Reisebericht: Vindelfjäll September 2016 (Reloaded)

Debilofant

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Bei dem weiterhin gnädigen Wetter habe ich, wo ich doch extra dorthin gestiefelt war, auch an diesem Platz etwas länger ausgeharrt. Weiter nach Osten laufen ging nicht mehr (bzw. wäre es dort nur noch (zu) steil bergab gegangen), und inzwischen war es ohnehin schon wieder später Nachmittag, weshalb es keine wirkliche Option mehr gab, für die bis zum Sonnenuntergang noch verbleibende Zeit eine andere Ecke anzusteuern.

Von daher gibt es noch ein wenig Nachschlag von demselben Spot nebst ein paar von dort oben einsehbaren Landschaftsdetails.​

Garden of Light



Fireball


Vuomemyran


Shadowland
 

Debilofant

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Um kurz vor 17:00 Uhr saß ich dann vollends im langgedehnten Schatten der Bergkuppe, Zeit, den Rückweg anzutreten. Da mir der Strauchdschungel von der Hintour unangenhem in Erinnerung geblieben war, wollte ich diesen Bereich mit einem etwas größeren Bogen nach zunächst Nord und dann weiter nach West umschiffen und hierbei auch schon früher an der Nordflanke tiefer heruntersteigen. Der Plan geht zunächst auch ganz gut auf, denn auf etwa Höhe der Baumgrenze gab es tatsächlich deutlich weniger Bodengestrüpp. Beim Abstieg entlang der Nordseite habe ich noch für eine ganze Weile das Ammarfjället und das vorgelagerte Achterbahnprofil aus Talstreifen und Waldhügeln im Blick, jeweils in sattes Abendlicht getaucht.​

Aufbruch zur Rücktour im Bergschatten...


...entlang der Nordseite des Givnjuovárrduo...


...bis wieder hinunter zur Baumgrenze


"Laterne"

Nachdem ich dann um die Ecke zur Westflanke des Givnjuovárrduo abgebogen war, stellte sich das mit dem Vorankommen jedoch erneut ein wenig problematisch dar, weitläufiges Sumpfgebiet ... So musste ich dann nach halbwegs begehbaren Passagen suchen, in der Hoffnung, zumindest nicht mehr als knöcheltief durch den Matsch zu latschen. Das brachte es mit sich, hier und da dann doch wieder besser umzukehren und es an einer anderen Stelle zu probieren, wodurch später im Ergebnis halt doch wieder geschlagene zweieinhalb Stunden für den Rückweg bis zur Hütte auf dem Tacho stehen sollten. Zurück an der Hütte waren meine Füße, auch wenn es mehrfach ziemlich knapp war und ich die letzte dreiviertel Stunde des Rückwegs schon beinahe die Kopflampe gebraucht hätte (die ich für die kleine Bergtour aber gar nicht erst mitgenommen hatte ... ab139 ), beiderseits noch trocken. Vom Sonnenuntergang hatte ich unterwegs aufgrund des Geländeprofils direkt nichts sehen können (und hätte ihn auch von der Hütte aus ebenfalls der recht tiefen Lage wegen nicht zu sehen bekommen), aber der Abendhimmel sah ein Weilchen nach dem Sonnenuntergang auch so ziemlich schick aus.
Broken Glass

Das war es dann auch schon mit dem 16.09.2016.​
 
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Debilofant

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Wandertag im Umfeld der Servestugan (17.09.2016):

Nach der gestrigen Mini-Bergtour stand mir der Sinn nach ein wenig Kontrastprogramm, also sollte es diesmal mit wiederum Leichtgepäck ein paar Stockwerke tiefer ins Tal und damit dann u.a. zum gestern noch von oben überblickten Mündungsdelta gehen. Gestartet bin ich beizeiten noch vor 8:00 Uhr mit zunächst Kurs nach Osten für ca. 2 km vorerst dem weiteren Verlauf des Kungsleden folgend. Den ersten Stopp des Tages lege ich an der frisch erneuerten Hängebrücke über den Servvejuhka ein, hinter der das Wasser in nur wenigen Stufen einen immerhin ca. 15 m hohen Wasserfall hinunterrauscht und anschließend ein kleines "Planschbecken" bildet, das im Sommer bei passendem Wetter von abgehärteten Zeitgenossen gar nicht mal so selten für ein Erfrischungsbad genutzt wird. So richtig passendes Wetter für einen Sprung ins kühle Nass hatte ich an diesem Tag aber nicht erwischt, sprich es war leider doch wieder einmal wolkenverhangen und tröpfelte bei einstelligen Temperaturwerten zunächst auch etwas vor sich hin. Zudem war ich etwas überrascht, dass in diesem Bereich ein Großteil der Birken ihr Laub zu guten Teilen schon abgeworfen hatte, obwohl das gestern von oben nur wenige Meter weiter nordöstlich entlang des Tjulträskdalen noch durchgehend bzw. ganz überwiegend schick gelb aussah.​

Grey Heavens


Hängebrücke über den Servvejuhka-Wasserfall

Am Ufer des Servvejuhka führen links wie rechts für ein paar Meter sowohl stromauf als auch stromab noch kleinere Trampelpfade entlang, die ich auch jeweils kurz inspiziere. Ein paar Meter östlich hinter der Hängebrücke befindet sich auch noch ein vielfach empfohlener Zeltplatz, der aufgrund seiner Nähe zum Wasserfall über Nacht aber definitiv nichts für für meine Ohren gewesen wäre.​

Servvejuhka upstream


Servvejuhka downstream
 

Debilofant

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Am Wasserfall bin ich dann nach einer kurzen Ablichtung der in Gestalt von Alpen-Bärentrauben leuchtend gelb-rot unter dem Brückengestell wuchernden Bodenvegetation auch schon wieder umgekehrt, um den Kungsleden an der nur knapp 100 m zurück entfernten Weggabelung zu verlassen. Da dieser vor der Ostflanke des Givnjuovárrduo talwärts führende Weg mehr als ohnehin üblich viele Moraststellen aufwies, bin ich immer wieder mal in den Wald ausgewichen und querfeldein marschiert. Dort im Wald standen dann neben ungewöhnlich zahlreichen Ebereschen im knalligsten Herbstkleid hier und da sogar auch noch im September blühende Exemplare des Wald-Storchschnabels.

Metamorphosis


blühender Wald-Storchschnabel im September


Zauberwald


allmählich ins Blickfeld rückendes Tjulträskdalen

Auf dem Weg lag neben einigem Rentiergeköttel mit einmal auch eine deutlich voluminösere und auch noch relativ frische Hinterlassenschaft eines Vierbeiners, ein original schwedischer Elch-Köttel. Große Hoffnungen, den Elch zu Gesicht zu bekommen, machte ich mir aber trotzdem nicht, denn in der Jagdsaison sind die Großhirsche gegenüber Zweibeinern wohl noch vorsichtiger und scheuer als ohnehin.​
 

Debilofant

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Je weiter hinunter ich gehe, desto dichter wird auch der Wald wieder, also wieder mehr und höher gewachsene Bäume mit noch weitestgehend vollzähligem Arsenal an Laubblättern. Die nach Norden hin gelegenen Berghänge waren dementsprechend auch wieder flächendeckend mit noch ordentlich gemusterter "Farbtapete" ausgestattet.​

Confetti


All the Trees

Unten im Talboden angekommen gabelt sich der Weg vor einer Brücke erneut. Geradeaus bzw. über die Brücke hinweg geht es auf einer Alternativroute nach Ammarnäs in zumeist Reichweite der Seeufer weiter durch den Wald. Ich hatte ursprünglich damit geliebäugelt, diesen unterwegs an ein paar verstreuten Samenbehausungen (u.a. Geunja) vorbeiführenden Weg bis ca. zur Eng- und Verbindungsstelle zwischen Lill-Tjulträsket und Stor-Tjulträsket bzw. bis zum gegenüberliegenden ehemaligen Rentierzüchterhof Matsokudden weiter zu gehen, aber das habe ich nach bereits ca. 300 m geknickt. Der deutlich seltener als der Kungsleden genutzte Weg nach Ammarnäs war leider von Kraut- und Buschwerk arg zugewuchert und auf Dschungelsafari hatte ich für den Rest des Tages dann doch keine Lust. Entlang dieser kurzen Strecke habe ich auch eine Schleife der sich durchs Mündungsdelta schlängelnden Wasserläufe passiert, an deren Ufer mir recht frische Knabberspuren eines Bibers unter die Augen gekommen sind. Dass in Schweden nicht zu knapp Biber hausen, war mir natürlich bekannt, aber ein wenig überrascht war ich trotzdem, denn schließlich war ich irgendwo mitten im Gebirge und nicht im Flachland.​

frisch zerspahntes Kleinholz


Guckschneise am Westrand des Vuomemyran auf den Berg Servvetjåhkka


Biberrevier

Zurück an der Weggabelung folge ich dann dem anderen trampelpfadähnlich nach Nordwesten wieder etwas ansteigenden Weg und habe alsbald eine immer stärker rauschende Schlucht zu meiner Rechten. Das Rauschen stammte auch dort von einem mittelgroßen Wasserfall, dem ich ebenfalls einen Besuch abgestattet habe. Dafür musste ich jedoch zunächst einmal den etwas steileren Hang zur Schlucht herunterkraxeln, was zwar keine wirkliche Schwierigkeit war, aber unter den von mir gewählten Rahmenbedingungen halt doch ziemlich riskant hätte werden können. Ein Missgeschick, und man wird im Falle einer ernsthafteren Verletzung in solch eher abgelegener Lage mit Sicherheit nicht so schnell von jemandem gefunden, was man bei einer Solo-Tour halt immer im Hinterkopf haben sollte, auch wenn man das vor Ort nur allzu schnell ausblendet bzw. ganz gern auch mal vergisst. Der Wasserfall schien jedenfalls einer von der wilderen Sorte gewesen zu sein, denn zu seinen Füßen lagen nicht gerade kleine, scharf gezackte Felsbrocken, die es offenbar vor noch nicht allzu langer Zeit einmal während der Schneeschmelze dorthin befördert haben muss.​

Monoliths & Dimensions
 

Debilofant

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Inzwischen war es auch schon wieder Nachmittag und die Wolkendecke hatte innerhalb kürzester Zeit großflächige Auflösungserscheinungen bekommen, worüber ich mich nicht beklagen mochte.​

Wetterumschwung über der Wasserfallschlucht

So lief ich dann bei überwiegend Sonnenschein den Wasserlauf weiter entlang, vorbei an weiteren (jedoch noch schlechter zugänglichen) Wasserfällen, bis der Höhenunterschied zwischen Weg und dem Bachlauf nahezu angeglichen bzw. verschwunden war. Der Wald bekam auch wieder deutlich mehr Lichtungen, wodurch das gesamte Ambiente geradezu lauschig wirkte.​

der schon tags zuvor vom Berg aus abgelichtete Farbcluster noch einmal aus anderer Perspektive


Chill Out Zone

Auf der anderen Seite des Baches steht ein paar Wegminuten später ein mittlerer Trupp Rentiere mang den Birken und weidet friedlich vor sich hin, bis eines der Spähtiere mich schon aus größerer Entfernung erblickt und Alarm schlägt. Ein Teil der Tiere zieht sich dadurch gleich wieder weiter in den Wald zurück, ein paar treten jedoch auch die Flucht nach vorn an und ziehen nach einer forschen Bachdurchquerung schräg an mir vorbei, selbstredend mit gebührendem Sicherheitsabstand. In den Wäldern scheinen sie sich jedenfalls vor den Hubschraubern sicher und unbehelligt zu fühlen.​

Waldgeister

Als der Abend so langsam naht, habe ich mich an einem weiteren Wasserfall versucht, diesmal mehrstufig und seitlich versetzt. Da inzwischen nicht eine Wolke mehr am Himmel war, hatten die Strahlen der schon wieder tief stehenden Sonne freie Bahn auf die Ufervegetation. Unterhalb des Wasserfalls fanden sich noch größere Flächen von im Sommer bzw. auch noch im Herbst frei- bzw. trockenliegenden Flussfelsen, die an mehreren Stellen auffallend kreisrunde Vertiefungen aufwiesen. Diese sahen so aus, als habe jemand mit einem überdimensionierten Zahnarztbohrer bzw. Dremel Hand angelegt, aber das war alles das Werk der Jahr für Jahr beständig im Frühsommer niedergehenden Schmelzwassermassen mit ausgeprägter Strudelkraft.
Wasserfall Nr. 3 des Tages


The Sound of Water

Nach diesem Stopp war dann Feierabend, denn so schnell der blaue Himmel mit Sonne am Nachmittag gekommen war, so schnell war es damit auch wieder vorbei, sprich es gab zum Abend und auf dem Rückweg doch tatsächlich wieder einen vollkommen bedeckten Himmel mit Nieselregen. Letztlich bin ich an diesem Tag eine komplette Runde um den Givnjuovárrduo gelaufen und dabei zum Schluss mit einem zusätzlichen Anstieg zum westlichen Fuß des Givnjuovárrduo dann wieder querfeldein so ziemlich dieselbe Route wie am Vortag durch das Sumpfgebiet zurück.

Soviel dann vom 17.09.2016.​
 
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Debilofant

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5. Etappe (18.09.2016):

Nach zwei Tagen Erholungsaufenthalt stand mit der 5. Etappe von der Servestugan zur Aigertstugorna die längste und anstrengendste vor mir. 19 km Laufweg mit mehreren Auf- und Abstiegen der handfesten Sorte, darunter der mit 1080 m zweithöchste Punkt des gesamten Kungsleden, der nur 20 m niedriger liegt als der Tjäktja-Pass im Kebnekaisegebiet. Grundsätzlich bietet diese Etappe wohl erstklassige Aussichten auf das Ammarfjället und das Norra Storfjället, aber das Wetter meint es mit mir an diesem Tag nicht gut. Gleich zu Tagesbeginn tiefhängende Wolken und mäßiger Regen. Das sah ganz nach einem Blindflug durch die Wolken aus mit aller Voraussicht um die 10-50 m Sichtweite. Bei zu schlechten Witterungsbedingungen weichen manche Kungsledenwanderer zwar auf den Alternativweg durch das Tjulträskdalen aus, aber da ich mich gestern von dessen zugewuchertem Zustand überzeugen konnte, war dies für mich keine Option, denn dort hätte ich mich zusätzlich zum Regen auch noch durch nasses Gestrüpp/Gras, etc. durchschlagen müssen und längere Strecken auf nassen Holzbohlen mussten auch nicht unbedingt sein.

An der Hängebrücke mit dem Wasserfall brauche ich aufgrund des bereits am Vortag erledigten Programms keinen Zwischenstopp mehr einschieben und laufe somit bis ca. Mitte des ersten Langanstiegs ohne Päuschen durch. Unter diesen Bedingungen sah die Umgebung bzw. das, was davon noch zu sehen war, reichlich trostlos aus. Einzig die Ebereschen hoben sich wohltuend von der grauen Einheitssoße ab.​

The Red Tree


Grey Day

Nach dem Anstieg wird der Regen noch einmal stärker und ich stecke mitten in den Wolken. Das Laufen ohne schöne Ausblicke hatte zumindest auch ein Gutes, denn ich konnte mich mehr auf den nassen Parcours und meine Füße konzentrieren. Nicht einmal die Rasthütte, die auf etwa Höhe des Berges Vuomatjåhkka ca. 100 m neben dem Kungsleden steht, bekomme ich zu Gesicht. Den ersten richtigen Stopp mache ich somit erst für das obligatorische Mittagspäuschen gegen ca. 13.00 Uhr. Während ich mir meine Riegelportion und eine Salami reindrücke, lichtet sich der Wolkenschleier für einen kurzen Moment etwas, sodass ich zumindest im Ansatz die Schlucht in Richtung Dårrauden erkennen kann und ungefähr wusste, wo ich mich befand - im Wunderland...​

Mittagspause irgendwo im Nirgendwo...


...bzw. gegenüber der Dårrauden-Schlucht
 
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Debilofant

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Obwohl die halbe Tagesstrecke damit bereits geschafft war, lag der gröbste Spaß noch vor mir. Knapp 3 km Anstieg zum Juovvatjåhkka-Pass mit ein paar zusätzlichen Zwischenab- und Wiederanstiegen über teilweise Geröllfelder und noch gröberes Blockgestein im Wolkenvorhang bei Regen - traumhafte "Aussichten". Immerhin war die Wegmarkierung auch dort oben vorbildlich und selbst bei der maximal bescheidenen Sicht stets erkennbar. In unmittelbarer Passnähe sprossen inmitten der Geröll- und Blockfelder wieder die bereits auf der zweiten Etappe kennen gelernten "Bäume" alias Kraut-Weiden aus dem Boden, die unwirtliche Klimabedingungen zuverlässig anzeigen bzw. halt eine monatelang geschlossenen Schneedecke benötigen.
Into the Void


Ghost Trail


A Caress of the Void


Stonegarden

Oben auf dem Pass steht auch noch eine weitere Wetterschutzhütte, an der ich bei diesen Sichtverhältnissen jedoch ebenfalls unbemerkt vorbeilaufe. Eine Ausschilderung wäre hier sicher sinnvoll und ergänzungswürdig, denn im Notfall wäre es schon eine bittere Ironie des Schicksals, wenn man auf der Zuflucht vor übelstem Wetter wetterbedingt die Wetterschutzhütte erst gar nicht findet...​
 
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Debilofant

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Hinter dem Pass schien sich die Sicht mit jedem herunter gestiegenen Meter wieder ein wenig zu bessern. Einmal glimmt hinter dem Wolkenpaket sogar die Sonne hindurch, deren genauen Standpunkt ich gleichwohl allenfalls grob erahnen als wirklich sehen kann. Auf Höhe der Bergseen laufe ich bereits etwas unter den Wolken hindurch und kann vom Ufer des Sees Tjålmure sogar die Hütte der Rentierwacht klar und deutlich erkennen. Da es seit einigen Kilometern keine nennenswerten Wasserläufe gab, habe ich meine Wasservorräte ausnahmsweise am Tjålmure aufgefüllt, der ja schließlich kein Moddertümpel war.
To Shiver in Empty Halls


Hütte der Rentierwacht am Tjålmure

Noch bevor ich den See auf kompletter Länge passiert habe, quälen sich doch tatsächlich ein paar Sonnestrahlen geradeso direkt bis auf die Erdoberfläche durch, die sogar dieser Mondlandschaft ein wenig Farbe einhauchen. Das Sonnenintermezzo währte zwar nur kurz, aber letztlich hatte ich das bislang tagesfüllende Wolkodrom auf diesem Abschnitt endgültig verlassen und zu regnen hatte es auch endlich aufgehört.
e035.gif

Crossing Over

Ein paar hundert Meter später, als ich vor dem Berg Dåriestjåhkka nach links in Richtung des letzten Berges dieser Etappe, den Uhtsa-Ájgart bzw. Lill-Aigert, einbiege, bekomme ich zwar keine wärmenden Sonnenstrahlen mehr auf die Nase, aber in gar nicht mal so großer Entfernung sehe ich doch tatsächlich ein Loch mit einem für diesen Tag schon gänzlich verschollen geglaubten blauen Himmel, beinahe wie abgezirkelt mutmaßlich so ziemlich genau über Ammarnäs.
Ein Lichtblick
 

Debilofant

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Für den Rest des Tages geht es dann spätestens ab der Engstelle zwischen dem Dåriestjåhkka und dem Uhtsa-Ájgart nur noch bergab. Als ich mich anschicke, das vorerwähnte Nadelöhr zu passieren, kommt mir rechts um die Ecke eine recht große Herde Rentiere entgegen. Für Gegenverkehr ist diese Stelle denkbar schlecht geeignet, weshalb ich mich ein paar Meter hangaufwärts bewegt und dort für die kommenden Minuten einfach "auf die Tribüne" gesetzt habe, um den Rentieren die Vorfahrt zu gewähren. Ich bin den wenig zutraulichen Fjällbewohnern als Fremdling mit obendrein auch schon wieder Fotoapparat in der Hand natürlich nicht entgangen, aber anstatt umzudrehen gehen sie ohne großen Bogen, den die Platzverhältnisse an dieser Stelle halt nicht zuließen, weiter ihrer Wege, allerdings mit einer gehörigen Portion Misstrauen. Nicht alle auf einmal, sondern zumeist nacheinander in kleineren Trupps, und ein paar Nachzügler gab es natürlich auch noch.
Rentierparade


Umdrehen oder Weiterlaufen?


Nachzügler

Von meiner während des Vorbeimarschs der Rentiere eingenommenen Sitzwarte aus habe ich einen immerhin bis zum Stuor-Ájgart zurückreichenden Blick, dessen Gipfel und Rücken noch immer in Wolken gehüllt bzw. eingetrübt waren. Das ergab im Zusammenspiel mit der weitläufigen Einöde ein wiederum einiges an Tristesse versprühendes Fotomotiv.
Throne of Void (Stuor-Ájgart)
 

Debilofant

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Nur einen guten Kilometer weiter sehe ich in einiger Entfernung auch schon die nächste Ansammlung von Rentieren, diesmal mitten auf dem Weg herumliegend bzw. sitzend. Bevor ich aber schussbereit war, hatte sich die Sitzblockade von selbst aufgelöst, denn mein unvermitteltes Aufkreuzen wurde mit einer kurzen Flucht quittiert. So stand der gerade noch dösende Rentiertrupp etwas bedröppelt ca. 30 m links neben dem Weg und guckte nahezu geschlossen zu mir rüber, was das jetzt wohl werden würde. Geheuer war ihnen die Situation offenbar nicht, weshalb sich der Rentiertrupp nach einem der Formation nach beinahe schon an "Streichelzoo" erinnernden Gruppenfoto wieder in genau die entgegengesetzte Richtung in Bewegung setzte, ohne nach links und nach rechts zu schauen über den Kungsleden rannte und dann ca. 30 m rechts vom Weg erneut und diesmal dann auch bis auf Weiteres zum Stehen kam.​

The Gathering: Bitte alle recht freundlich - "klick"!


Verkehrsrowdys


Zieh endlich Leine"!

Der Abstieg zur Aigertstugorna, die man nach Durchquerung der Engstelle zwischen dem Dåriestjåhkka und dem Uhtsa-Ájgart schon aus weiter Ferne sieht, zog sich und zog sich und zog sich, d.h. einschließlich der kurzen Sitzblockade mit den dazu eingefangenen Bildern und einiger Ministopps dauerte es noch gut zwei Stunden, bis ich vor der Hütte stand und mich für die Nacht einquartieren konnte.​

Farbcollage vom Wegesrand


Die Aigert-Hütten aus größerer Entfernung


Flames


letzter Rückblick auf den Stuor-Ájgart kurz vor den Hütten

Das war es dann mit den Eindrücken vom 18.09.2016.​
 

Debilofant

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6. Etappe (19.09.2016):

Das letzte Stück von den Aigert-Hütten nach Ammarnäs ist mit lediglich 8 km die kürzeste Etappe, die in der von mir gelaufenen Richtung zudem fast nur noch bergab verläuft. Bis Ammarnäs würde ich daher wohl nur wenige Stunden benötigen, weshalb ich mir für die erste Tageshälfte zunächst noch eine kleine Inspektion der näheren Hüttenumgebung vorgenommen hatte. Eine Anfrage beim Hüttenwirt ergab, dass ich bzw. besser gesagt mein Krempel ohne Zusatzkosten problemlos bis zur Mittagszeit in der Hütte verweilen konnte.

Pünktlich zum Sonnenaufgang war ich dann auch schon auf den Beinen und fand bereits am Trinkwassertümpel der Hütte nur einen sprichwörtlichen Steinwurf von dieser entfernt ein vor "lauter" Ruhe in nahezu jeder Hinsicht erstarrtes Plätzchen, von dem aus man die aufgehende Sonne über leicht vernebeltem Wasser dezent eingerahmt von minimalistischem Ambiente einfangen konnte, wenngleich an diesem Morgen zunächst nur für einen kurzen Moment durch eines der wenigen und dazu noch reichlich schmalen Wolkenfenster. Während die Sonne über dem Trinkwasserbecken aufging, stand auf der gegenüberliegenden Seite hoch über dem Abkühltümpel der Sauna und einer auch dort im Hintergrund herumwabernden Nebelbank noch der Mond am nach Westen hin hingegen fast wolkenlosen Firmament.​

Silence is the only Sound (dedicated to Kari Rueslåtten)


Even the Spirits are Afraid

Nur ein paar Meter nordwestlich der Hütte befindet sich ein kleiner Hügel, von dem aus man das Tjulträskdalen so ziemlich komplett überblickt und darüber hinaus auch nach Osten hin bis zum Horizont schauen kann. Als ich mich dorthin begebe, staune ich nicht schlecht, denn das gesamte Tjulträskdalen ist in Nebel gehüllt bzw. werden dort riesige Nebelschleier von einem leichten Windhauch über den Bergrücken des mehr hügelartigen Ruovdatje gewälzt. Unmittelbar von der Hütte aus war von diesem Spektakel noch nicht einmal etwas zu erahnen.​

Old Mornings Dawn


Ruovdatje
 

Debilofant

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Die beiden Seen Stor-Tjulträsket und Lill-Tjulträsket liegen zu meiner Linken unter einer fein säuberlich übergestülpten XXL-Nebelglocke, deren zunächst zäh anlaufende, gegen Ende hin dann aber ratzfatz verlaufende Auflösung ich während meiner Anwesenheit Stück für Stück von oben mitverfolgen kann. Der besseren Nachvollziehbarkeit des gut einstündigen Nebelauflösungsgeschehens halber habe ich innerhalb der folgenden Bilder die letzten den Auflösungsvorgang dokumentierenden Bilder von der Chronologie her etwas vorgezogen, d.h. es werden danach noch ein paar vor der Nebelauflösung entstandene Bilder mit anderen Motiven von der Nebelverpackung folgen.​

Lake of Tears



Steam Will Rise


Climbing Up the Walls


Season of Mist


Blow it All Away



Nebelreste vorm Stuor-Ájgart
 

Debilofant

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Dank der langsam dahin- bzw. hangaufwärts kriechenden Nebelbänke ließen sich mit dem Telezoom einigermaßen unwirklich anmutende Momentaufnahmen einfangen, vor allem dann, wenn die Nebelschleier bereits kahle Baumskelette zu umarmen begannen. Ob diese weitgehend kahlen Bäume dem zu Beginn der Tour in der Viterskalsstugan von mir abgewetterten Sturm geschuldet waren oder dies das Werk von Fjäll-Birkenspannern war, vermag ich nicht aufzulösen. Zu übersehen waren sie jedenfalls nicht.
Land of the Dead

Was von oben bei zunehmendem Sonnenschein sowohl insgesamt als auch im Detail äußerst reizvoll anzusehen war, dürfte unten am Seeufer ein leidlich nassklammes und zudem reichlich trübes Vergnügen gewesen sein. Ich hätte meinen Standpunkt nicht tauschen wollen.​

22 Below


Notes from the Underground


Wanderer Above the Sea of Fog


Your Heaven, My Underworld

In der Hoffnung, dass man nach der Bildverkleinerung die auch im Originalformat nicht sofort ins Auge stechenden fünf schwarzen Minipunkte im unteren Bilddrittel (mittig bis rechts) noch sehen kann, sei erläuternd angemerkt, dass dies kein Sensordreck ist und auch keine just im Moment der Aufnahme unmittelbar vor der Linse umherschwirrenden Insekten waren. Es handelt sich um fünf in größerer Entfernung frei über dem Nebelmeer umherjagende Piepmätze, deren sporadische Lautgebungen die einzigen weit und breit wahrnehmbaren und dadurch auch besonders markant nachhallenden Töne waren, sprich es herrschte ansonsten absolute, ja geradezu gespenstische Stille über dem Nebelmeer.
Virkelighetens Etterklang (dedicated to Katrine Stenbekk)
 

Debilofant

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Da der Vormittag mit dem Verschwinden des Nebels noch nicht rum war, habe ich die bis zum Mittag verbleibende Zeit noch für ein paar bodennahe Aufnahmen genutzt, von denen ich bislang irgendwie deutlich zu wenig eingetütet hatte. Bezeichnenderweise kam das immerhin mitgeschleppte Makro-Objektivs hierbei auch erst zum zweiten Mal während der Tour zum Einsatz, neben dem Weitwinkel-Objektiv. Farblich präsentiert sich im Herbst gerade die Bodenvegetation als bunter Teller mit zig Farbkombinationen und -variationen.
Alpen-Bärentraube in schmutzig Gelb/Rot


Alpen-Bärentraube in Bordeauxrot


Alpen-Bärentraube, Krähenbeere, Preiselbeere und Zwerg-Birke



Alpen-Bärentraube, Krähenbeere und Rentiermoos



Alpen-Bärentraube, diverse Moose, Preiselbeere, Myrsine-Weide

 

Debilofant

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Rauschbeerenstengel mang Alpen-Bärentraube und Preiselbeere


Hearts Alive


taubenetzte Rauschbeerenfrucht mang Alpen-Bärentraube, Krähenbeere und Zwerg-Birke


Rotting Misery


Farb-Mosaik
 

Debilofant

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Um so ziemlich genau 12:00 Uhr verlasse ich die Aigert-Stugorna bei inzwischen heiterem bis leicht bewölktem Wetter in Richtung Ammarnäs. Da der Kungsleden auf den ersten 2-3 km dieser Etappe noch nicht gleich in den Wald hinabführt, bekomme ich noch ein paar letzte Aussichten auf den Stuor-Ájgart und nach Osten hin eine Fernvorschau auf Ammarnäs und den See Gautsträsket.

Bye, bye Aigert-Hütten


Morphine Cloud


Feuchtgebiet im Abflussbereich des Ruovdatjjávvrie


Ammarnäs und Gautsträsket in Sicht

Einen richtigen Plan, was ich nach der Ankunft in Ammarnäs mit dem Rest des Tages bzw. den paar zusätzlich zur Verfügung stehenden Tage noch anstellen könnte, habe ich zu diesem Zeitpunkt nicht. So bin ich die letzte Etappe dann einfach nur vor mich hin gelaufen.​
 
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