Neue Studie zum Thema Keschernetze

geomujo

Well-Known Member
Hallo, im North American Journal of Fisheries Management erschien letztes Jahr von R.J. Lennox et. al ein neuer Artikel zur Verträglichkeit von Keschernetzen. Untersuchungsgegenstand waren vier verschiedene Netzsorten:
https://www.researchgate.net/public..._Time_and_Tissue_Damage_of_Angled_Brook_Trout

A) Large Rubber Mesh mit 25mm Maschenweite(schlecht beschrieben, es handelt sich um ein 100% Voll-Silikon-Netz was wir gerne als 'Vollgumminetz' bezeichnen)
B) Ein klassisches gewebtes Nylon-Micro-Netz wie wir es aus dem Friedfischbereich kennen mit 2mm Maschenweite
C) Ein geknotetes Polypropylen-Netz mit großer Maschenweite (Vergleichbar mit einem geknotetem Nylon-Netz mit 40mm Maschenweite
D) Knotless rubber coated nylon mesh (das klassiche gewebte Nylon-Netz mit Gummiüberzug und 6mm Maschenweite
E) Handlandung

Untersucht wurden Verletzungen folgender Art ... :
I) Flossenverletzungen
II) Schuppenverlust
III) Schleimhautverlust
IV) Handling time/dehooking time (Zeit die es benötigt den Fisch wieder ins Wasser zu bekommen, bzw. ihn zu enthaken) beide wurden zusammengefasst, da keine signifikanten Unterschiede zu Tage traten
... am Bachsaibling Salvelinus fontinalis.

Ergebnisse
I) Flossenverletzungen
Geknotetes Nylonnetz C zeigt den größten Ausschlag und damit die meisten Verletzungen gefolgt vom Vollgumminetz A. Handlandung und gummiertes Netz D zeigen geringe Beschädigungen. Micro-Nylonnetz B zeigt keinerlei Flossenschäden
II) Schuppenverlust
Micro-Nylonnetz B zeigt größten Schuppenverlust, dicht gefolgt von der Handlandung bzw. dem gummierten Netz D. Vollgumminetz A erzwingt wenig Schuppenverlust und das geknotete Mono-Netz C zeigt den geringsten Schuppenverlust
III) Schleimhautverlust
Vollgumminetz A zeigt den geringsten Schleimhautverlust. Handlandung und geknotetes Mono-Netz C zeigen mittlere Verluste und die stärksten Beschädigungen der Schleimhaut rufen die gummierten Nylonnetze D und in vorderster Front das Nylon-Micronetz B hervor.
IV) Handling time
Wenig überraschend lag das feine Nylon-Micronetz B hier am weitesten vorne, im negativen Sinne. Durchschnittlich 52 Sekunden dauert der gesamte Anlandungs, Enthakungs- und Releasevorgang und liegt damit fast als doppelt so weit entfernt vom Rest, die mit durchschnittlich 32 Sekunden eine noch akzeptable handling time aufweisen. Am schnellsten geht die Handlandung mit durchschnittlich 23 Sekunden

Zusammenfasung:
1) Flossenverletzungen (und das dürfte Artenunabhängig sein) sind eien direkte Funktion der Maschenweite. Steigende Maschenweite - mehr Flossenverletzungen.
2) Genau gegenteiliges Bild zur Flossenverletzungen. Je grobmaschiger, desto weniger Schuppenverlust. Hier ist interessant, dass die Handlandung ebenfalls nichz besonders Schuppenschonend ist.
3) Schleimhautverlust ist Maschenweitenunabhängig. Hier komt wohl die glatte runde Oberfläche des Silikons zum Tragen, was für die Schleimhaut wohl das Beste ist.
4) Enge Maschenweite kombiniert mit Nylon-Geflecht ist der TOD für jeden mit dem Wobbler gefangenen Hecht!

Fazit:
Das Bild ist nachwievor unvollständig. Es wurden keine engmaschigen Mono-Netze getestet. Ferner wurde nicht auf den Punkt Gewicht Bezug genommen. Beim Saiblingsangeln am Bach mag ein Vollgumminetz am eleganten Echtholz-Kescher ja das Richtige sein. An der Spundwand in der City auf der Jagd nach Barschförmigen fällt diese Variante am 3m-Kescherstock leider weg. Die Belange des urbanen Anglers wurden also wiedermal nicht berücksichtigt.

