Eine Insel am anderen Ende der Welt. 20 Millionen verrückte Angler. Aber wie ticken die Japaner anglerisch? Wir stellen Euch die exotischsten Methoden und Fischarten aus Nippon vor. Heute: Tachiuo.
Bei meinem Messebesuch 2017 in Osaka sprangen mir an jeder Ecke seltsame Fotos ins Auge. Stolze Angler präsentierten lange, silberne Fische mit dem Körper eines Aals und dem martialischen Kopf eines Barrakudas. Die spitzen Zähne machten deutlich, dass es sich um einen Raubfisch handeln musste. Damit war ich mit meinem Latein aber auch schon am Ende. Welcher Fisch begeisterte die Japaner so sehr? Und warum? Meine Neugier war geweckt.
Foto: Gamakatsu/Spro
Beliebter Angelfisch: Der Tachiuo kann in Ausnahmefällen über zwei Meter lang werden
Yoshitaka Yamaguchi, Geschäftsführer von Spro Deutschland und mit den anglerischen Sitten seiner Landsleute bestens vertraut, klärte mich schnell auf. Der Fisch wird in Japan als „Tachiuo“ bezeichnet. Auf englisch heißt er „Largehead Hairtail“ und im Deutschen dann nur noch ganz profan „Haarschwanz“. Die japanische Version gefällt mir deutlich besser. „Tachi“ bedeutet „Schwert“ und „Uo“ Fisch – Schwertfisch. Der Name kommt einerseits natürlich von seinem silbernen, langen Körper. Andererseits auch von einer Besonderheit des Fisches. Er schwimmt nämlich vertikal durchs Wasser. Das sieht dann so aus wie ein frisch gezücktes Samurai-Schwert. Und annähernd so gefährlich ist der Tachiuo auch. Yoshitaka erzählte mir, dass der Fisch als aggressiver Räuber gilt, der nach allem schnappt, was ihm in die Quere kommt. Ganz egal, ob das Beutefische oder die Finger des Anglers sind. Aufpassen ist also angesagt! Allein der Gedanke, dass sich diese nadelähnlichen, scharfen Zähne in den Handballen bohren könnten, jagt einem Schauer über den Rücken.
Die Köder gleichen denen, die wir zum Beispiel auf Dorsch einsetzen. Von Gummifisch bis Pilker scheint alles zu funktionieren
Beliebter Speisefisch
Was mich überraschte: Der Tachiuo kommt nicht nur im japanischen Meer vor, sondern ist weit verbreitet (siehe Info am Ende des Beitrags). Den verschiedenen Arten der „Largehead-Familie“ wird von Kalifornien über Peru und Südafrika bis nach Ostasien nachgestellt. Und zwar nicht nur von Anglern, sondern vor allem von professionellen Fischern. Laut Wikipedia.de wurden 2009 sagenhafte 1,3 Millionen Tonnen gefischt. Damit war der Largehead einer der bedeutendsten Wirtschaftsfische weltweit. Kein Wunder, denn sein festes, weißes Fleisch gilt nicht nur in Fernost als Delikatesse. Bei den Japanern ist der Fisch sowohl roh beim Sushi als auch gegrillt und gebraten sehr beliebt. Und nicht zuletzt kommt er mit Ausnahme der Hokkaido-Inseln im Norden an allen japanischen Küsten in ordentlicher Zahl vor. Logisch, dass die japanischen Angler den Fisch ganz oben auf ihrer Liste haben.
Foto: Gamakatsu/Spro
Die spitzen Zähne verursachen sehr unangenehme Verletzungen. Angeblich schnappt der Tachiuo nach allem, was in seine Reichweite kommt. Vorsicht mit den Fingern!
Die Methoden sind vielfältig und nicht sehr kompliziert. Jiggen oder Pilken mit Kunstködern funktioniert genauso wie Naturköderangeln. Trotzdem ist es nicht ganz leicht, Tachiuo an den Haken zu bekommen. Das Problem besteht nämlich im Finden der Fische. Denn obwohl Tachiuo im Schwarm leben, sind sie auf dem Echolot gar nicht oder nur sehr schwer zu erkennen. Das liegt an ihrer vertikalen Schwimmhaltung, sodass ihre Körper den Sonarwellen so gut wie keinen Widerstand bieten. Den Anglern bleibt also nichts weiter übrig, als auf ihre Erfahrung zu setzen und die Fische beim Angeln zu suchen. Gefischt wird in der Regel in Tiefen zwischen 60 und 250 Metern, denn die Tachiuo halten sich tagsüber in Grundnähe auf. Nachts steigen sie auf und jagen oberflächennah. Dann lassen sie sich auch vom Ufer mit Wobblern oder Posenmontagen überlisten.
Foto: Gamakatsu/Spro
Kuttertouren sind in Japan sehr beliebt. Mein Eindruck war übrigens, dass in Japan deutlich mehr Frauen angeln, aber das kann auch täuschen. Ich war ja auf der Messe, wo viele "Vorzeige-Anglerinnen" die Stände betreuten. Ob das dem Geschlechterverhältnis an der Basis entspricht, weiß ich nicht
Erfolg vom Kutter
Am beliebtesten ist aber das Bootsanglen. So wie bei uns Kutterfahrten auf Dorsch, Makrele & Co stattfinden, fahren viele Japaner mit kommerziellen Tachiuo-Booten raus. Die beste Zeit reicht vom Spätsommer bis in den Winter hinein. Auf meine Frage, welche Köder sich denn besonders gut eignen, wurden mir normale Gummifische an schweren Bleiköpfen, Pilker und Beifänger gezeigt. Nichts außergewöhnliches. Bei einem Biss muss ein ruckartiger Anhieb gesetzt werden, denn das Maul ist sehr hart und es gibt viele Fehlbisse. Mich wunderte, dass die meisten Japaner auf ziemlich weiche Ruten setzen. Häufig verwenden sie sogar Fluorocarbon als Hauptschnur. Ich ließ mich aufklären: Das dient dazu, Drillaussteiger zu vermeiden. Wie man damit aber Bisse in über 100 Metern zuverlässig erkennen soll, wird mir ein Rätsel bleiben. Dass es die Japaner aber drauf haben, bewiesen die zahlreichen Videos, die auf der Messe liefen. Dort fingen die Profis munter einen Tachiuo nach dem anderen und hatten offensichtlich überhaupt keine Probleme damit zu bemerken, wann ein Fisch zugeschnappt hat. Vielleicht hämmern die aber ja so dermaßen aggressiv auf ihre vermeintliche Beute, dass man den Biss überhaupt nicht verpassen kann. Leider werde ich so schnell wohl nicht die Gelegenheit haben, das herauszufinden …
Gibt's hier im Board jemanden, der schon mal auf Tachiuo geangelt hat? Erfahrungen würden mich brennend interessieren.
Info: Der Tachiuo
Foto: Gamakatsu/Spro
Martialisch: Der Largehead wird bis zu zwei Meter lang. Spezielle Greifzangen erleichtern das Halten
Der „Largehead Hairtail“ (Trichiurus lepturus) gehört zur Familie der Haarschwänze (Trichiuridae). Diese leben in den wärmeren und tieferen Regionen von Atlantik, Pazifik und Indischem Ozean. Es gibt 47 Unterarten. Der in Japan befischte Tachiuo kann über zwei Meter lang und rund neun Kilo schwer werden. Meist ist er mit einem halben bis einem Meter aber deutlich kleiner. Schon die Jungfische steigen abends auf, um Krill zu jagen. Morgens ziehen sie sich genau wie ihre älteren Verwandten in tiefe Gewässerschichten zurück. Hauptnahrung sind Fische, Tintenfische und Garnelen.
Bei meinem Messebesuch 2017 in Osaka sprangen mir an jeder Ecke seltsame Fotos ins Auge. Stolze Angler präsentierten lange, silberne Fische mit dem Körper eines Aals und dem martialischen Kopf eines Barrakudas. Die spitzen Zähne machten deutlich, dass es sich um einen Raubfisch handeln musste. Damit war ich mit meinem Latein aber auch schon am Ende. Welcher Fisch begeisterte die Japaner so sehr? Und warum? Meine Neugier war geweckt.
Foto: Gamakatsu/Spro
Beliebter Angelfisch: Der Tachiuo kann in Ausnahmefällen über zwei Meter lang werden
Yoshitaka Yamaguchi, Geschäftsführer von Spro Deutschland und mit den anglerischen Sitten seiner Landsleute bestens vertraut, klärte mich schnell auf. Der Fisch wird in Japan als „Tachiuo“ bezeichnet. Auf englisch heißt er „Largehead Hairtail“ und im Deutschen dann nur noch ganz profan „Haarschwanz“. Die japanische Version gefällt mir deutlich besser. „Tachi“ bedeutet „Schwert“ und „Uo“ Fisch – Schwertfisch. Der Name kommt einerseits natürlich von seinem silbernen, langen Körper. Andererseits auch von einer Besonderheit des Fisches. Er schwimmt nämlich vertikal durchs Wasser. Das sieht dann so aus wie ein frisch gezücktes Samurai-Schwert. Und annähernd so gefährlich ist der Tachiuo auch. Yoshitaka erzählte mir, dass der Fisch als aggressiver Räuber gilt, der nach allem schnappt, was ihm in die Quere kommt. Ganz egal, ob das Beutefische oder die Finger des Anglers sind. Aufpassen ist also angesagt! Allein der Gedanke, dass sich diese nadelähnlichen, scharfen Zähne in den Handballen bohren könnten, jagt einem Schauer über den Rücken.
Die Köder gleichen denen, die wir zum Beispiel auf Dorsch einsetzen. Von Gummifisch bis Pilker scheint alles zu funktionieren
Beliebter Speisefisch
Was mich überraschte: Der Tachiuo kommt nicht nur im japanischen Meer vor, sondern ist weit verbreitet (siehe Info am Ende des Beitrags). Den verschiedenen Arten der „Largehead-Familie“ wird von Kalifornien über Peru und Südafrika bis nach Ostasien nachgestellt. Und zwar nicht nur von Anglern, sondern vor allem von professionellen Fischern. Laut Wikipedia.de wurden 2009 sagenhafte 1,3 Millionen Tonnen gefischt. Damit war der Largehead einer der bedeutendsten Wirtschaftsfische weltweit. Kein Wunder, denn sein festes, weißes Fleisch gilt nicht nur in Fernost als Delikatesse. Bei den Japanern ist der Fisch sowohl roh beim Sushi als auch gegrillt und gebraten sehr beliebt. Und nicht zuletzt kommt er mit Ausnahme der Hokkaido-Inseln im Norden an allen japanischen Küsten in ordentlicher Zahl vor. Logisch, dass die japanischen Angler den Fisch ganz oben auf ihrer Liste haben.
Foto: Gamakatsu/Spro
Die spitzen Zähne verursachen sehr unangenehme Verletzungen. Angeblich schnappt der Tachiuo nach allem, was in seine Reichweite kommt. Vorsicht mit den Fingern!
Die Methoden sind vielfältig und nicht sehr kompliziert. Jiggen oder Pilken mit Kunstködern funktioniert genauso wie Naturköderangeln. Trotzdem ist es nicht ganz leicht, Tachiuo an den Haken zu bekommen. Das Problem besteht nämlich im Finden der Fische. Denn obwohl Tachiuo im Schwarm leben, sind sie auf dem Echolot gar nicht oder nur sehr schwer zu erkennen. Das liegt an ihrer vertikalen Schwimmhaltung, sodass ihre Körper den Sonarwellen so gut wie keinen Widerstand bieten. Den Anglern bleibt also nichts weiter übrig, als auf ihre Erfahrung zu setzen und die Fische beim Angeln zu suchen. Gefischt wird in der Regel in Tiefen zwischen 60 und 250 Metern, denn die Tachiuo halten sich tagsüber in Grundnähe auf. Nachts steigen sie auf und jagen oberflächennah. Dann lassen sie sich auch vom Ufer mit Wobblern oder Posenmontagen überlisten.
Foto: Gamakatsu/Spro
Kuttertouren sind in Japan sehr beliebt. Mein Eindruck war übrigens, dass in Japan deutlich mehr Frauen angeln, aber das kann auch täuschen. Ich war ja auf der Messe, wo viele "Vorzeige-Anglerinnen" die Stände betreuten. Ob das dem Geschlechterverhältnis an der Basis entspricht, weiß ich nicht
Erfolg vom Kutter
Am beliebtesten ist aber das Bootsanglen. So wie bei uns Kutterfahrten auf Dorsch, Makrele & Co stattfinden, fahren viele Japaner mit kommerziellen Tachiuo-Booten raus. Die beste Zeit reicht vom Spätsommer bis in den Winter hinein. Auf meine Frage, welche Köder sich denn besonders gut eignen, wurden mir normale Gummifische an schweren Bleiköpfen, Pilker und Beifänger gezeigt. Nichts außergewöhnliches. Bei einem Biss muss ein ruckartiger Anhieb gesetzt werden, denn das Maul ist sehr hart und es gibt viele Fehlbisse. Mich wunderte, dass die meisten Japaner auf ziemlich weiche Ruten setzen. Häufig verwenden sie sogar Fluorocarbon als Hauptschnur. Ich ließ mich aufklären: Das dient dazu, Drillaussteiger zu vermeiden. Wie man damit aber Bisse in über 100 Metern zuverlässig erkennen soll, wird mir ein Rätsel bleiben. Dass es die Japaner aber drauf haben, bewiesen die zahlreichen Videos, die auf der Messe liefen. Dort fingen die Profis munter einen Tachiuo nach dem anderen und hatten offensichtlich überhaupt keine Probleme damit zu bemerken, wann ein Fisch zugeschnappt hat. Vielleicht hämmern die aber ja so dermaßen aggressiv auf ihre vermeintliche Beute, dass man den Biss überhaupt nicht verpassen kann. Leider werde ich so schnell wohl nicht die Gelegenheit haben, das herauszufinden …
Gibt's hier im Board jemanden, der schon mal auf Tachiuo geangelt hat? Erfahrungen würden mich brennend interessieren.
Info: Der Tachiuo
Foto: Gamakatsu/Spro
Martialisch: Der Largehead wird bis zu zwei Meter lang. Spezielle Greifzangen erleichtern das Halten
Der „Largehead Hairtail“ (Trichiurus lepturus) gehört zur Familie der Haarschwänze (Trichiuridae). Diese leben in den wärmeren und tieferen Regionen von Atlantik, Pazifik und Indischem Ozean. Es gibt 47 Unterarten. Der in Japan befischte Tachiuo kann über zwei Meter lang und rund neun Kilo schwer werden. Meist ist er mit einem halben bis einem Meter aber deutlich kleiner. Schon die Jungfische steigen abends auf, um Krill zu jagen. Morgens ziehen sie sich genau wie ihre älteren Verwandten in tiefe Gewässerschichten zurück. Hauptnahrung sind Fische, Tintenfische und Garnelen.