Fusionseklat der Anglerverbände: VDSF verliert größten Landesverband
Wie das Internetforum Anglerboard heute vormittag vermeldet, hat der größte Landesverband des Verbandes deutscher Sportfischer (VDSF), der LFV Bayern seine Mitgliedschaft im Bundesverband gekündigt. Damit verliert der VDSF während der Schlussphase der geplanten Fusion mit dem in Ostdeutschland beheimateten Deutschen Anglerverband (DAV) rund 130.000 Mitglieder. Über die ebenfalls drohenden Austritte der Landesverbände Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen ist noch nicht entschieden.
Kommentar
Von Dr. Thomas Günther
Das war’s dann wohl. Die Einheit der deutschen Angelfischerei ist gescheitert.
Niemand kann ernsthaft daran zweifeln, dass die internen Auseinandersetzungen im VDSF über den weiteren Umgang mit dem Fusionsthema den Ausschlag für die bayerische Kündigung gegeben haben. Bereits im vergangenen Jahr konnte ein sofortiger Austritt Bayerns angesichts der einseitigen Absage von Fusionsgesprächen durch den VDSF nur mit Mühe abgewendet werden. Stattdessen verpflichtete die Mitgliederversammlung das Bayern-Präsidium auf eine Kündigung, wenn die Fusion nicht in 2012 erreicht werden kann. Zwar schien es zunächst nicht dazu zu kommen, nachdem die Initiative Pro DAFV die VDSF-Mitgliederversammlung im Herbst 2011 überzeugen konnte, die Fusion mit den vorhandenen Gründungsdokumenten vollziehen zu lassen. Die neuerlichen Prozessstörungen durch das VDSF-Präsidium im Februar 2012 in Gestalt eines Antrages, die Fusion ohne den DAV (sic!) durchzuziehen, sowie die Bekräftigung dieses Un-Kurses durch das jüngste Schreiben von VDSF-Präsident Mohnert an Bayern-Präsident Braun dürften die weiß-blaue Maß endgültig zum Überlaufen gebracht haben. Zu Recht!
Noch ist nicht ausgemacht, ob es nicht in einem halben Jahr doch zu einer “Fusion” kommen wird, sei es auf dem integrierenden Weg der Initiative Pro DAFV, sei es ohne DAV nach den Plänen von Präsident Mohnert. Der Verbandsausschuss des VDSF befindet über den weiteren Fortgang erst am 21. April. Deswegen wird die Schuldzuweisung nicht lange auf sich warten lassen: die Kündigung Bayerns sei verfrüht und erfolge auf der Basis einer unübersichtlichen Sachlage. Doch das wird die Bayern nicht anfechten: Sie haben auf der Basis einer ultimativen Beschlusslage gehandelt und sind erfahren genug einschätzen zu können, dass der Antrag auf “Fusion ohne DAV” am 21. April voraussichtlich die Mehrheit erhalten wird. Eine solche “Fusion” à la Mohnert ist aber keine, denn sie stellt die Einheit der deutschen Anglerschaft nicht her und verfehlt damit ihren einzigen Rechtfertigungsgrund.
Selbst wenn jetzt eine Fusion, die den Namen halbwegs verdient, zustande kommen sollte, so ist das Vorhaben gleichwohl politisch beerdigt. Ein Zusammenschluss durch den Beitritt von rund 250.000 DAV-Mitgliedern erkauft durch den Austritt von 130.000 (plux X) VDSF-Mitgliedern! Ein wahrlich hoher Preis. Seit heute morgen ist klar, dass es zwar eventuell einen Zusammenschluss, aber keine Einheit der (organisierten) Angler geben wird. Von dem qualitativen Verlust der bayerischen Stimme und Expertise ganz zu schweigen. Kommt es zu weiteren Kündigungen von Landesverbänden, so gerät das Vorhaben rechnerisch schnell zu einem Nullsummenspiel, besser zu einer Nullsummentragödie.
Es waren nicht die vielen handwerklichen Mängel, vermutlich nicht einmal das krasse Demokratiedefizit durch einen diskussionsfeindlichen Zeitplan, die das Vorhaben der einheitlichen Interessenvertretung auf Bundesebene zum Fall gebracht haben. Schon gar nicht waren es die Stimmen der kritischen Begleiter oder der Fusionsgegner. Keiner der Beteiligten wird einen Zweifel haben, dass das Projekt an den immer neuen Volten eines VDSF-Präsidenten Mohnert gescheitert ist. Eines Peter Mohnert, der weder die Gründe für seine einseitigen Verhandlungsabbrüche konkret benennen noch die Zweifel an der Ernsthaftigkeit seines Kandidaturverzichts zerstreuen konnte. Eines Peter Mohnert, der für die Chance, selbst erster Präsident des Fusionsverbandes zu werden die tiefste Spaltung des VDSF riskiert und bekommen hat. Seit heute ist klar: Peter Mohnert wird nicht Einheitspräsident.
Noch vor wenigen Wochen hatte Peter Mohnert es in der Hand. Er hätte klar und unwiderruflich seinen Verzicht auf eine Kandidatur erklären können, statt lediglich wachsweich auf das Fehlen dahingehender Ambitionen zu verweisen. Und er hätte seinen Antrag auf “Fusion ohne DAV” zurücknehmen können, ja müssen. Nicht, weil er dazu eindringlich von Bayern und Mecklenburg-Vorpommern aufgefordert wurde. Sondern weil dieser Antrag den DAV-Dachverband von der Mitgliedschaft im Fusionsverband und von der Mitgestaltung des weiteren Prozesses ausgeschlossen hätte. Das hätte, wie auch der brachial und öffentlich ausgetragene Streit mit der Initiative Pro DAFV, die Anglerschaft nicht geeint, sondern gespalten.
Diese Konsequenz des Mohnert-Plans haben viele verantwortliche Funktionäre nicht sehen wollen. Längst ist die Fusion, über die seit über vier Jahren gezerrt und gestritten worden ist, selbst für Insider zum Ekelthema geworden, mit dem man vor den eigenen Mitgliedern keine Punkte mehr machen kann. Zu gerne glaubte man deswegen im VDSF, dass die Fusion die Landesverbände gar nicht berühre und dass man den “Fusionsexperten” in der Offenbacher Zentrale wie immer das Feld überlassen könne. Währenddessen gab man sich im kleineren DAV der Illusion hin, alles Gute noch nach der Fusion in den neuen Verband einbringen zu können. Die aktuellen Entwicklungen widerlegen beide Irrglauben.
Jetzt liegt ein Trümmerfeld dort, wo die Jubelfahnen der Anglereinheit gehisst werden sollten. Die Brocken sind zu groß, als dass man sie übersehen kann. Der VDSF gleicht einem Wagen, der eines seiner Antriebsräder verloren hat und dessen Fahrer unbeirrt mit Vollgas und mit geschlossenen Augen Richtung Abhang rast. Der Beifahrer Verbandsausschuss mag hoffen, dass irgendwann der Tank leer ist – oder er greift ins Lenkrad. Am 21. April ist dazu die letzte Chance. Und auch im Anhänger, in dem der DAV sitzt, sollte man jetzt die Bremshebel in die Hand nehmen, statt weiter dem Tagtraum nachzuhängen, es handele sich um eine Spazierfahrt. Das alles hat längst aufgehört, ein Spiel zu sein. Angesichts der unübersehbar desolaten Situation muss jetzt Verantwortung übernommen und gehandelt werden. Weiterhin auf die vielbeschworene Schimäre der Einstimmigkeit zu setzen heißt zu übersehen, dass Bayern seine Stimme zur “Fusion” ohne DAV bereits und mit guten Gründen abgegeben hat. Der größte Landesverband des VDSF hat mit Nein! gestimmt.