärtigen Internetforen müsste Ihnen doch Anzeichen genug sein, dass das, was die Peta von Ihnen fordert, keinen allgemeinen Konsens in der Bevölkerung findet.
Selbst ich sehe mich als Nichtbürger der Stadt Osnabrück veranlasst, meine Arbeitszeit für dieses Schreiben zu opfern.
Mir wurde das Angeln im übrigen selbst in frühesten Kindertagen durch meinen Vater vermittelt. In der Schule haben wir Angel-AG‘s und Erlebnisaufsätze über das Angeln geschrieben und vorgetragen. Für mich sind dies u.a. die schönsten Kindheitserinnerungen, die auch bis heute nachwirken und an die ich mich gerne erinnere.
Keiner meiner mir aus dieser Zeit noch bekannten Mitschüler, mit denen ich durch solche Angelerlebnisse in der Kindheit bis heute verbunden bin, ist dadurch in seiner Entwicklung geschädigt worden. Diese Personen sind heute u.a. Professor, Doktor, Prokurist, Studienrat, Polizeibeamter, leitender Angestellter und auch die weiteren Personen sind sämtlichst in der Gesellschaft fest verankerte, anerkannte und etablierte Persönlichkeiten mit Familien.
Nach alle dem möchten Sie die Streichung des Angelangebotes aus Ihrem Ferienprogramm 2017 sicherlich noch einmal überdenken, um es wieder aufzunehmen.
Ich bin mir sicher, dass Sie vielen Kindern und Familien damit eine Freude machen und die dadurch gemachten gewinnbringenden Erfahrungen lange in das weitere Leben zu unser aller Nutzen fortwirken.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt