Thomas9904
Well-Known Member
Praktisch erlebt: Der Unsinn der Sportfischerprüfung....
Es gibt ja immer noch bei Leuten - vor allem aus Verbänden und Vereinen, die mit Kursen Geld verdienen - die Meinung, dass eine Prüfung eine unerlässliche Voraussetzung zum Erwerb einer Angelerlaubnis sein muss.
Auch wenn das verschiedene Länder durch praktischen Tun schon widerlegt haben. Wie Schleswig Holstein oder Mecklenburg Vorpommern mit dem Touristenangelschein, den man ohne Prüfung bekommt. Oder auch Brandenburg, wo man ohne Prüfung auf Friedfische angeln darf.
Gerade im Süden - auch speziell bei uns in Baden - Württemberg - gibt es ja mit die strengsten Prüfungen, die man auch nur nach Kursbesuch mit Pflichtsstunden überhaupt erst absolvieren darf.
Da sollte man als normaler Mensch dann ja denken, dass dann auch jeder Absolvent in der Lage sein sollte, waidgerecht zu angeln..
Soweit die Theorie........................
Und nun der
Der Unsinn in der Praxis...
Am Sonntag war das Wetter ausnahmsweise mal genehm zum angeln, etwas Zeit hatte ich auch, also Spinnrute geschnappt und ab an den Neckar...
Dort "fing" ich dann versehentlich beim gufieren die Schnur eines versteckt sitzenden Ansitzanglers. Das lösen der Schnur funktionierte (mit einigen Hindernissen), ich schnappte mein Gerät um den Kollegen zu begrüßen und eine Zigarettenpause zu machen.
Bei der normalen Frage nach dem Fang kam die Antwort:
"Ich war jetzt 4 oder 5 mal angeln, ich glaube hier gibts keine Fische"...
Ich dachte zuerst er meinte an der Stelle hier - die Aufklärung erfolgte:
Nein, nein, er sei ein absoluter Neuling und habe erst seine Prüfung frisch abgelegt und war überhaupt erst 4 oder 5 mal alleine angeln..
Und - um diesbezüglichen Äußerungen im folgenden schon auszuweichen:
Ein gestandener Mann kurz vor seinem 40sten Geburtstag, selbständig...
Ein kurzer Blick auf Gerät und Angelplatz machte mir schon klar, dass er bei dem Kurs zur Prüfung vielleicht vieles zu Umweltschutz und Fischkrankheiten gelernt haben konnte, aber wohl kaum etwas vom praktischen angeln. Was im Sinne des "waidgerechten angelns" (von den Befürwortern ja immer als Argument für Kurs und Prüfung angeführt) besser ist, darüber darf man ruhig spekulieren.
Ich hatte mich ja schon über die Montage der Grundrute gewundert, als ich diese versehentlich "gefangen" hatte - dazu später mehr.. Als ich mir jetzt ansah, wo die Posenrute platziert war, war mir auch schnell klar, dass es mit dieser Montage und an diesem Platz mehr als schwer werden dürte, einen Fish an den Haken zu bekommen.
Damit die Pose nicht abgetrieben wird, hatte der Kollege diese praktisch auf der Steinschüttung festgelegt. Die Pose selber war ein schwereres Durchlaufmodell (eh nicht so prall zum Angeln in der Strömung). Montiert war das Ganze an einer 30 Gramm - WG Telerute, relativ kurz, daran eine Rolle mit geflochtener Schnur. Der Karabinerwirbel war verkehrt herum montiert, die Bebleiung so, dass die halbe Pose aus dem Wasser schaute. Dazu waren an den auf dem Vorfach montierten Bleischroten ein nettes Getüddel, so dass bei dem Knoten jeder Biß eines mehr als handlangen Fisches fast unweigerlich zum Abriss geführt hätte.
Ich konnte nun zwar nichts an dem Angelgerät ändern, aber zumindest eine (mit den vorhandenen Mitteln) vernünftige Montage knüpfen, ihm die sinnvolle Anköderung der Masden zeigen (statt einfach quer drchzustechen..) und ihm auch zeigen, wie und wo er seine Montage ausbringen soll. Das montieren unter zeigen vernünftiger Knoten und dem erklären des warum und wieso dauerte ca. 5 Minuten...
Das ausloten, so dass man den Köder an der "Schnittstelle" zwischen Flussgrund und Steinschüttung anbieten konnte, inklusive dann ausbringen des Köders und Fang des ersten Rotauges nochmal maximal 5 Minuten.
Das gleiche galt für die Neumontage an seiner Grundrute (schöne Reisespinnrute, daran eine Freilaufrolle mit Monoschnur). Als ich seine Montage gefangen hatte, wunderte ich mich - wie schon geschrieben - über die Montage. Ein kleines Durchlaufblei auf der Schnur, vor dem Wirbel eine Perle aus dem Karpfensortiment mit Einhänger zum "Schnurschonen"; dann der eigentliche Wirbel (dafür ohne Einhänger). In diesen wiederum war mit dem Karabiner (also verkehrt rum) ein weiterer Wirbel eingehängt, an dessen Ende dann das Vorfach geknüpft war. Um dem Strömungsdruck standhalten zu können, war mittels eines weiteren Wirbels ein Seitenblei in die vorher beschriebene "Wirbelmontage" eingehängt - wie ein Festblei also...
Dass man damit weder vernünftig angeln geschweige denn einen Biss mitkriegen kann, erschliesst sich jedem Angler, der etwas Erfahrung hat. Und dieser nette (und durchaus intelligente), aber eben komplett unerfahrene, wenngleich durch bestandene Prüfung rechtlich zum Angeln legitimierte Kollege hatte eben keinerlei Erfahrung.
Trotz des Kurses und der bestandenen Prüfung waren seine Montagen aus Unkenntnis so, dass immer die Gefahr eines Abrisses beim Biss jedes größeren Fisches bestanden hätte. Dass zudem jede anglerische Grundlage bezüglich sinnvollen Montagen und auch sinnvollem Gerät fehlte, mag daran liegen, dass bei uns die Kurse im Namen der Vereine/Verbände von Angelgerätehändlern durchgeführt wurden.
Der Kollege hatte eine tolle Rutentasche, einen kleinen Koffer mit "Allroundzubehör" von spinnfischen bis feedern, dazu zwei für den Neckar bei uns ungeeignete Ruten, dazu noch für die Ruten unpassende Rollen, aber immerhin eine mit geflochtener Schnur befüllt.
Man hatte etwas den Eindruck, als ob da ein Gerätehändler seine Restposten aussortiert hätte und so die Leute aus dem Kurs "erstausgerüstet" hat....
Er hat von mir in vielleicht 20 Minuten Praxis am Wasser mehr über waidgerechtes Angeln gelernt, als vorher in über 30 Stunden Pflichtkurs vor der bestandenen Prüfung.
Nicht umsonst finden ja bei uns im Board immer wieder Diskussionen um das Thema Prüfung und Kurs vor dem Erhalt des Angelscheines statt.
Auch und gerade im Lichte dieses Erlebnisses jetzt am Wochenende wird mir wieder mal klar und deutlich bewusst, warum ich mich immer gegen diese sinnlosen Kurse und Prüfungen ausspreche, und statt dessen für praktische Erfahrung am Wasser unter Anleitung erfahrener Angelkollegen plädiere...
Siehe dazu auch:
http://www.anglerpraxis.de/ausgaben...und-pruefung-geschichte-und-alternativen.html