Pressemeldung: Bremer Eiswettschneider legt neues Seenotrettungsboot auf Kiel

Thomas9904

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Pressemeldung

Bremer Eiswettschneider legt neues Seenotrettungsboot auf Kiel
Bei der traditionellen Bremer Eiswette am Dreikönigstag zieht ein Schneider große Aufmerksamkeit auf sich. Stets sorgen die Seenotretter dafür, dass er trockenen Fußes die Weser überqueren kann – schließlich wird anschließend immer kräftig für sie gespendet. Am Montag, 28. November 2016, erwies der Eiswettschneider seinerseits der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) einen besonderen Dienst: Die beliebte Bremer Traditionsfigur mit der lockeren Zunge legte ein neues Seenotrettungsboot auf Kiel. Es wird aus den Spenden der Eiswettgenossen und ihrer Gäste finanziert.

„Die Eisprobe am 6. Januar kann ohne mich nicht anfangen, dabei kann ich also ruhig zu spät kommen“, scherzt Peter Lüchinger in gewohnter Weise. „Bei den Seenotrettern pünktlich zu sein, ist hingegen Ehrensache. Als Schweizer habe ich großen Respekt vor ihrer oft gefahrvollen Arbeit.“ Der „99 Pfund“ schwere Schneider prüft am Dreikönigstag, ob „de Werser geiht oder steiht“, die Weser also fließt oder zugefroren ist, was früher wichtig für Handel und Schifffahrt war. Zu der weit über Bremens Grenzen hinaus bekannten Zeremonie erscheint er traditionell überfällig – und legt damit stets einen großen Auftritt hin.



Der war ihm allerdings auch auf der Fassmer-Werft in Berne gewiss. Denn wenn der Eiswettschneider außerhalb seiner allseits bekannten Pflichttermine mit Zylinder, Frack und Bügeleisen auftritt, muss dies einen ganz besonderen Grund haben. Lüchinger legte in den jüngsten Neubau der DGzRS eine Replik der ältesten unter städtischer Hoheit geprägten Münze Bremens aus dem Jahr 1542 ein. „Da steht ,Moneta Nova‘ drauf, also ,neues Geld‘. Das brauchen die Seenotretter ständig, um bei jedem Wetter ihre Einsätze zu fahren“, brachte es der Eiswettschneider gewohnt deutlich auf den Punkt.



Münze soll Glück und Sicherheit verheißen

Einer Schiffbautradition gemäß, verheißt eine Münze im Rumpf allen Mitarbeitern der Werft, aber auch später den Seenotrettern Sicherheit, Glück und Gesundheit. DGzRS-Inspektor Carl Göner, verantwortlich für den Neubau, zeigte dem Eiswettschneider den richtigen Platz: Während früher ein Geldstück unter dem Kiel lag und während der Bauzeit mit ansteigendem Gewicht zunehmend plattgedrückt wurde, findet bei heutiger Bauweise „kieloben“ die Münze Platz in einer speziellen Öffnung an einem Bauteil.



„Seit 1956 bringen die Seenotretter den Schneider nach der Eisprobe über die Weser. Bei unserem Stiftungsfest rund zwei Wochen später tragen die Eiswettgenossen und ihre Gäste jährlich die größte Einzelspende für die Arbeit der DGzRS zusammen. Wir sind stolz darauf, dass dies nun einen weiteren sichtbaren Ausdruck in diesem Neubau findet“, sagte Dr. Patrick Wendisch, Präsident der Eiswette von 1829. In diesem Jahr kamen 450.000 Euro zusammen, das war Rekord. Dieses Geld und der Erlös des Stiftungsfestes 2017 werden das neue Seenotrettungsboot nahezu vollständig finanzieren.



Der Name der neuen Rettungseinheit steht noch nicht fest. Ihn geben die Seenotretter ohnehin erst im Moment der Taufe bekannt. Ebenso wenig ist letztgültig entschieden, auf welcher Station der Neubau zum Einsatz kommt. Fest steht allerdings: Das neue Seenotrettungsboot wird von freiwilligen Seenotrettern gefahren werden, wie auch zwei Drittel aller DGzRS-Einheiten an Nord- und Ostsee.



Jahrzehntelange Spendentradition der Bremer Eiswette

„Man kann es nicht oft genug betonen: Auch die Finanzierung der Seenotretter erfolgt nach wie vor freiwillig, nämlich durch Spenden. Wir sind der ,Eiswette von 1829‘ außerordentlich dankbar für die erneute großartige Unterstützung. Denn dieser Neubau ist nicht die erste Rettungseinheit, deren Bau die Eiswette ermöglicht hat“, sagte DGzRS-Vorsitzer Gerhard Harder.



Erster Träger des Namens innerhalb der Rettungsflotte der Seenotretter war die EISWETTE VON 1829, Tochterboot des 1967 in Dienst gestellten Seenotrettungskreuzers PAUL DENKER. 1980 erhielt ein Seenotrettungskreuzer selbst den Namen EISWETTE. Ihm folgte 2009 die heutige EISWETTE/Station Nordstrand. Das Tochterboot des Seenotrettungskreuzers HARRO KOEBKE/Station Sassnitz wiederum trägt den Namen NOTARIUS, ebenfalls nach einer Figur der Eiswettzeremonie benannt. Und auch die beiden Maschinen des neuen Seenotrettungskreuzers BERLIN/Station Laboe, der am 17. Dezember 2016 in Bremen getauft wird, wurden mit Spenden der Eiswettgenossen und ihrer Stiftungsfest-Gäste angeschafft.



Das neue Seenotrettungsboot mit der internen Bezeichnung SRB 67 ist Teil einer Serie von sechs baugleichen Einheiten. Sie werden im Laufe der Jahre 2017 und 2018 abgeliefert. Jeweils drei von ihnen entstehen auf den Werften Fr. Fassmer in Berne und Tamsen Maritim in Rostock. Im Zuge der turnusgemäßen Modernisierung der Rettungsflotte werden sie ältere Einheiten ersetzen. Es handelt sich um modifizierte Nachbauten der bewährten 9,5-/10,1-Meter-Klasse der DGzRS. Diese Klasse umfasst heute bereits 20 Einheiten.



Die Boote dieses Typs haben sich in zahlreichen Einsätzen auch unter extremen Bedingungen in allen Revieren hervorragend bewährt. Die derzeit jüngste Einheit dieser Klasse wurde am 150. Geburtstag der DGzRS, dem 29. Mai 2015, auf dem Bremer Marktplatz getauft und in Neustadt in Holstein stationiert.



Hohe Seetüchtigkeit und modernste Technik

Die Eckdaten der neuen Seenotrettungsboote:

Länge über Alles: 10,1 Meter • Breite über Alles: 3,61 Meter • Tiefgang: 0,96 Meter
Verdrängung: 8 Tonnen • Geschwindigkeit: 18 Knoten (ca. 33 km/h) • Besatzung: Freiwillige
Antrieb: ein Propeller, 380 PS



Wie alle Einheiten der DGzRS werden die neuen Seenotrettungsboote als Selbstaufrichter konstruiert und vollständig aus Aluminium im bewährten Netzspantensystem gebaut. Der Bootstyp zeichnet sich durch hohe Seetüchtigkeit aus. In Grundsee und Brandung besitzt er gute See-Eigenschaften, manövriert einwandfrei, übersteht heftige Grundstöße und ist in der Lage, dank des rundumlaufenden Fendersystems auch bei höheren Fahrtstufen und unter erschwerten Bedingungen bei Havaristen längsseits zu gehen.



Bei der Konstruktion wurden umfassende Sicherheitskriterien berücksichtigt. Die neuen Seenotrettungsboote werden mit modernster Navigationstechnik, leistungsstarken Schlepp- und Lenzvorrichtungen sowie einer umfangreichen Ausrüstung zur medizinischen Erstversorgung ausgestattet.



Im Werft-Tagebuch auf der Internetseite der Seenotretter ist der Bau zu verfolgen. Regelmäßig veröffentlicht die DGzRS aktuelle Fotos unter www.seenotretter.de/werfttagebuch.



Über die Seenotretter

Die DGzRS ist zuständig für den maritimen Such- und Rettungsdienst in den deutschen Gebieten von Nord- und Ostsee. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben hält sie rund 60 Seenotrettungskreuzer und -boote auf 54 Stationen zwischen Borkum im Westen und Usedom im Osten einsatzbereit – rund um die Uhr, bei jedem Wetter. Jahr für Jahr fahren die Seenotretter mehr als 2.000 Einsätze, koordiniert von der SEENOTLEITUNG BREMEN der DGzRS (MRCC = Maritime Rescue Co-ordination Centre). Die gesamte unabhängige und eigenverantwortliche Arbeit der Seenotretter wird ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen finanziert, ohne Steuergelder. Seit Gründung der DGzRS 1865 haben ihre Besatzungen mehr als 82.000 Menschen aus Seenot gerettet oder drohenden Gefahren befreit. Schirmherr der Seenotretter ist der Bundespräsident.
 
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