Was nehmen wir nun mit aus der Studie?
Hechte und Barschartige Fische zeigen keinen exorbitanten Schuppenverlust, wie ihn die Salmoniden zeigen. Die lange Handling time des Micro-Nylon-Netzes wiegt jedoch dies nicht auf.
Flossenverletzungen sind für den Fisch weniger lebensbedrohlich als Schleimhautverletzungen. Schlussfolgerung ist, dass die Maschenweite für Nicht-Forellenangler nicht so entscheidend ist. Sttdessen sollte auf ein Netz Wert gelegt werden, dass den Punkt der Schleimhautverletzung und die handling time so gering wie möglich hält. Da kommt natürlich wieder das Vollgumminetz zum Tragen gefolgt vom grobmaschigen Nylon-Netz C. Um die Frage nach Schleimhautverletzungen durch enge oder grobe geknotete Mono-Maschenweite zu beantworten sind weitere Studien nötig. Es zeigte sich aber in einer anderen Studie, dass besonders Hechte überhaupt keine grob geknoteten Mono-Netze mögen, da diese zu starken Schleimhautverlusten führen. Leider ließ die Studie damals offen, wie sehr und schnell sich Schleimhaut vom Esox im Vgl. zum Zander/Barsch/Forelle wieder regenerieren udn was das langfristig für einen Einfluss auf die Sterblichekit hat. Eine weitere andere Studie kam zu dem Ergebnis, dass der Einsatz von Drillingen keine erhöhte Sterblichkeit hervorruft als wenn man Einzelhaken einsetzen würde, lediglich eine indirekte Folge mehrerer Hakenspitzen ist eine längere handling time.Von der Handlandung wird bei Salmoniden abgeraten. morphologisch den Hechten sehr ähnlich sind diese sehr muskulös und neigen stark zum Zappeln, was darin mündet das die Fische manchmal fallen gelassen werden und damit auf den Boden aufschlagen, was der Gesundheit auch nicht gerade zuträglich ist.

Was ist nun das richtige Netz?
Das muss jeder für sich selbst entscheiden, anhand der Rahmenbedingungen unter denen er Angelt. Die Rahmenbedingungen sind die Gewässermorphologie und der daraus resultierende Zugang physischer Art. Die verwendeten Köder (Haken), und natürlich der Zielfisch. WEer z.B. auf Forellen angelt, sollte feine Nylon-Netze und gummiüberzogene Nylon-Netze meiden und stattdessen auf Vollgmmi oder Mono setzen. Wer sich mit Hechten plagt, greift am Besten zum Vollgummi, womöglich auch zum feinen Mono-Netz (derzeit unsicher). Und wer Jagd auf Barsch und Zander macht greift ebenfalls zum Vollgummi, sollte aber dringend feine gewebte Nylon-Netze B meiden, wegen der Schleimhautverletzungsgefahr.
 
Zuletzt bearbeitet:

Riesenangler

Well-Known Member
Ich verwende zum Raubangeln nur vollgumminetz. Ich bin zu faul um Haken und Drillinge aus Plaste oder Stoffnetze fummeln.
 

geomujo

Well-Known Member
Grundsätzlch bin ich da ganz bei dir. Damit geht das Enthaken wirklich am schnellsten und sichersten. Aber man hebt sich ein Bruch wenn der Kescher länger als 1,50m wird.
 

geomujo

Well-Known Member
Das ist der Haken der Geschichte. Die Studie nimmt leider keinen Bezug auf die Keschergröße. Hab hier zwei Netze aus Vollgummi. Eines in üblicher Größe wie es fast überall verbaut/verkauft wird. Und eines, dass wirklich Hechttauglich ist. Das ist das Berkley Retractable Snapper Net mit der Artikel-Nr.1283008. Leider ist das Modell eingestellt worden und es gibt keinen Nachfolger. Bei anderen herstellern gibt es diese ganz größe Netzgröße leider nicht. Das kleinere Netz jedenfalls führt zu deutlichen Flossenverletzungen bis hin zum Bruch der tragenden Flossenstrahlen der Schwanzflosse!
Aber es gibt das Netz als Rohnetz bei Ali: https://de.aliexpress.com/item/Diameter-21-6-55cm-Depth-24-8-63cm-Large-Mesh-Clear-Rubber-Fishing-Landing-Net/32666445672.html
 

Anhänge

  • 1283008_2_tb.jpg
    1283008_2_tb.jpg
    76,1 KB · Aufrufe: 202

Allround-Angler

Well-Known Member
Es wurden keine engmaschigen Mono-Netze getestet.
> Schade, engmaschige, knotenlose Mononetze würde ich als besonders schonend einschätzen.

Interessant, dass engmaschige die Schleimhaut schädigen, grobmaschige eher die Flossen, was aber nicht so wichtig ist wie die Schleimhaut.
Ganz schräg: Die Handlandung schädigt die Schleimhaut wohl auch, wie ist das möglich, oder wurde nur die Sterblichkeit untersucht? Zur Handlandung muss ich den Fisch ja müder drillen, um gut unter den Kiemendeckel zu kommen.
 

geomujo

Well-Known Member
Im Test als solches Kamen keine Fische ums Leben. Was aber nicht heißen mag, dass die Verletzungen langfristig nicht doch zum Tod führen können. Wenn der Fisch in der Hand zappelt, runterfällt und wieder in der Hand zappelt, wirkt das natürlich negativ auf die Schleimhaut. Mir fällt auch ab und an ein Fisch unerwartet runter. Reflexhaft strecke ich dann das Bein etwas aus und lenke die Fallbahn in Richtung Wasser. Das mag unfein aussehen, ist in meinen Augen aber doch in der Situation die sinnvollste. Das erspart dem Fisch das Aufschlagen auf den harten Boden und die Fläche, die mit dem Boden in Kontakt kommt ist kleiner, als wenn er auf den Schuh fällt. Und er ist schneller wieder im wasser - wenn auch unkontrollierter.
 

