AW: Rival jetzt Rocad
Lieber Haiopai,
drei Thesen vorweg, damit wir uns nicht missverstehen:
- es behauptet niemand, Rocad-Boote (früher Rival) seien die besten Boote die es gibt;
- jeder liebt i.d.R. sein eigenes Boot und wird seinen Kauf (und damit die Investition von viel Geld) im Nachhinein dadurch rechtfertigen, in dem er sein Boot als besonders toll darstellt. Das ist menschlich;
- jeder Bootskauf ist immer ein Kompromis! Mal mehr, mal weniger, aber DAS Boot für eine bestimmte Situation gibt es nicht.
Wenn wir uns unter den Vorzeichen auf dem Bootsmarkt umsehen (ich habe vier Stehsammler voll mit Prospekten!), dann finden wir wirklich wenige Boote, (a) die speziell für die Bedürfnisse von Anglern gebaut wurden/werden und (b) die speziell auf besondere Belastbarkeit ausgelegt sind. Zu a und b Bemerkungen:
a: Viele Boote auf dem hiesigen Bootsmarkt sind nett anzusehen, aber wenn es um die Belange der Angler geht, hat niemand mitgedacht. Ein Beispiel sind die häufig anzutreffenden Sitzbänke hinten, die es unmöglich machen, beim Drillen ganz ans Heck zu treten. Mike Luner ist sicherlich nicht einzige, der sein (mittlerweile verkauftes) Boot mit der Flex "customized" hat.
b: Wer wie ich schon mal ein Boot durch jahrelange kompromislose Angelei klein bekommen hat, es gipfelte in einem Wassereinbruch vor der Küste Simris (Mike erinnert sich gar nicht gerne daran, obwohl wir trockenen Fußes und mit eigener Kraft in den Hafen zurück kamen...), der widmet diesem Aspekt seine größte Aufmerksamkeit. Wenn ich mir beispielsweise angucke, wie viele Boote eines bekannten Herstellers mit vier Buchstaben schon abgesoffen sind, weil entweder der Ankerkasten unzureichend abgedichtet war oder hinten an den Selbstlenzventilen wegen mangelhafter Abdichtung Wasser nach und nach eindrang, dann schaudert es mich.
Wegen der eigenen fatalen Erfahrung mit vermeintlich preiswerten und tatsächlich billigen Booten, suchte ich vor Jahren nach einem Fabrikat, dass meinen Ansprüchen vollauf genügen würde. Wie so viele andere landete auch ich irgendwann bei den amerikanischen Schlachtschiffen wie Boston Whaler, Grady White, Robalo, oder wie auch immer die vielen vergleichbaren Marken heißen. Sie alle hatten jedoch einen gravierenden Nachteil (vom Preis einmal abgesehen....): alle unendlich schwer! Folge: nicht mit einem konventionellen PKW zu trailern. Da Du Dich ja in der Bootsbranche auskennst, weißt Du, dass die Amerikaner die Robustheit ihrer Boote über eine Unmenge an Material erreichen, nicht über die Güte der verwendeten Materialien. Sie können sich es auch leisten, da ein Jeep in Amerika bei den Treibstoffpreisen leichter zu unterhalten ist und zwei dicke Zweitakt-Außenborder mit dem billigen Sprit auch schmerzfreier befeuert werden können. Beide Aspekte machen solche Boote in Europa für "Normalos" jedoch unbezahlbar im Unterhalt.
Zurück zu mir: Wegen der fiesen Ostseewelle suchte ich vor etwa 5 Jahren nach einem Boot von mindestens 6 m Länge, das ich mit einem vorhandenen, dienstlichen Zugfahrzeug mit 1500 kg Anhängelast bewegen wollte. Die Rival 606 ist auch heute immer noch das einzige, mir bekannte 6-m-Boot, das dieses Kriterium erfüllt und dabei superrobust ist.
Die zweifellos enorme Festigkeit dieser Boote trotz des relativ niedrigen Gewichts erreicht der Werftinhaber über die Güte der verwendeten Materialien. Du weißt sicher, dass zwischen Matte und Matte enorme Unterschiede bestehen: ungerichtete Fasern, Kreuzgeflechte, Atlas-Flechtung, oder genähte Atlasflechtung oder oder..., nur um einige Varianten zu nennen. Letztere Variante hat meines Wissens bei gleichem Gewicht übrigens etwa die dreifache Festigkeit einer gewöhnlich geflochtenen Glasfasermatte.
Rocad baut in einzelne Modelle an kritischen Stellen sogar Kevlarmatten mit ein; mir ist nicht bekannt, ob das ein anderer Hersteller von Freizeitbooten ebenso tut. Mit dem Ergebnis, dass beispielsweise eine Rocad 706 mit Motoren und vollem Tank und Trailer noch von einem Zugfahrzeug bewegt werden darf, dessen Anhängelast 2 to beträgt. Ein vergleichbares Boot amerikanischer Bauart würde unabdingbar einen Jeep benötigen.
Doch damit nicht genug: Die Rauhwassereigenschaften sind für mich einfach phänomenal: Nach 5 Jahren wilder Heizerei mit meiner Rival 606 traue ich mich zu sagen, dass der Rumpf schweinisch gut ist. Das, was ich damit schon gemacht habe, traue ich keinem üblichen Freizeitboot hierzulande zu, ganz ehrlich. Und die Verarbeitung im Gel-Coat-Bereich ist einfach Spitze. Die Werft baut für den schwedischen Segelyachthersteller Hallberg-Rassy die Decksaufbauten, und ist damit mit höchsten Kundenansprüchen bestens vertraut.
Unter dem Strich bin ich ganz ehrlich von den Booten begeistert und überzeugt und bereue keine Krone, die ich dafür gezahlt habe. Nur kann ich gleichzeitig ganz easy akzeptieren, wenn andere Angler andere Meinungen und Einstellungen haben. Meinen Spleen muss niemand nachvollziehen oder nachleben. Ich bin glücklich, und das zählt für mich. Ich glaube Dolfin und die bisher zwei weiteren deutschen Rival-Besitzer sehen das genauso...