Wasserkraft: Jeder fünfte Fisch stirbt!

Pressemeldung DAVF

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Insbesondere Wanderfische wie der Aal oder der Lachs haben kaum eine Zukunft in Deutschlands Flüssen. Illustration: DAFV

Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) Berlin haben die globale Sterblichkeit von Fischen bei der Passage von Wasserkraftwerken untersucht. Die Auswertung und Ergebnisse beziehen sich auf Daten von mehr als 275.000 Fischen und 75 Fischarten. Das Ergebnis – jeder fünfte Fisch, der die Turbine einer Wasserkraftanlage flussabwärts durchquert, erleidet tödliche Verletzungen!

Negative Effekte der Wasserkraft für das Ökosystem Fluss​

Speziell in Anbetracht der weltweit schwindenden fossilen Energieträger, steigt der Druck, den heutigen Strombedarf aus regenerativen Energiequellen zu decken stetig. Eine Form dieser regernativen Stromgewinnung ist die Wasserkraft. Zwar mag die aus Wasserkraft gewonnene Energie rein rechnerisch betrachtet regenerativ sein - die negativen ökologischen Effekte, die damit einhergehen, sind es nicht und bleiben meist unter der Wasseroberfläche verborgen. Durch den mit der Wasserkraft verbundenen Aufstau der Flüsse kommt es zu weitreichenden Veränderungen des Abflussgeschehens und der Flussmorphologie, zur Erwärmung der Gewässer, zur verstärkten Emission von Treibhausgasen sowie zum Verlust des Sedimenttransports und wichtiger Habitate. Darüber hinaus hinterlassen die Wasserkraftturbinen enorme Spuren an den Fischen, wenn diese versuchen flussabwärts zu wandern. Abrupte Druckänderungen, Kavitation, Turbulenzen und Scherkräfte innerhalb der Turbinen sowie physischer Kontakt mit den Schaufeln der Turbine enden für die Fische nicht selten tödlich. Fische können dem kaum ausweichen. Im Gegensatz zur Windkraft, bei der sich der Rotor frei in der Luft bewegt und umflogen werden kann, wird bei der Wasserkraft der Fluss, d.h. der gesamte Fisch-Lebensraum durch die Turbine gezwungen.

Unklare Datenlage​

Aufgrund der unklaren Datenlage, wie viele Fische beim Durchqueren von Wasserkraftanlagen tödlich verletzt werden, hat Dr. Johannes Radinger (Erstautor der Studie) mit den Kollegen Ruben van Treeck und Dr. Christian Wolter alle verfügbaren und abgesicherten Daten und Studien hinsichtlich der Sterblichkeit zusammengetragen und analysiert. Neben der erstmaligen globalen Betrachtung der von Wasserkraftanlagen ausgehenden Mortalität auf Fische, wurden in der Auswertung ebenfalls die Unsicherheiten bezüglich des Fisch Handlings sowie methodischer Unterschiede der Fischbestandsaufnahmen der einzelnen Studien berücksichtigt.

Ergebnis: 22,3% Mortalität durch Wasserkraftturbinen​

Das Forscherteam kam zu dem Ergebnis, dass global mehr als jeder fünfte Fisch (22,3%) beim Passieren einer Wasserkraftturbine tödliche Verletzungen erleidet. Somit ist die Wasserkraft mit ihren über 21.000 Anlagen in Europa als eine maßgebliche Ursache für den Rückgang von Wanderfischarten zu sehen. Aufgrund der Tatsache, dass in den meisten Flüssen mehrere solcher Anlagen stehen, sind die kumulativen Auswirkungen auf die Wanderfischbestände in der Realität noch höher anzusiedeln.

Bedeutung der Ergebnisse​

Eine Mortalitätsrate von 22,3% über alle Anlagen und Konstellationen, unabhängig von der Anlagengröße sind auch deshalb bedeutsam, weil z.B. in Deutschland nur 436 Anlagen mit einer installierten Leistung ≥1 MW 86% des Stroms aus Wasserkraft produzieren. Die große Anzahl der kleineren Wasserkraftanlagen produziert bei gleicher durchschnittlicher Fischsterblichkeit zusammen nur einen Bruchteil des Stroms. Zudem sind die meisten der geschätzten 7400 Anlagen der kleinen Wasserkraft in Deutschland aus umweltverträglicher Sicht hoffnungslos veraltet und mit vertretbarem Aufwand kaum zu modernisieren.

Für die Zielerreichung von Wasserrahmenrichtlinie und Biodiversitätsstrategie sollte man an vielen Standorten eher über einen Rückbau anstatt über erleichterte Genehmigungsverfahren für Wasserkraftanalgen nachdenken.

„Wir fragen uns wie Deutschland jemals die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie erreichen will. Nach 20 Jahren Umsetzung sind immer noch weniger als 10% der Fließgewässer in Deutschland in einem „guten ökologischen Zustand“ und wir sehen auch keine ernstzunehmenden Konzepte der Bundesregierung dies in absehbarer Zeit zu ändern.“, so Alexander Seggelke, Geschäftsführer des DAFV.

Quellen:
Radinger, J., van Treeck, R., Wolter, C. (2022). Evident but context-dependent mortality of fish passing hydroelectric turbines. Conservation Biology, 1-12. DOI: 10.1111/cobi.13870



Wie seht Ihr das? Sollten die kleinen Anlagen abgebaut werden oder gibt es eine andere Alternative? Schreibt uns Eure Meinung!
 
Sollten die kleinen Anlagen abgebaut werden

Auf jeden Fall!
Es gibt doch genug Alternativen zur Stromerzeugung.

Die verursachten Schäden sind immens im Vergleich zum lächerlichen Beitrag zur Stromerzeugung, den die (kleine) Wasserkraft leistet!

Am gesamtdeutschen Bruttostromverbrauch hatte die Wasserkraft 2019 einen Anteil von 3,5%.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und dann liest man das: https://www.wiwo.de/politik/deutsch...uscht-mit-windkraftalternativen/28001480.html

Kam diese Woche auch als Bericht im Radio, dass Söder in Bayern einen Ausbau der Wasserkraftwerke favorisiert.

Einer der Verpächter meines Vereins hat derzeit am mittleren Fluss ein Wasserkraftwerk mit 2 Turbinen im Einsatz und möchte hier 2 weitere bauen. Dazu soll über 6-8 Monate das Wasser um 1,5m abgesenkt werden. Ich gehe davon aus, das wird alles genehmigt.

Wir zerstören in Bayern die Natur, um 1% mehr Strom auf Basis Wasserkraft zu erzeugen. Die Einflüsterer bei der bayerischen Staatsregierung kommen aus den entsprechenden Interessenverbänden.
 
Tut euer LAV/LFV etwas dagegen?

Ich habe mit Biologen des LFV Bayern über das Thema gesprochen. Laut deren Aussage haben sie in den vergangenen Jahren gegen viele Genehmigungsanträge zur Neuerrichtung von Wasserkraftanlagen Widerspruch eingelegt, ohne Erfolg zu haben. Die Antwort lautet, dass die Energiewende Priorität hat.

Die Realität ist ganz nüchtern: Windkraftanlagen sieht man, sterbende Fische nicht. Der Widerstand in der Bevölkerung gegen Windkraftanlagen ist hoch, der gegen Wasserkraftwerke faktisch nicht existent.
 
Was ist denn mit Klagen, einstweilen Verfügungen u.ä.?
Machen doch andere Gruppierungen auch immer wenn irgendwo ne Straße gebaut oder ein Wald abgeholzt werden soll.

Den Vereinen sind die Hände gebunden. Wenn ich auch nur andeuten würde, was ich vom Thema Wasserkraft halte, wäre für meinen Verein das Gewässer nach Ablauf des Pachtvertrags verloren. