Reisebericht: Vindelfjäll September 2016 (Reloaded)

Debilofant

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Als strukturelle Besonderheit, die man auch auf der Satellitenansicht von etwa Google Maps sehr schön erkennen kann, fiel mir auf, dass die ganzen Moore nach Osten hin auf zig Stufen terrassenartig angeordnet waren, also die jeweils tiefer gelegene Etage immer durch eine kleine Abbruchkante aus Schutt und Geröll abgetrennt war. Auch weiter unten kann man also noch hautnah die fein säuberliche Handschrift von einst aktiven Gletschern des Norra Storfjället erkennen.​

Moränenterrasse als Ausblicksplattform...


...mit darunter eingelagerter Moorsenkenetage


Rückmarsch bei schon wieder langen Schatten

Damit bin ich dann auch mit dem Wasch- und Chilltag bei nicht für möglich gehaltenem Spätsommerwetter durch.​
 
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Debilofant

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14.09.2016 (3. Etappe):

Neuer Tag, neues Glück, aber auch im zweiten Anlauf bekomme ich das erhoffte Bild von einem bei Sonnenaufgang tiefrot angeleuchteten Norra Sytertoppen trotz diesmal noch deutlich früheren Aufstehens nicht in den Kasten, denn der Sonnenaufgang vollzieht sich hinter einer Wolkenbank, die einen direkten Einfall der Sonnenstrahlen blockiert. Immerhin wird die Wolkenbank kurz vor Sonnenaufgang von unten angefunzelt und in teils lodernde Pastellfarben getaucht.​

Waking Hour

Kurz vor Aufbruch mache ich in der Hütte noch klar Schiff, also u.a. Wasservorräte mit einigen "Tankstopps" am Svärfarsbäcken wieder auffüllen und mein Gerödel zusammensuchen und wiederverstauen, etc.. Da blieb zwischendurch auch noch Zeit für ein paar letzte Bilder mit diesmal aufgesetztem Telezoom.​

Like a River Runs (dedicated to my Lieblings-Aussie-Tante: Sia Kate Isobelle Furler)


gestaffeltes Fernsichtpanorama nach Süden bis zum Gard-/Grön- und Kittelfjället


A Perfect Circle


So hieß es dann Abschied nehmen von diesem wunderbaren Flecken Erde und der hier eingelegten Zwischenstation: Bye, Bye Syterstugan!​
 
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Debilofant

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Beim Blick zurück war dann über dem Norra Storfjället schon die für diesen Tag anstehende Wetterentwicklung erkennbar, die sich ja bereits gestern mit den Höhenluftturbulenzen als Vorboten angekündigt hatte. Unter dem Eindruck der Farbkombination gelingt es mir nicht, das irgendwie unpassende Kopfkino zu unterdrücken...​
"Einigkeit und Recht und Freiheit..."
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(Ok, falscher Film...)


Golden Grounds

Schon nach ein paar hundert Metern überschreitet man dann die Gebietsgrenze zwischen den Kommunen Storuman und Sorsele, mitten in der "Walachei" ausgeschildert, den Touris aus aller Welt zuliebe! Wenn ich aus aller Welt sage, dann ist bzw. war das zumindest auf meinem Trip nicht übertrieben, denn neben zahlreichen Schweden begegneten mir auf dem Kungsleden während der gesamten Tour allein unter den Leuten, mit denen ich mich zumindest kurz unterhalten habe, Norweger, viele Finnen, viele Deutsche natürlich auch, Franzosen, auffallend viele Australier (!), Chinesen sowie zahlreiche weitere Asiaten und auch ein Araber. Bei den Norwegern hat es mich besonders gewundert, weil die doch landschaftlich mindestens Vergleichbares zumeist unmittelbar vor ihrer Haustüre liegen haben, aber der Unterschied bzw. Grund, weshalb selbst Norweger zum Wandern über die Grenze nach Schweden kommen, liegt wohl in der vorbildlich in Schuss gehaltenen und insgesamt wohl auch deutlich besser ausgebauten/nutzerfreundlicheren Infrastruktur des STF. Und den Australiern, denen scheint es trotz ungleich schnellerer Erreichbarkeit einer Bilderbuchlandschaft wie Neuseeland an Reiselust und Neugierde für einen Kungsledentrip gleichwohl nicht zu mangeln.

Beim Passieren des Willkommensschildes der Kommune Sorsele habe ich schon wieder dieses fiese Kopfkino laufen, von wegen "Willkommen im Land der Frühaufsteher - Sachsen Anhalt"
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, wie es noch vor einiger Zeit zur allgemeinen Erheiterung an deutschen Autobahnen zu lesen war...​

"Grenzübertritt"


Moorsenke Nr. 3859 (mindestens!)


Dark Water
 
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Debilofant

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Beim Laufen machte sich der nahende Wetterumschwung recht angenehm bemerkbar, nicht zu warm und nicht zu kalt, ganz ohne Jacke. Was unter den aufziehenden Wolkenschichten und den dadurch nur noch sporadisch bis zum Erdboden durchschimmernden Sonnenstrahlen allerdings ein wenig litt, das war die herbstliche Szenerie. Unter dem Wolkenschleier wirkte vieles weit weniger farbenfroh bzw. erschienen die Farbkontraste nun wieder spürbar gedämpft. Das Streckenprofil führte bis zum Erreichen des Tärnasjön im Wesentlichen nur bergab in Richtung Birkenwald, weshalb auch das keine größeren Probleme bereiten sollte, zumindest nicht mit Trekkingstöcken, deren Einsatz die Knie bergab doch um einiges vom Rucksackgewicht entlastet.​

Following Betulas


letzte Sonnenlichttupfer an einem bewaldeten Hang...


...und über den Wetlands

Nach der Überquerung einer kleinen Kuppe genießt man kurzzeitig wieder einen freien Blick auf das Inselreich des Tärnasjön, bevor es dann in den wiederum von zig Mooren und Sümpfen durchsetzten Birkenwald geht. Dieser Wegpunkt markiert die letzte Gelegenheit, um den Schärengarten des Tärnasjön mitsamt eines Teils der von dort nunmehr deutlich erkennbaren Hängebrückenkonstruktion von oben mit dem Fotoapparat einzufangen. Es sind insgesamt fünf große Hängebrücken, die dann zusammen mit zwei kleineren vorgelagerten Holzbrücken trockenen Fußes von Insel zu Insel (sog. Rogenmoränen) zum gegenüberliegenden Ufer des Tärnasjön führen.​

Tärnasjön-Passage des Kungsleden von oben


Woods of Desolation


schwingende Moorwiese


Moorlichtung
 
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Debilofant

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Kurz vor Erreichen des Seeufers mogeln sich unter all die Moorflächen und -tümpel auch ein paar normale Kleingewässer mit festem Grund, die aber gleichwohl aufgrund der zumeist geringen Wassertiefe zum Uferbereich hin gut von Verlandungsbewuchs durchzogen/umsäumt sind. In diesem Abschnitt befinden sich auch die beiden kleineren Holzbrücken mit z.T. nur einseitigem Geländer.
grüngelber Uferbewuchs an einem Tümpel

Am Seeufer angekommen steht man dann gleich dirket vor einer der fünf großzügigst dimensionierten und stilecht an die Golden Gate Bridge aus San Francisco erinnernden Hängebrücken. Diese sind bzw. waren zumindest anno 2016 noch allesamt bestens in Schuss gehalten, wie so vieles auf diesem Kungsledenabschnitt.
Über sieben Brücken (musst Du gehn)

Obwohl die immer dichter werdenden Wolken es kaum erwarten ließen, war es unten am Boden bzw. über dem Wasser im Moment meiner Ankunft nahezu völlig windstill. Das hatte den dort vermutlich nicht allzu häufig anzutreffenden Effekt, dass sich die gesamte Umgebung, ob nah oder fern, mit all ihren Farben und Formen auf der Wasseroberfläche des Tärnasjön spiegelte. In der Ferne konnte man zwar den zuvor noch von oben gut sichtbaren Berg Suvlåjvvie nicht mehr erkennen, dafür schob sich nun der zweite markante Gipfel des Ammarfjället ins Sichtfeld, der 1611m hohe Berg Rerrogaise mit seiner restvergletscherten Ostabbruchkante, dessen Profil von den Sami, so meine ich das irgendwann mal gelesen zu haben, aus dieser Perspektive als gen Norden auftauchender Wal beschrieben wird.​

Rerrogaise


Verbindungsinsel
 
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Debilofant

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Das spiegelglatte Wasser hat mich (bzw. meinen Fotoapparat
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) natürlich daran gehindert, den Tärnasjön zügig zu überqueren, wobei ich nicht der einzige war, der sich auf den Brücken bzw. den Inseln etwas länger aufhielt. Auf den Inseln gibt es ein paar naturbelassene Mini-Rastplätze, die an diesem Tag von ganzen Rudeln schwedischer Mädels über mehr als nur 10-20 Minuten für ein ausgiebiges Picknick mit Knäckebrot und Co. belagert waren. Mich hat es dennoch vorzeitig aus diesem Bereich vertrieben, als nämlich plötzlich Wind aufkam, der schöne Wasserspiegel ruckzuck vom Wind zerstört wurde und es als Sahnehäubchen oben drauf auch noch leicht zu regnen begann (ich hasse nichts mehr als Wassertropfen auf der Linse).​

Sleep Mirrored


Rogenmoräne


Reflection


Mirror of Deception


Vindelfjällens Golden Gate

Den weiteren Etappenverlauf entlang des Ostufers wird es dann als Fortsetzung geben.​
 
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Debilofant

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Nach dem Seitenwechsel ging es dann bei mal leichtem und zwischendurch aber auch mal wieder für ein paar Minuten verschwundenem Regen am Ostufer des Tärnasjön weiter nach Norden durch zunächst noch halboffenes Gelände, immer wieder vorbei an mittelgroßen und kleineren Tümpeln sowie Moorkolken. In den Karten ist dieser Bereich mittels waagerechter Schraffur als weitläufiges Sumpf- bzw. Feuchtgebiet ausgewiesen.​

Durchs Feuchtgebiet...


...vorbei an mittelgroßen Tümpeln...


...und Moorkolken

Nach eineinhalb Stunden bekam ich den Wind aus Nordwest immer stärker um die Ohren und der Regen sollte in den nächsten Stunden auch immer mehr zunehmen. Das bedeutet, Regenjacke rausholen und auch den Rucksack sowie die Kameratasche wasserfest machen. Obwohl das bei weitem noch kein dramatisches Wetter war, die Laune und die Lust weiterzulaufen
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hat es doch schon ein wenig getrübt
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.​

Dauerregen im Anmarsch?
 
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Debilofant

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Mit Regenjacke war das weitere Vorankommen dann schon viel angenehmer und sehen konnte ich durch meine Brille trotz anhaftendem Regentropfenmosaik auch noch halbwegs was. Zu sehen gab es links wie rechts des Weges, na was wohl, mal wieder ein paar Wassertümpel in nicht zu knapper Anzahl...​

Zur Abwechslung mal einen Tümpel zur Linken...


...und auch mal einen Tümpel zur Rechten

Das semi-ungemütliche Wetter "hielt" aber nicht lange, denn kurz bevor es für den Rest des Tages endgültig in den Birkenwald gehen sollte, waren Himmel und Landschaft im dicksten Trauermodus versunken. Vom Tageslicht war jedenfalls nicht mehr viel zu erahnen, und dabei war es erst ca. 16:00 Uhr. Das letzte Bild ist keine Schwarz-Weiß-Aufnahme und auch keine Schwarz-Weiß-Nachbearbeitung, sondern voll "in Farbe", sprich bei diesen Lichtbedingungen war auf größere Entfernung fast nichts mehr an Farbe zu erkennen.​

Black Light District


Dream of a Dead Sun

Da bei dem Wetter sowieso kaum noch was zu sehen war, brauchte ich mir keine Gedanken darüber zu machen, bei dem anstehenden Wegstück durch den doch eher monotonen Birkenwald etwas zu verpassen. Langweilig wurde es im Wald aber trotzdem nicht, denn irgendwo auf einer der vielen mit Holzbohlen ausgebesserten/überbrückten Feucht-/Schlammpassagen hätte es mich um Haaresbreite für den Rest der Tour ausgeknockt. Bis dahin war ich ja schon über viele Meter solcher Holzbohlen gelaufen, aber die waren halt nicht pitschenass und erst recht nicht sauglatt. Ich bin an einer Stelle jedenfalls, ohne dass ich einen Moos- oder Algenüberzug oder auch nur ein minimales Gefälle wahrgenommen hätte, beim Aufsetzen meines rechten Fußes in normalem Schrittempo ohne Vorwarnung sofort komplett weggeschmiert und habe mich nur dank meiner Trekkingstöcke mit irrem Reflex und vollem Krafteinsatz noch geradeso abfangen können. Ich hätte mir weder träumen lassen
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, dass ein von Null auf jetzt unkontrolliert beschleunigtes Rucksackgewicht ein kaum zu bändigendes Problem würde sein können, noch dass eine feuchte Holzbohle so glatt wie Blitzeis sein könnte. Die Trekkingstöcke, bei deren Auswahl ich das Hauptaugenmerk auf Stabilität und Robustheit gelegt hatte, haben diese Aktion und Extrembelastung zum Glück ebenfalls schadlos überstanden. Mal gut, dass ich mich für Aluminiumstöcke und bewusst gegen Kohlefaserstöcke entschieden hatte, denn mit leichteren und teureren, vor allem aber extrem schlagempfindlichen Kohlefaserstöckchen hätte es wohl "peng" gemacht und ich die finale Grätsche für diese Tour hingelegt.

Mit reichlich Adrenalin im Blut bin ich zwar noch eine Weile weiter gelaufen, wollte aber den nächstbesten sich anbietenden Zeltplatz ansteuern, denn nach dieser denkbar knappen Aktion war es für diesen Tag einfach genug. Dumm nur, dass im Wald und auch am Seeufer so schnell kein Zeltplatz aufzutreiben war, also musste ich wohl oder übel bei immer dürftiger werdendem Licht weiter durch den Regen laufen.​
 
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Debilofant

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Auf der Suche nach einem geeigneten Zeltplatz geht es noch einmal über den ein oder anderen Bohlenweg, aber zum Glück lege ich keine weitere Pirouette in halbdarniedersinkender Dreiviertelausführung und unfreiwillig miserabler B-Note mehr hin. Bei meinen Tourvorbereitungsrecherchen hatte ich im Internet jedenfalls Bilder gesehen, auf denen Zelte direkt am Seeufer standen. Irgendwo musste es also noch eine Übernachtungsmöglichkeit geben, tja, und falls diese von mir vor lauter Regentropfen auf der Brille aus dem Wald heraus bereits übersehen worden sein sollte, wäre da immer noch die Tärnasjöstugorna. Lust, die komplette Etappe bis zur Hütte durchzulaufen, hatte ich jedoch, wie schon betont, in dieser Situation nicht mehr.

Es dauerte letztlich noch einmal gute eineinhalb Stunden, bis ich kurz nach 18:30 Uhr ein paar unbewachsene und einigermaßen ebene Quadratrmeter unmittelbar am Seeufer erspähe und mich bei noch leichtem, aber immerhin wieder nachlassendem Regen sofort an den Zeltaufbau mache. Den mussste ich diesmal im Eiltempo hinbekommen, denn zum einen stand hinter dem noch immer tiefhängenden Wolkodrom nunmehr der reale Sonnenuntergang unmittelbar bevor und mein Zelt war keines, welches in einem Zug mit bereits vormontiertem Außenzelt aufgebaut werden konnte, sprich das Innenzelt musste zunächst separat ohne das wasserdichte Außenzelt errichtet werden und bekam somit zu Beginn des Aufbaus zwangsläufig ein paar Regentropfen für die Nacht spendiert. Das ist dann aber auch der so ziemlich einzige Nachteil dieses ansonsten sehr ausgereiften und soliden Modells, der aber wohl nur bei wirklich strömendem Regen ein echtes Problem darstellt und sich bei entsprechender Wetterlage bzw.- entwicklung durch vorausschauend frühzeitgen Zeltaufbau zumindest einigermaßen kalkulierbar handhaben/minimieren lässt. Ich konnte mit diesem Kompromiss jedenfalls gut leben.

Beim Zeltaufbau merke ich recht schnell, dass der Untergrund nicht nur vom Regen ziemlich feucht war, sondern der Boden durch die unmittelbare Nähe zum Seeufer auf so ziemlich Höhe des Wasserspiegels auch von unten aufgeweicht/durchfeuchtet war und auch ein paar Steinbuckel sowie etwas Wurzelwerk hervorstanden. Für u.a. solche Bedingungen gibt es für viele Zeltmodelle als zusätzlichen Schutz des Zeltunterbodens zwar einen sozusagen "doppelten Boden", einen sog. Footprint, als optionales Zubehör hinzuzukaufen, aber so ein Footprint ist dann gleich wieder (m.E.) unverhältnismäßig teuer, weshalb ich stattdessen einen großen Plastiksack mit derber Wandstärke aus Original VEB-Produktion und über 40 Jahren auf dem Buckel eingepackt hatte, der ca. 80 % der Zeltstandfläche bis auf ein paar cm an den Rändern/in den Ecken abdeckte und zum praktisch Nulltarif genau das Tat was er sollte bzw. so ein Footprint vermutlich auch nicht besser/effektiver kann.

Als das Zelt dann stand, habe ich zum Tagesabschluss mit dem Telezoom noch ein wenig Motivsuche am gegenüberliegenden Seeufer betrieben. Klar, alles andere als reizende Bedingungen, aber immerhin ließ der Regen weiter nach, die finsteren Wolkentürme vom Nachmittag waren samt Fernsicht auch schon wieder deutlich heller und der Wind war mit einmal wieder nahezu komplett eingeschlafen. Das ließ für die kommende Nacht und den nächsten Tag zumindest auf Besserung hoffen.​

Heaven Laid in Tears


Rainroom


Sårjuosjuhka
 

Debilofant

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15.09.2016 (4. Etappe):

In der Nacht wurde es wider Erwarten dann doch wieder ziemlich garstig und ich schlafe auch nicht sonderlich gut
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bzw. ziemlich unruhig. Der Wind hatte noch einmal bzw. doch wieder mächtig aufgefrischt und rüttelte permanent am diesmal (vorsorglich) vollständig abgespannten Zelt. Störender noch waren aber der "Seegang" und die "Brandung", was zunächst mit unregelmäßigem Wellenplätschern gegen das Steinufer begann und sich zwischendurch gar mit sich am Steinufer brechenden Wellen inklusive ein paar auf das Außenzelt niedergehenden Wasserspritzern/etwas Gischt bemerkbar machen sollte.

Nach Sonnenaufgang hatte sich die Lage dann aber zum Glück schon wieder deutlich beruhigt, wenngleich es noch immer ziemlich frisch daherwedelte und die Temperaturen spürbar abgesackt waren. Zudem war alles, kaum verwunderlich, schöööön feuchtklamm, also erstmal einen heißen Kaffe und einen heiß servierten Vitamin-C-Cocktail mit Zitronengeschmack, was während der Tour aber ohnhin zu meinem täglichen Frühstücksritual gehörte.

Die Wolken waren noch immer dick, inzwischen allerdings im turbulent rasanten Tiefflug, permanent vom Wind angetrieben, umgekrempelt und hier und da sogar auseinandergerissen, was in schöner Unregelmäßigkeit kleinschmale Fenster/Streifen mit blauem Himmel mit hier und da ein paar Sekunden freier Bahn für die Sonne schuf.
When the Sun hits


exklusiver Schlafplatz direkt am See


Das ergab summa summarum eine am Vortag nicht zu erhoffen gewagte Szenerie, für welche sich das Mitschleppen des bei den folgenden Bildern ausschließlich eingesetzten Telezooms bereits restlos gelohnt/rentiert hatte - eine über mehr als zwei Stunden dargebotene Lichtshow vom Allerfeinsten, die ich "nebenher" während der anderweitig ohnehin erst noch zu erledigenden Arbeiten wie Zeltabbau, Rucksackpacken, etc. vollständig mitverfolgen und in den aus meiner Sicht besonders spannenden/passenden Momenten halt einzufangen versucht habe. Einen besseren Standort hätte man sich dafür obendrein auch nicht wünschen können, denn aus der der ca. 100m vom See entfernt im Wald gelegenen Tärnasjöstugorna hätte ich erst gar nichts davon mitbekommen...​

Illuminating


The Burning Cold


Lights on the Hill
 
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Debilofant

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Zwischendurch kam dann plötzlich wieder eine mir schon bekannte Geräuschkulisse ins Spiel, ja richtig, ein hinter mir über dem Wald recht tief fliegender Hubschrauber, den ich allerdings mit dem Wald im Rücken nicht unmittelbar zu Gesicht bekomme. Was dieser Lärm allerdings nun schon am frühen Morgen sollte bzw. sich ca. 20 Minuten später gar noch einmal in entgegengesetzter Flugrichtung wiederholen sollte, war mir vorerst nicht ganz klar. Wie ich später dann beim Passieren der Tärnasjöstugorna vom Hüttenwirt während eines Smalltalks erfuhr, war es diesmal ein Rettungshubschrauber, der eine ältere deutsche Touristin mit gebrochenem Unterarm ausflog, die sich zeitig auf den Weg in Richtung Syterstugan gemacht hatte und schon auf den ersten paar hundert Metern auf einer Holzbohle ausgerutscht war...

Derweil verfolge ich halt den weiteren Verlauf des Lichtspektakels über dem Westufer des Tärnasjön bzw. mitten im Herzen des Vindelfjälls.
A Noise Severe


The Gloaming


Turn on the Bright Lights

Gegen ca. 9:45 Uhr neigt sich mein Zwischenaufenthalt am See dann dem Ende entgegen, da natürlich die 4. Etappe auf der Tagesordnung stand und die Zeitspanne mit sattem Morgenlicht bei immer höher steigender Sonne und zunehmend aufheiterndem Himmel ohnehin fast vorüber war. Von daher gibts hiermit auch den Abschluss der Bildserie aus der Morgensession vom Zeltplatz.​

Fire and Ice


As the Light does the Shadow


Windows and Walls

Die 4. Etappe mit dem Ziel Servestugan sollte schon kurz hinter der von meinem Übernachtungsplatz nicht mehr allzu weit entfernten Tärnasjöstugorna einen knackigen Anstieg bis über die Baumgrenze hinaus als nicht zu knappe Frühsporteinheit bereit halten und sich dann die meiste Zeit des Tages über eine leicht gewellte Hochebene hinziehen. Zum Abschluss wartet dann hinter dem sog. "Elchsee" ein weiterer Anstieg über einen Pass, von dem aus es dann nur noch gut zwei Kilometer Entfernung bis zur Servehütte sind.​
 
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Debilofant

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Zurück auf dem Kungsleden hole ich zunächst einmal die gestern liegen gelassenen Meter zur Tänsjostugorna recht schnell wieder auf, denn mein Zeltplatz lag von dieser nur noch einen guten Kilometer weit entfernt. Auf dem Weg dorthin sehe ich von einer der wenigen Waldlichtungen aus erste sich auf dem Tärnasjön auftürmende Schaumkrönchen, sprich der Wind hatte schon wieder zugenommen. Dafür schaffte es die Sonne immer häufiger durch die abziehenden Wolken und just in dem Moment, als ich die kleine Waldlichtung passiere, auch auf den Weg, also zum ersten Mal an diesem Tag sogar direkt auf meine Nase.
Etappenstart bei zunehmendem Sonnenschein...


...und zunehmend frischer, inzwischen für Schaumkrönchen sorgender Brise

Noch vor Erreichen der Tärnasjöstugorna fliegt mir mitten im Wald ein leuchtend orangefarbenes Pummelchen
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über den Weg, das sich für eine ganze Weile auf einer Distelblüte niederlässt. Ja, richtig gelesen, Mitte September blühen in Lappland auch noch ein paar Disteln und es schwirrt und schlürft hier und da auch noch die ein oder andere dicke Hummel durch die Gegend, und nein, ich hatte keinen Schlaf mehr in den Augen bzw. infolge der vielmehr weitgehend schlaflosen Nacht auch keine sonstigen Wahrnehmungsstörungen oder mir nunmehr als tagträumenden Ersatz gar ein unidentified flying object zusammenfabuliert. Die nachträgliche Recherche ergab aufgrund der leuchtend orangefarbenen Rückenpelz -und auch Hinterleibspartie (nach meinem Dafürhalten), dass mir da (und auch im weiteren Verlauf der Tour noch desöfteren) eine Mooshummel (Bombus muscorum) begegnet ist.​

Eine zottelige Bumblebee...


...namens Mooshummel (på svenska: Mosshumla)


An der Tärnasjöstugorna mache ich nur einen kurzen Stopp und vergesse während des mit dem Hüttenwirt geführten Smalltalks doch glatt, dass ich eigentlich auch dort noch kurz zum direkt am Seeufer gelegenen Saunahäuschen hinuntergehen wollte. Das habe ich irgendwie total verdaddelt, aber nun gut, Bilder vom Tärnasjö hatte ich ja eigentlich schon am frühen Morgen genug geschossen. Da war der Bedarf an weiteren Bildern vom Tärnasjön-Ufer wohl schon unbewusst gestillt.​
 
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Debilofant

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Hinter der Tärnasjöstugorna heißt es dann rechts abbiegen, obwohl das in Anbetracht der dort verlaufenden Wege gar nicht mal so eindeutig auszumachen ist, denn relativ dicht neben dem Kungsleden verläuft rechts von der Hütte zunächst auch noch ein anderer Weg weiter nach Norden den Tärnasjön entlang, auf dem man Ammarnäs ebenfalls erreicht, sofern man das Ammarfjäll komplett umrunden oder erst deutlich später kurz vorm Ammarfjäll rechts abbiegen und unmittelbar an dessen Südflanke laufen möchte. Mit dem Rechtsschwenk beginnt auch gleich der recht lange Anstieg in Richtung Osten, der nicht mehr nur durch reinen Birkenwald, sondern durch zunehmend bunt gemischten Laubwald mit u.a. rot bzw. zwischendurch rotgrün/rotgelb verfärbten Ebereschen führt.​

The Autumn Red


Eberesche in der Farbvariante "Sunburst"...


...als Durchgangsstadium

Den Einstieg zum Anstieg habe ich der in sattem Gelb und Grün leuchtenden und zudem tunnelartig anmutenden Überdachung wegen auch gleich mit abgelichtet, wobei es mir trotz wiederholter Rechercheversuche und diverser zu Rate gezogener Bestimmungsbücher bis heute leider nicht gelungen ist herauszufinden ab51, was das eigentlich für eine Baumart ist, deren eiförmig geformte Blätter mit sowohl ziemlich glatter Oberfläche als auch relativ glatten Blatträndern sich im Herbst von Quietschgrün nach Quietschgelb verfärben. Diese Bäume gibt es dort zwar nicht im Massen, aber an den Berghängen stehen sie eben doch regelmäßig in nennenswerter Stückzahl. Ich tendiere zu irgendeiner Traubenkirschenart, aber wie gesagt, irgendwie stimmte das von mir gesichtete Vergleichsmaterial mit den von mir gesichteten Bäumchen nicht so wirklich überein. Vielleicht kennt sich von den Mitlesenden ja jemand besser damit aus und wäre so freundlich, das für mich bislang nicht zu knackende Rätsel hier aufzulösen.​

In the Woods...

Weiter oben sind in der Waldüberdachung dann immer öfter auch ein paar einzelne Sichtfenster "eingebaut", durch die hindurch man die Baumwipfel des in diesem Bereich auffallend bunt gemischten Laubwalds zusammenhängend überblicken kann und auch ein letztes Mal ein Stück vom Tärnasjön sieht.
Bye, bye Tärnasjön
 
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Debilofant

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Für den steilsten Teil des Anstiegs brauche ich einschließlich 10-minütiger Fotopause immerhin eineinhalb Stunden und laufe anschließend bei nur noch moderatem Steigungswinkel auch noch eine weitere Stunde durch den Wald. Dort begegne ich links des Weges einer weiteren Eberesche, die mir mit ihrem vollroten Herbstkleid inmitten des Birkenwaldes als zudem etwas freier stehendes Exemplar nur so ins Auge sticht. Aus der germanischen Mythologie ist immerhin bekannt, dass die Eberesche dem Gott des (Donner)Wetters, Thor, das Leben gerettet hat und insgesamt als heiliger Baum verehrt wurde. Dass es diese Verehrung auch bzw. schon zuvor bei den Sami gab bzw. noch immer gibt, welche die Eberesche als Weltenbaum zwischen Dies- und Jenseits verehrten, und die alten Germanen die Verehrung dieses Baumes damit letztlich von den Sami übernommen hatten, ist dagegen nicht abschließend verifiziert, wird aber als naheliegend vermutet:


Heiliger Baum der Sami: Die Eberesche

Wie auf dem letzten Bild unschwer am oberen Bildrand zu erkennen, hatte sich das Wetter in den letzten zweieinhalb Stunden zu einem ausgesprochen heiteren Tag gemausert, wodurch das rostige Gelb des Birkenwaldes und der Moorflächen unter dem stellenweise sogar nahezu wolkenfreien blauen Himmel in wieder sehenswertem Kontrast stand.
Fields of Gold

Das Höhenniveau des weiteren Wegverlaufs pendelte fortan immer schön an der Baumgrenze entlang, die aus einer Mixtur verstreut stehender Birken, wegsäumender Zwergbirkensträucher und Lappland-Weiden sowie immergrüner Koniferensträucher bestand. Ich hatte den Wald noch gar nicht lange hinter mir gelassen, da "erspähten" meine Ohren auch schon den zweiten Elch der Tour, jedoch wiederum in (zu) großer Entfernung aus dem nördlichen Bereich des Tärnasjön per Hubschrauber abtransportiert, weshalb es auch von diesem Manöver kein Foto gibt.​

bunt gesprenkelte Strauchheide zwischen den Seen Tjärven und Siejdáge

Nur wenige hundert Meter weiter "stolpere" ich dann über eine für den in Schweden beheimateten Kungsleden etwas atypische Wegmarkierung. Die Sommermarkierung besteht zwar zumeist aus Steinen mit roten Punkten (die Holzpfähle mit den querliegenden Andreaskreuzen in roter Farbe markieren den Winterweg, der nur hier und da vom Sommerweg abweicht), aber wie kommt denn so ein dicker Hinkelstein nach Schweden in so ein abgelegenes Fjällgebiet? ab52

Bis nach Gallien sind es ja immerhin auch ein paar tausend Kilometer, und da glaube ich es im Leben nicht, dass der hyperadipöse Obelix von den Römern dereinst so dermaßen gelangweilt war, dass er sich sozusagen als Nebenbeschäftigung auch noch mit den Wikingern anlegen
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wollte und für diese Mission auch noch leichten Fußes
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ins Reich der Wikinger geschlichen ist, um dort einen seiner geliebten Hinkelsteine als Reviermarkierung zu hinterlassen. Bleibt als einzig halbwegs plausible Erklärung dann doch nur wieder die berüchtigte Kelle zuviel des Zaubertranks und eine dadurch beim heimischen Hinkelstein-Weitwurf mit viel zu viel Wumms ausversehen durch die Decke geschossene Flugbahn des gallischen Wurfsportgeräts mit dann halt zufälligem Niedergang außerhalb des angestammten Wettkampfgebiets im schwedischen Vindelfjäll ...
ungültiger Hinkelstein-Weitwurf-Versuch

Mehr zur Verwendung von Hinkelsteinen als Wurfgeschoss kann man dann bei Interesse hier nachlesen:
 
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Debilofant

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Bei bestem, also auch nicht zu warmem Spätsommerwetter ging es bei zumeist makelloser Rundumfernsicht ziemlich exakt immer weiter nach Osten. Und selbst dort, wo ausnahmsweise mal ein kleiner Hügel die Fernsicht ein wenig einschränkte, hatte man zur Abwechslung den nie langweilig ausschauenden Farbenmix der zusätzlich von zumeist auch ein paar Birken durchzogenen Strauchheide vor Augen.​

spätsommerlicher Farbrausch

Auf dem Plateau läuft es sich dank geringer Höhenprofilunterschiede eigentlich recht easy, wenn da nicht immer wieder auch ein paar hundert Meter mit etwas höher gewachsenem und dichter als sonst stehendem Strauchwerk zu durchqueren wären. Das bremst nämlich zum einen die Schrittgeschwindigkeit merklich und läuft sich zum anderen auch deshalb, erst recht mit Trekkingstöcken, ziemlich bescheiden, weil die Hose und die Trekkingstöcke ständig irgendwo am Geäst hängen bleiben bzw. permanent daran langschaben und man bei fast jedem Schritt zusätzlich kraftraubend und nach einer Weile dann halt schon schlauchend zunächst einmal den Weg freischieben und bahnen muss. Sollte man eigentlich nicht denken, dass es trotz der hohen Frequentierung des Kungsleden noch derart stark zugewachsene Passagen gibt.

Auf einem normal begehbaren Streckenabschnitt liegt irgendwann fein säuberlich ein ganzer Haufen Federn mitten auf dem Weg. Die stammten offensichtlich von einem relativ frisch und so ziemlich komplett gerupften Schneehuhn, jedoch lag kein Schneehuhnkadaver mehr da. Was mit dem Schneehuhn genau passiert war, ließ sich allein anhand des Federhaufens natürlich nicht mehr sagen, aber ich tippte auf eine Greifvogelmahlzeit, wenngleich es im Vindefjäll noch eine kleine Population von Polarfüchsen gibt (neben Rotfuchs, Luchs, Hermelin, Vielfraß, Braunbär und als ganz seltenen Durchzügler evtl. auch mal einen Wolf).

Als höchste Erhebung entlang der über das Hochplateau führenden Wegstrecke passiert man den Jårbbatjåhkka an seinem Südhang, der mit einer Höhe von absolut 960 m aber auch nicht sonderlich weit aus der Umgebung herausragt. Sobald man dessen Südflanke vollständig passiert hat, befindet man sich auch schon kurz vor dem Elchsee, dem Servvejávrrie.
Stájnnavárrie und Jårbbatjåhkka Südwestflanke


Jårbbatjåhkka Südostflanke


Hole in the Earth


Servvejávrrie
 
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Debilofant

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Nach Erreichen des Elchsees bin ich noch eine gute halbe Stunde bis zu dessen Nordspitze weitergelaufen, um dann für diesen Tag bereits gegen ca. 17:00 Uhr vorzeitig Feierabend zu machen. Das Wetter lud ja geradezu zum Zelten ein und gemäß meiner imaginären Vorschau auf den kommenden Tag hätte es mir fototechnisch ohnehin nichts gebracht, auch noch die letzten ca. 3 km zur Servestugan durchzulaufen und dabei über den ca. noch einen Kilometer entfernten kleinen Pass, von dem aus ich zum späten Vormittag bei dann hoffentlich passendem Lichteinfallswinkel eine größere Fotopause schon im Voraus geplant hatte, hinwegzulaufen und dafür dann am nächsten Tag von der Servehütte extra wieder ca. 2 km zurück und bergauf zu laufen. Außerdem war der ganze zu Etappenbeginn in noch einigermaßen klammem Zustand in den Rucksack gestopfte Krimskrams, also vor allem Zelt und Schlafsack, mit Sicherheit noch nicht so ganz trocken, weshalb das restklamme Zeug dann zumindest auch noch 2 Stündchen in der herrlich brezelnden Abendsonne nachtrocknen können sollte.
Blauwe Ruis


Innenzelt- und Sockennachtrocknung

Die außerordentlich "professionell" zum Schweißauslüften aufgehangenen Socken waren im Übrigen aus Merinowolle, also kein Anlass für Mitleidsbekundungen, denn dank der Merinowolle gab es keine dem äußeren Anschein nach die Idylle trübenden Geruchsimmissionen ... ab106
Still Life


The Mirror Waters

Den Schlafsack habe ich dann noch gerade so bis zum Sonnenuntergang, den ich von der Servestugan aus im Übrigen auch nicht mit freiem Blick zur Tafel hätte mitverfolgen können, trocken bekommen.​

Schlafsacknachtrocknung

Ab ca. einer Stunde nach Sonnenuntergang habe ich meine Nase dann immer wieder mal aus dem Zelt gestreckt und zum nahezu wolkenlosen Himmel geschaut, in der vagen Hoffnung auf tanzende Polarlichter, aber es tat sich bis ca. 22:00 Uhr nichts.

Das war dann also die (wiederum leicht verkürzte) 4. Etappe.​
 
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@ Ollidi: Danke, es geht ja auch noch weiter. In einem Rutsch ist der Berg an Arbeit, der allein für die Wiederherstellung drauf geht, nicht zu meistern, sprich ich musste einfach 'nen Break einschieben bzw. ein Päuschen machen. Es wird wohl noch ein paar Tage dauern, bis alles wieder beisammen ist. Allein das Formatieren kostet einiges an Zeit.
Zwischenaufenthalt an der Servestugan (16.09.2016):

Ob es nach 22:00 Uhr in der Nacht dann doch noch Polarlichter gab oder nicht, kann ich leider nicht berichten, denn mit schlaflosen Nächten lässt sich das Tagesprogramm einer Trekkingtour gewiss nicht (unfallfrei) bewältigen. Obwohl ich mich an und für sich zu den Nachteulen zähle, habe ich es nach dem täglichen Laufprogramm mit Ausnahme der wetterbedingt unruhigen und lauten Nacht am Tärnasjön problemlos geschafft, noch weit vor 24:00 Uhr einzuschlafen. Eine insoweit störende und nicht zu unterschätzende Lärmquelle stellen im Übrigen aber auch die zahlreichen Gebirgsbäche dar, die schon bei wenigen Gefällestufen bzw. Stromschnellen/Miniwasserfällen und erst recht bei generell stärkerem Gefälle zum Teil güterzugartig dahindonnern und darniederrauschen. Entgegen der gemeinhin vorherrschenden Empfehlung, sich bei der Zeltplatzauswahl zwecks Wasserversorgung ein Plätzchen mit möglichst nahe liegendem Wasserlauf zu suchen, habe ich es zur Reduzierung des Lärmpegels vorgezogen nach Möglichkeit einen Abstand von mindestens 100 m, besser 200 m einzuhalten, die ich zum "Tanken" dann lieber hin und her gelaufen bin.

Der Himmel war jedenfalls auch am frühen Morgen nahezu wolkenfrei und es hatte über Nacht sogar leichten Frost gegeben. Um ca. 9:30 Uhr war ich dann startklar und habe wiederum als Frühsporteinheit gleich den ca. 1 km langen Aufstieg zu dem schon bei der Reiseplanung als Aussichtspunkt vorgemerkten kleinen Pass absolviert. Bis zum Erreichen des Scheitelpunkts schieb ich hin und wieder eine 180°-Drehung dazwischen, um die mit jedem Höhenmeter reizvoller werdende Aussicht auf den Elchsee und das nun wieder sichtbare Norra Storfjället zu genießen.
Elchsee ohne Elch (und das ausgerechnet frühmorgens in Schweden...)


Rückschau zum Norra Sytertoppen mit nunmehr auch sichtbarem Gletscherkessel

Beim Überschreiten des Scheitelpunkts, der nur wenige Meter lang bzw. breit ist, ist es dann schlagartig vorbei mit der schönen Aussicht zum Norra Storfjället, aber dafür bekommt man postwendend ein noch schöneres Aussichtspanorama Richtung Nordost auf die Südostflanke des Ammarfjället mit dem Suvlåjvvie spendiert.
Ammarfjället Südostflanke
 
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Debilofant

Well-Known Member
Wie geplant nehme ich mir auf dem Pass etwas mehr Zeit, um die Chance auf ein Bild mit möglichst passenden Zutaten und stimmigem Gesamteindruck zu erhöhen. Währenddessen ziehen aber immer mehr (harmlose) Wolken auf, die ich als Zutat nicht unbedingt auf meiner Wunschliste hatte. Meine Befürchtungen, dass die Wolken sich im Bild mit großflächig abgeschatteten Bereichen zu dominant bermerkbar machen würden, haben sich zum Glück als unbegründet erwiesen, denn die Wolkenschatten brachten letztlich mehr Kontrast und strukturbetonende Plastizität in den Bildvordergrund, sofern man von einem solchen bei Teleaufnahmen sprechen kann, sowie insgesamt mehr Tiefenwirkung.​

Suvlåjvvie


The Gate (Suvlåjvvie links, Tjeärruo rechts)


Abyss


Yellow Light

Nach einer guten Stunde hieß es dann Marsch fortsetzen in Richtung Servestugan. Weiter wollte ich vorerst nicht laufen, denn die nächste Etappe von der Servestugan zur Aigertstugorna ist die längste und relativ gesehen auch die schwierigste des Kungsledenabschnitts zwischen Hemavan und Ammarnäs.​
 
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Debilofant

Well-Known Member
Auf dem letzten Kilometer vor der Hütte treffe ich seit längerer Zeit auch mal wieder auf Gegenverkehr. Wie sich herausstellen sollte, handelte es sich nicht um einen Etappenläufer wie mich, sondern um den Hüttenwirt. Der war nicht etwa in Erwartung meiner Ankunft stiften gegangen, sondern, wie er mir glaubhaft darlegte, auf einer seiner nahezu täglichen Erkundungstouren mit schwerpunktmäßigem Interesse für die im Vindelfjäll ganzjährig oder zeitweise beheimatete Vogelwelt. Der gute Mann heißt Nils Karlsson, ist pensionierter Lehrer und arbeitet nebenher auch noch als Guide für das Ammarnäs-Guidecenter für interessierte Vogelbeobachter. Das Einchecken in die Hütte vollzog sich somit "im Vorbeigehen", denn er hieß mich nach einem kurzen Plausch Willkommen und meinte nur, ich solle mir in der zu diesem Zeitpunkt völlig leeren Hütte ein genehmes Zimmer/Bett aussuchen und es mir bequem machen.​

Välkommen till Servestugan

Ich tat also wie mir "befohlen" und machte mich nach dem Einquartieren und einem kleinen Mittagssnack für den Rest des Tages mit der Leichtgepäckvariante zu einer Erkundungstour auf die Socken. Ziel war ein kleinerer, gleich nördlich der Servestugan gelegener Berg namens Givnjuovárrduo, auf den es sich von Südwesten aus bei lediglich geringem bis allenfalls moderatem Steigungswinkel recht entspannt hinauflaufen lässt, wenngleich komplett weglos. Noch am Fuße des Berghangs sehe ich abseits des Kungsleden zumindest auch mal ein wenig Getier, nämlich eine Bekassine und zwei von mir aufgescheuchte Schneehühner davonflattern, allerdings ohne Chance das auf die Schnelle im Bild festzuhalten. Weiter oben bekomme ich dann zwischendurch eine Ahnung davon, was es heißt, sich weglos im Fjäll zu bewegen. Ein Vorankommen durch weitläufig dicht bewachsene Strauchheide ist megaätzend und nach bereits gefühlt 50 m, deren Durchquerung schubweise im zähflüssigen Zeitlupentempo verläuft und sich an den Hosenbeinen wie Drahtbürstenmassage anfühlt, bin ich zu den Einsicht gelangt, dass man, wann immer es irgendwie geht, solche dschungelartigen Areale besser meidet und dafür mit einem ggf. auch größeren Umweg vorlieb nimmt. Als ich dann bereits oben auf dem Bergrücken angekommen war, fand ich zu meiner Verwunderung ein weitverzweigtes Netz aus "Trampelpfaden" vor, welche das weitere Vorankommen dann wieder spürbar erleichterten. Egal welchem der sich gefühlt alle 10 m neu verzweigenden und später dann wieder auf neue Tretspuren stoßenden Trampelpfade ich auch folge, es scheinen auch hier alle Wege letztlich nur nach Rom zu führen, sprich, man kommt letztlich irgendwie ans Ziel. Angelegt wurde dieses Trampelpfadlabyrinth nicht von Menschenmassen, sondern, das wird mir anhand von flächendeckend verteilten Köttel-Hinterlassenschaften recht schnell klar, von Rentieren. Vom Bergrücken aus, den ich dann von West nach Ost bis zum höchsten Punkt hin ablaufe, hat man bereits eine gute Aussicht auf die nach Norden hin zahlreich vorhandenen Talsenken mit hier und da besonders farbenfrohen Berghängen und natürlich auch wieder auf das Ammarfjället.
Farbtupfer im Birkenwald am Berghang


Rerrogaise mit Gletscherfront

Am östlichen Ende des Bergrückens hat man vom Givnjuovárrduo aus einen exklusiven Ausblick auf das Tjulträskdalen mitsamt den beiden namensgebenden Seen Stor-Tjulträsket sowie den Lille-Tjulträsket, dem vorgelagerten Mündungsdelta von mehreren kleineren Bächen/Mini-Flüssen, u.a. dem Servvejuhka, und zur Rechten im Hintergund den Berg Stuor-Ájgart mit seiner markanten Abbruchkante. Ok, ich befinde mich dort nicht auf dem Skierffe mit dem urzeitlichen Laitaure-Delta zu Füßen bzw. dem ungleich bekannteren Rapadalen und dem Sarek zur Rechten, aber hey, die herrliche Aussicht auf das nicht schon zig-tausendfach abgelichtete oder gar nahezu "totgeknipste" Tjulträskdalen mit den beiden Seen und dem vorgelagerten Delta habe ich in diesem Moment ganz für mich allein, ganz ohne Schlange-Stehen und hektisches Gedränge. Unbezahlbar!
Aussicht aufs Tjulträskdalen vom Givnjuovárrduo aus
 
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