Noch 'ne Geschicht'!

Andal

Teilzeitketzer
In stillem Gedenken
Mein Freund der Döbel…


Es gibt sie wirklich. Jene Fische zu denen man ein sehr inniges und beinahe intimes Verhältnis aufbaut. Bei mir ist es unter anderem ein ganz bestimmter Döbel, der es mir vor vielen Jahren angetan hat.

Das alles trug sich an einem kleinen Wiesenbach im Südosten von Bayern zu. Dieser Bach ist nun wirklich keine Erscheinung. Vielmehr hat ihm die Flurbereinigung in den 70ern übel mitgespielt und ihn in ein bolzengerades Gerinne verwandelt, das sich im Laufe der Zeit mühsam zurecht gewachsen hat. An einer Stelle macht der Graben eine Kurve, besser gesagt ein Kürvchen und genau da haben die Bauern einen Weidenbusch stehen lassen. Unter dessen überhängenden Zweigen wohnte er nun, mein Freund der Döbel.

Er war einfach nur ein Döbel. Kein Ausnahmefisch, aber mit seinen guten 45 cm auch kein Mickerling. Da stand er nun und ich kam, sah, fischte und verzweifelte. Nichts, aber auch rein gar nichts wollte er als Köder akzeptieren. Vom zeitigen Frühjahr bis hinein in den Herbst servierte ich ihm alles, was mir einfiel. Frischeste Maden, Würmer, Wegschnecken, Muscheln, frisch und mariniert, allerlei Wurstwaren und deftigen Käse, dazu Brot, Mais, Grashüpfer, Obst, kleine Fischlein und was weiß Sankt Petrus sonst noch alles. Nichts wollte er annehmen, wenn denn ein Haken an der Sache war. Die Kostproben nahm er wohl. Auch bei der Präsentation war ich variabel. Festliegend und treibend. Rollend und schlitternd bot ich ihm meine Köder. Mit der Posenmontage, der freien Leine und allen nur vorstellbaren Grundangeltechniken. Nix!

Trotz aller Beschwörungen, Flüche und geheimer Rituale, er wollte einfach nicht. Ich war nahe daran, ihm das Wasser abzugraben, oder ihn wenigstens zu erschießen! Aber so etwas tut ein Gentleman ja bekanntlich nicht.

Und an einem späten Septembermorgen schlug dann die Stunde; quasi High Noon am Vormittag, woran ich schon lange nicht mehr glaubte, passierte nun endlich. Ich feuert, an keinerlei Erfolg glaubend, meinen schon leicht lädierten Köder einfach kräftig unter den Busch. Der halbe Tauwurm sank ab und die Schnur spannte sich deutlich. Er, der mich ein halbes Jahr narrte, hing nun fest an meiner Angel. Er wehrte sich nicht übermäßig, vermutlich war er sich seines Fehlers bewusst und in Minutenfrist umgarnte ihn das Netz meines Keschers.

Ich beeilte mich, ihn abzuhaken und in seinen Graben zu entlassen. Einem Freund, auch wenn es eine Haßliebe ist, tut man kein unnötiges Leid an. Und wer jetzt glaubt, ich hätte mich gefreut, der irrt gewaltig. Ein beim Fischen nie erlebtes Gefühl der Leere ergriff mich. Ja ich habe ihm seinen Meister gezeigt, aber was nun? Die Aufgabe des Jahres war gelöst und so saß ich noch ziemlich lange und in Gedanken am Kürvchen bei dem Weidenbusch unter dem mein Freund der Döbel wohnt. Die Stelle habe ich danach nie wieder befischt. Freundschaften muss man nicht über die Gebühr belasten.
 
AW: Noch 'ne Geschicht'!

nette geschichte andal,beruht auf wahren begebnheiten oder hast das erfunden.läßt sich echt super lesen und bei dem wetter vom fischen träumen.großes lob,mach weiter so.
 

Andal

Teilzeitketzer
In stillem Gedenken
AW: Noch 'ne Geschicht'!

Soisses... im Sommer werden sie erlebt und im Winter niedergeschrieben.:m
 
AW: Noch 'ne Geschicht'!

Schöne Geschichte....ich weiß nicht wie ich den Rest dazu in Worte fassen soll...

MfG
David

P.S. Würde mich auf weitere Geschichten freuen....
 

bacalo

a bisserl was geht immer
AW: Noch 'ne Geschicht'!

Schöner Erlebnisbericht#6.

#6Danke hierfür#6
 
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