Neue Kormoranverordnung: Keine Gnade für die Äsche

Pressemitteilung des Angelverband Niedersachsen

Neue Kormoranverordnung: Keine Gnade für die Äsche - Anglerverband fordert klares Bekenntnis zum Fischartenschutz

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Scharfe Kritik üben die Fischexperten vom Anglerverband Niedersachsen e.V. (AVN) an der Verkürzung der Jagdzeit für den Kormoran und fordern Ausnahmegenehmigungen für die Bejagung auch in Schutzgebieten. Nur, wenn eine Bejagung im März weiterhin möglich sei, könne man die stark gefährdete Äsche vor dem Aussterben schützen. Monatelang hatte der Verband für einen besseren Schutz bedrohter Fischarten beim Ministerium für Umwelt geworben - jetzt stößt dem AVN die Neufassung der Kormoranverordnung in Niedersachsen sehr bitter auf.

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Sie ist wunderschön, in Niedersachsen aber stark gefährdet: Rote Liste 2, Bestandstrend: negativ - die Äsche.
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Kaum jemand kennt die elegante Lachsverwandte mit der prächtigen Rückenflosse, die einst so häufig war, dass eine ganze Fließgewässerregion nach ihr benannt wurde. In der "Äschenregion" liegen Mittelgebirgsflüsse wie Rhume, Oker, Leine und Ilme im Süden Niedersachsens oder die Heidegewässer Seeve, Ilmenau, Böhme und Örtze - sie gehörten zu den besten Äschengewässern des Landes. Nicht umsonst wurden sie als "höchst prioritäre Gewässer" eingestuft. Noch heute sind sie in vielen Abschnitten strukturreich und ökologisch weitgehend intakt. Trotzdem sind ihre einstmals berühmten Äschenpopulationen um bis zu 95% eingebrochen.
"Wir können in Niedersachsen einen unmittelbaren Zusammenhang herstellen zwischen der europaweiten Zunahme der Kormoranpopulation und dem kurz darauf folgenden Rückgang unserer Äschenbestände", erläutert Dr. Matthias Emmrich vom Anglerverband Niedersachsen (AVN). Genauso sei es den Beständen in Bayern, Hessen, Thüringen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen ergangen: Der wachsende Fraßdruck einer wachsenden Kormoranpopulation habe die Äschenbestände nahezu überall bis auf ein Minimum dezimiert.

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Kormoran nicht mehr bedroht, aber massiv geschützt

Mehr als 1,1 Millionen Kormorane gibt es in Europa - die Art ist nicht mehr bedroht, wird aber trotzdem seit 1979 über die EU-Vogelschutzrichtlinie geschützt. Eine Aufnahme in die Liste der jagdbaren Wildtiere wurde verhindert, ein effizienter Schutz von bedrohten Fischarten damit ebenfalls.
Gut 7.000 Kormorane halten sich im Winter in Niedersachsen auf. Jeder frisst pro Tag etwa 400-500g Fisch. In Dänemark erbeuteten Kormorane innerhalb von drei Wochen im Januar / Februar 75% der von Wissenschaftlern markierten Äschen eines mittelgroßen Fließgewässers. Die Forscher fanden die Marker unter Schlaf- und Ruhebäumen der Vögel.

"Der Spätwinter ist die kritische Zeit für den Schutz unserer Äschenbestände", weiß auch Dr. Matthias Emmrich. "Wenn Stillgewässer in der Umgebung im Winter zufrieren, weichen Kormorane zur Jagd auf Fließgewässer aus." Äschen seien dann eine leichte Beute: In Schwärmen sammeln sie sich vor Beginn der Laichzeit im Februar und März im flachen Wasser. Anders als Bachforellen und andere Fischarten suchen sie den Schutz des Schwarms und weichen so gut wie nie in Verstecke aus.

Genau in dieser kritischen Zeit hat das Umweltministerium auf Empfehlung seiner Fachbehörde, der Staatlichen Vogelschutzwarte, in der Neufassung der Kormoranverordnung jetzt die Bejagung untersagt. Aufgrund klimatischer Veränderungen beobachte man, dass in Niedersachsen mehr Kormorane früher mit der Brut begönnen, so die Staatliche Vogelschutzwarte. Eine Bejagung ist ab 2020 nur noch bis zum 28.02. möglich. Dabei hatten die Abschüsse in der Vergangenheit nachweislich keinen negativen Effekt auf den Brutbestand in Niedersachsen oder deutschlandweit. Man hätte also ohne Gefährdung des Kormorans an der bestehenden Jagdzeit festhalten können.

Vogelschutz vor Fischschutz!

