Freitag 12.02.2021
Heute sollte eigentlich meine alljährliche Reise zum WoBa angeln nach Griechenland starten… Also, wie jedes Jahr gegen 12:00 Feierabend machen und dann nach Frankfurt, bei Freunden übernachten, um 03:00 aufstehen und ab zum Großparkplatz und dann zum Flughafen um den Flieger nach Athen zu nehmen. Von dort aus sollte es zum Westpeleponnes gehen und 14 Tage lang auf WoBa geangelt werden. Nun, Corona hat uns allen einen Strich durch die Rechnung gemacht und vor lauter Wehmut und Winterblues (draußen vor meiner Haustür liegen 60cm Schnee) sitze ich und schreibe von meiner letzten Reise im Februar 2020. Naja, ich habe bisher hier nicht viel beigetragen, insofern eine gute Gelegenheit.
In Athen angekommen hielt sich die Enttäuschung über den plötzlichen Wintereinbruch in Grenzen. Ich brauche zu WoBa angeln – deswegen war ich ja gekommen – keine Sommertemperaturen, im Gegenteil, Wind und Wetter sind beste Voraussetzungen, aber ein plötzlicher Wintereinbruch ist wie überall an schlechten Fangaussichten kaum zu überbieten..
Zwar bedeutete dies für meine Angelei nichts positives, aber die Freude ab jetzt 14 Tage nur für mich zur Verfügung zu haben überwog deutlich! Die Berge um Athen waren weiß, und der Fahrer von der Autovermietung der mich abholte erzählte mir dass es bis vor 3 Tagen 15°C hatte. Nun waren es 4°C…
Der Weg von Athen nach Euböa, das 1. Ziel meiner Reise, dauert bis zum Ort Chalkis ca. 1 ½ h und viele Erinnerungen an meine Kindheit und Jugend werden geweckt. Ich bin hier in Athen aufgewachsen und später als Jugendlicher diese Strecke sehr oft gefahren – schon damals mit demselben Ziel – eine Fisch zu fangen!
Das Meer ist in Hellas allgegenwärtig. Mit einer Küstenlinie von mehr als 13.500km besitzt das Land der Götter eine ähnlich lange Küste wie Neuseeland. Geschuldet ist dies den über 3.000 Inseln, wovon allerdings nur knapp 170 besiedelt sind. Zerklüftetes, karges Land umringt von Meer, so beschreibt man am ehesten den Großteil Griechenlands. Insbesondere viele der Inseln entsprechen dieser Beschreibung. Grüne Inseln wie Ithaka - die Heimat Odysseus, Thassos, Korfu oder Alonissos bilden die Ausnahme und bestätigen die Regel. Euböa ist beides -im Norden grün im Süden Karg
Die Nähe zum Festland und zu Athen machen Euböa zu einem sehr schnell erreichbaren Ziel, da der Athener Hauptflughafen quasi um die Ecke ist. Sie ist mit dem Festland durch eine Brücke verbunden (Chalkis). Und trotzdem: Es gibt nicht viele Gegenden in Griechenland welche sich im Hinblick auf Natur und Menschen so eine Ursprünglichkeit bewahrt haben. Fast unberührte Wälder, Gebirgslandschaften, Wasserfälle und Schluchten hinterlassen bei Besuchern bleibenden Eindruck.
Die Vielseitigkeit Griechenlands kommt auf dieser Insel sehr gut zum Ausdruck. Von dicht bewachsen und dunkel Grün im Norden, zu schroff und karg im Süden. Auf der Nordseite der Insel blickt man auf die Inseln Skiathos, Skopelos und Alonissos (Sporaden) und nicht selten sieht man hier Delfine oder gar die ein oder andere Meeresschildkröte auftauchen und nach Luft schnappen.
Ein Phänomen welches auf Euböa im Gegensatz zum Rest von Griechenland allgegenwertig ist, ist die Tide. Gerade bei Neu- und Vollmond in Chalkis, der Inselhauptstadt aber auch an einer Stelle welche nur wenige km von meiner Unterkunft entfernt ist, spürt man die Kraft der Natur sehr deutlich. Gewaltige Wassermassen werden dann in Bewegung gesetzt und versuchen dort auf einen Schlag die Meerenge zu passieren.
Nach einem kurzen Fotostop setze ich meine Reise über die Berge Euböas in Richtung Nordinsel fort. Ich lebe im Harz und ich finde es schon Lustig dass ich den ersten Schnee für 2020 in Griechenland sehe. Mein Freund der mich früher immer begleitete aber nun zum Windel Wechseln verdonnert ist, lachte schon als er die Fotos sah und meinte dass ich besser Skier mitgenommen hätte anstatt Angelruten…
Links das Festland, rechts und geradezu die verschneiten Berge Euböas. In der Mitte die kleinste Brücke der Welt, welche Festland mit einer Insel verbindet.
Nach weiteren 3h bin ich am Ziel in Nord-Euböa angekommen. Hier unten an der Küste lag auch kein Schnee mehr und die Temperaturen hatten moderate 8°C. In den nächsten Tagen war sogar eine Gutwetterperiode angesagt mit stetig steigenden Temperaturen bis 19-20°C.
Das Schmelzwasser aus den Bergen floss in kleinen Bächen in Richtung Meer. Eigentlich gute Voraaussetzungen...
Griechenland, nicht Kanada
Griechische Eselspfade!
Nach 3-4 Tagen lachte auch Klärchen wieder und schien um die Wette!
Mittlerweile war es nachmittags und nach dem „reinwerfen“ der Klamotten in meine Unterkunft, ging es zum Fischerhafen um die Ecke um die ersten Würfe zu machen. Natürlich war ich platt und natürlich biss auch nix. Die Einheimischen Rentner mit ihren Handangeln an der Kaimauer hatten auch nichts Positives zu berichten – der Kälteeinbruch…
Es gibt wohl keinen weiteren Sportfisch im Mittelmeer, dessen Fang so sehr mit den äußeren Bedingungen zusammenhängt und so viel Ortskenntnis erfordert wie der Wolfsbarsch. Die Jahreszeit und die äußeren Bedingungen eines Spots stehen in enger Beziehung zu Mondphase, Strömung und Uhrzeit.
Die Monate Januar & Februar gehören in Griechenland zu den Top Monaten für das Fischen auf mittlere und große Wolfsbarsche. Ab Dezember kommen die Fische zu Laichen an bestimmte Küstenabschnitte. Große Schwärme bilden sich und ziehen zu den Laichgründen. Inmitten dieser Schwärme bestehend aus vielen Hundert kleinen bis mittleren Fischen, sind auch die großen Weibchen zu finden. Vor und nach dem Laichgeschäft sind diese Fische (ab ca. 8 Pf. bis hin zu Fischen von über 9 oder 10 Kilo) Einzelgänger, einsame Wölfe sozusagen… Auf diese Zeit der Einzelgänger freue ich mich jedes Jahr und träume von einem dieser Fische - denn im Schwarm zwischen den vielen anderen Fischen sind sie nicht zu fangen.
Das Meer vor der Euböischen Nordküste (Ägäis-Seite) ist mit Fischzuchten übersät. Gezüchtet werden Wolfsbarsch und Doraden. Durch Stürme und Unfälle entkommen hier viele Tausende Fische jedes Jahr und dementsprechend gibt es einen guten Bestand an (meist kleinen) Fischen die in kleinen Trupps die Küste hoch und runter patrouillieren. In den kleinen Häfen der Region kann man gut die vielen kleinen und mittleren Fische beobachten. Sogenannte Hafenfische sind idR Standorttreu und legen ein völlig anderes Verhalten an den Tag als Ihre herumziehenden Artgenossen an den Küsten und die wenigen großen Exemplare gelten als (fast) unfangbar. Nach Stürmen oder in der Dunkelheit steigen aber auch hier die Chancen einen dieser Fische zu überlisten. Dies ist mit eines der Gründe warum die Monate Januar, Februar und teilweise der März die Chancen erhöhen einen guten Fisch ans Band zu kriegen – es regnet und stürmt etwas mehr als den Rest des Jahres, das Wasser ist nicht mehr ganz so klar, der Badebetrieb ist längst eingestellt und kleine Fische lassen sich aus der Deckung in der tosenden See leicht erbeuten. jetzt wird der Jäger zum Gejagten
Ideale Bedingungen! Leider der einzige Tag des Trips auf Euböa
Die Angelei gestaltet sich ähnlich der Meerforellenfischerei mit der Spinnrute und oft empfiehlt sich auch die one-cast one-step Herangehensweise. Als Köder werden idR flachlaufende Wobbler bevorzugt mit Längen - je nach Jahreszeit - von 5 – 15 cm. Die Farben variieren je nach Trübung, von Naturgetreu bis hin zu grellen Schockfarben.
Die nächsten Tage auf Euböa waren freundlich und windstill. Das Meer lag spiegelglatt vor meinen Füßen und die erhofften Fische beschränkten sich auf ein paar Exemplare unter 60cm alle beim UL Fischen gefangen. Das Meer war einfach zu freundlich und klar für mein Vorhaben. Auch die Besuche an Fluss- bzw Bacheinläufen, welche nun durch die Schneeschmelze in den Bergen zu Hauf zu finden waren, blieben bis auf ein paar kleine Fische wenig erfolgreich.
Aidipsos - Eine wunderbare kleine Stadt an deren Hafen man auch leichtes Shore Jigging betreiben kann. Das Meer fällt hier auf 25-30m ab und auch Dentex und mittlere AJs gehen hier an den Haken
Es regnete Felsbroken! Es war die einzige Verbindungsstraße von der Unterkunft zu den Spots. Nachts auf der Rückfahrt kein Vergnügen...
Alle Fische die ich fangen konnte waren klein und bissen fast alle spät abends als es schon dunkel war oder eben wie schon erwähnt beim UL Fischen tagsüber. Die frühen Morgenstunden hatte ich für mich nach dem ersten Tag schon ausgeklammert und habe lieber ausgeschlafen. Ich wusste dass Fische an den bekannten Spots waren, es biss aber nicht viel! Meine Annahme wurde dann auch ein paar Tage später von 2 Speerfischern bestätigt. Ich hatte sie an meinem Spot des Vorabends getroffen (Strandabschnitt mit Flusseinlauf) als einer von beiden gerade die Jagd im Flachen beendet hatte und sich umzog. Ich kam nicht drum herum mit ihm eine Runde zu plaudern, denn ich habe früher selber viel mit der Harpune gejagt und tue dies immer noch – meistens im Sommerurlaub.
Ein Baby Wolf - Mit UL an der Hafenaußenkante gefangen
Der Kollege hatte einen schönen Wolf um die 5Pf. an der Boje hängen und erzählte mir das sie, in den 1 ½ h in denen sie unterwegs waren, einen Strandabschnitt von ca. 150 m Länge, 20 m Breite befischten, mit max. Tiefen von 3m (eher flacher) befischt hatten. Auf dem gesamten Abschnitt konnten sie reichlich Fische beobachten und sein Kollege hatte 3 weitere Fische in derselben Größenordnung geschossen. Auch 2 große Fische über 8Pf. konnten Sie direkt vor dem Strand in 5m Entfernung beobachten.
Er bestätigte meine Vermutung dass Fische vor Ort waren und zwar in guten Stückzahlen. Wie bereits erwähnt war ich am Vorabend dort und hatte geblankt doch natürlich haben die Fische und die Aussagen der beiden Spearos mir den nötigen Auftrieb gegeben um an diesem Abend erneut anzugreifen – hochkonzentriert! Aufgrund des Schneefalls der letzten Tage führte der kleine Fluss viel Wasser aus den Bergen hinab ins Meer. Allerdings führte das Wasser etwas weiter oben durch kilometerlange Kiesbetten und kam, quasi gefiltert und kristallklar am Meer an. Wir hatten Vollmond und eine leichte Strömung kam auf. Bis auf die Sichtigkeit Unterwasser waren das nicht die schlechtesten Bedingungen für mein Vorhaben einen guten Fisch an die Schnur zu bekommen. Bis in die Nacht angelte ich an diesem Abend und konnte zum Schluß noch einen etwas besseren Fisch verhaften…
Der Spot an dem ich die beiden Spearos traf. Die Bäume am Wasser waren dort seit dem Unwetter 2017 wurde mir erzählt. Sie wurden aus den Bergen bis hierher mitgerissen...
Der Wolfsmond
In den Paar Tagen auf Euböa habe ich soviel interessantes erlebt, ich könnte ein ganzes Buch schreiben. Die Meeresschildkröte in Chalkis, tägliche Delfinsichtungen – teilweise wenige Meter von der Küste entfernt, Felsblöcke welche durch den Frost vom Berg auf die Strasse wie Kometen einschlugen, einen verlorenen Zackenbarsch um die 4-5 kg im Hafenbecken und vieles mehr…
Umso mehr freute ich mich auf die Weiterreise zu meinem nächsten Ziel, Messolongi!
To be continued