Dorschbremse

Urlaub ist grundsätzlich zu kurz
Teammitglied
Ohne jetzt zynisch sein zu wollen- ernsthaft;

Ich stelle die Behauptung auf, dass sämtliche Fische dieser Studie verreckt sind.

Nicht wegen der Keschernetze, sondern aufgrund des Handlings zu den umfangreichen Untersuchungen zu

I) Flossenverletzungen
II) Schuppenverlust
III) Schleimhautverlust
 

geomujo

Well-Known Member
Das müsste man mal beim Autor erfragen. Wenn damit aber eine Erkenntnis gewonnen wurde, die anderen Fischen womöglich das Leben rettet, mächte die Sache wiederum durchaus Sinn. Wenig Sinn machen Studien die unvollständig sind oder methodische Mängel aufweisen, denn dann wären sie nämlich tatsächlich umsonst gestorben.
 

Dorschbremse

Urlaub ist grundsätzlich zu kurz
Teammitglied
Ich bezog mich auf deine Aussage "Im Test als solches kamen keine Fische ums Leben"....

Wenn man nur mal so überlegt, wie schnell Fische durchs Handling beim Fang Schäden an der Schleimschicht bzw. - Haut davontragen und an Verpilzung etc eingehen - dann braucht man da keine großen Überlegungen bezüglich der Mortalität nach aufwändigen/komplizierten Untersuchungen oder Vermessungen mehr anstellen.
 

Bilch

Otto-Normalangler
Ich bezog mich auf deine Aussage "Im Test als solches kamen keine Fische ums Leben"....

Wenn man nur mal so überlegt, wie schnell Fische durchs Handling beim Fang Schäden an der Schleimschicht bzw. - Haut davontragen und an Verpilzung etc eingehen - dann braucht man da keine großen Überlegungen bezüglich der Mortalität nach aufwändigen/komplizierten Untersuchungen oder Vermessungen mehr anstellen.
Da gebe ich Dir vollkommen recht. Es gibt aber wahrscheinlich unzählige Angler, die sich darüber gar nicht bewusst sind. Wenn dann wegen so einer Studie eine gewisse Zahl der Angler ihre Vorgangsweise bei der Fischlandung ändert (das diese schleimhautschonender ist), kann man eine solche Studie trotzdem als moralisch akzeptabel betrachten.
 

Dorschbremse

Urlaub ist grundsätzlich zu kurz
Teammitglied
Oh- falls der Eindruck entstanden ist, ich würde mit dem Posting darauf abzielen, dann SORRY!

Unter diesem Aspekt /Gesichtspunkt halte ich das ebenfalls für gerechtfertigt bzw sinnvoll!
 

Uzz

Active Member
Die meisten Ergebnisse sind nachvollziehbar. Probleme habe ich mit:
Zusammenfasung:
...
2) Genau gegenteiliges Bild zur Flossenverletzungen. Je grobmaschiger, desto weniger Schuppenverlust. Hier ist interessant, dass die Handlandung ebenfalls nichz besonders Schuppenschonend ist.
Wie kommt es dazu? Ich hätte das Gegenteil erwartet. Mein Gedanke wäre, dass sich mit kleineren Maschen die Fisch"last" auf mehr Fäden des Netzes verteilt und der einzelne Faden damit dank geringerer Kraft auf den Fisch eine geringere Chance hat, sich an einer Schuppe einzuhängen und sie herauszulösen. Die beim feinmaschigen Netz höhere Zahl der mit dem Fisch in Kontakt kommenden Netzfäden scheint diesen Effekt jedoch zu überkompensieren. Erstaunlich!

Insbesondere wenn man die Maschenweite mal theoretisch extrem weiter verkleinert (also gegen 0 laufen läßt) vermute ich ganz stark, dass bei genügend kleinen Maschen der Schuppenverlust doch wieder kleiner wird.

Meine Theorie zur Erklärung des zitierten Ergebnisses der Studie ist folgende:
Nicht "kleine Maschen erhöhen Schuppenverlust" sondern "je dünner die einzelnen Netzschnüre sind, desto höher der Schuppenverlust". Dünne Schnüre schneiden sich besser in die Fischhaut ein und verhaken sich dann leichter an Schuppen. Da in der Praxis kleinere Maschen in aller Regel mit dünneren Fäden daherkommen, kann man leicht auf die falsche Ursache für den Schuppenverlust schließen und genau das ist in der Studie passiert. Nur auf die Maschenweite schauen, die Schnurdicke aber ebenfalls zu ändern, kann zu falschen Schlüssen führen. Beide Variable sollten getrennt getestet werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oben