"Wieder einmal geht Vogelschutz vor Fischschutz - und das 2019, das kann doch nicht sein!" beschwert sich Werner Klasing, Präsident des AVN, und erläutert die Misere: "Um Wiesenvögel in Schutzgebieten angemessen zu schützen, sanktioniert und finanziert (!) der NLWKN die Jagd auf Beutegreifer wie Fuchs, Wiesel, Marder & Co, und zwar ganzjährig, ohne Rücksicht auf deren Trag-, Wurf- und Aufzuchtzeiten. Und mit dem nächsten Atemzug verwehrt die Oberste Naturschutzbehörde bedrohten Fischarten diesen Schutz - von den finanziellen Mitteln gar nicht zu reden. Sind unsere heimischen Fische der Landesregierung wirklich so wenig wert?"

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Anglerverband fordert Ministerialerlass und Schutzkulisse


Jetzt brauche es vor Jahresende einen Ministerialerlass, der das Erteilen von Ausnahmegenehmigungen für die Bejagung in Schutzgebieten empfehle und erleichtere, so Klasing: "Hier kann der Umweltminister endlich beweisen, dass ihm Fische nicht egal sind!"
Bislang verweigerten die meisten Unteren Naturschutzbehörden diese Genehmigungen auf Anfrage von Angelvereinen oder stellten hohe Geldbeträge und lange Bearbeitungszeiten für die Bearbeitung in Aussicht, die viele Vereine abgeschreckt haben.

Dr. Matthias Emmrich: "Niedersachsen trägt für den Erhalt und den Schutz der Äsche eine bundesweite Verantwortung - genauso wie für den Rotmilan. Wenn es der Landesregierung damit ernst ist, brauchen wir zwingend diesen Erlass - zumindest für die Bejagung an den "höchst prioritären" Äschengewässern des Landes. Denn die liegen alle in Schutzgebieten."

Außerdem wirbt der Biologe für eine Schutzkulisse für die Äsche. Die würde die bedrohte Schönheit endlich auf das Silbertablett der Naturschutzbemühungen des Landes hieven - und genau da gehöre sie hin, so Emmrich. Sonst verliere Niedersachsen dank einer allzu einseitigen Naturschutzpolitik bald ein echtes Juwel seiner heimischen Gewässer.

Info: Kormoranverordnung

Die Kormoranverordnungen der Länder (KVO) regeln die Bejagung - letale Vergrämung - des Kormorans im Einzugsbereich fischereilich bewirtschafteter Gewässern und Fischzuchtanlagen / Teichwirtschaften.
In Niedersachsen dürfen erwachsene Kormorane in einem Radius von 500 m um bewirtschaftete Gewässer ab sofort nur noch im Zeitraum vom 21. August bis 28. Februar, subadulte Vögel (weiße/helle Brust) ganzjährig bejagt werden.


Jagdberechtigte müssen umfangreiche Abschussberichte abliefern.


Die KVO in Niedersachsen galt bislang für jeweils fünf Jahre, lief am 31.12.2016 aus und wurde anschließend zunächst um drei Jahre verlängert mit der Auflage, die Wirksamkeit der darin festgeschriebenen Management-Maßnahmen zu prüfen.
Der AVN hat den Evaulierungsprozess aktiv begleitet und im Rahmen der Verbandsbeteiligung Kritk an der Verkürzung der Jagdzeiten geübt, der nicht stattgegeben wurde. Die Neufassung der KVO tritt am 01.01.2020 in Kraft.


Anmerk. der Redaktion: Im Anhang findet Ihr noch die komplette Stellungnahme des Angelverband Niedersachsen

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Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ist vielleicht ne Frage des Begriffs. Jagd (also das Schießen der Vögel) könnte nur dann den Bestand senken, wenn sie sehr intensiv und flächendeckend (also europaweit, da die Kormorane weit ziehen. So, wie es derzeit praktiziert werden darf, sind es lediglich Vergrämungsabschüsse. Wenn z. B. an einer Teichwirtschaft ständig Druck gemacht wird, meiden die Vögel die Gewässer etwas und ziehen halt woanders hin. Am Bestand ändert das so gut wie gar nichts. Das war auch früher nicht anders.

Wie hier schon mehrfach geschrieben, wäre es recht einfach umzusetzen, den Bruterfolg einzuschränken. Das ist dann aber keine Jagd. I

Stimmt schon was du schreibst. Sie wurden ja auch europaweit bzw. sogar weltweit stark bejagt.
 
Hallo,

Die Äsche als Vogelfutter zu verheizen, ist eine absolute Schande.

Deshalb wird in unserem Vereinsgewässer keine Äsche mehr besetzt, obwohl wir das über die FA gefördert bekämen.

Früher hat das noch super geklappt, aber seit dem Kormoraneinfall kam halt kaum noch was hoch. Vergrämung ist bei uns nicht erlaubt.

Dann sollen die Fördergelder / Setzlinge lieber an Gewässerbewirtschafter gehen, wo die Äschen noch ne gewisse Chance hat.
 
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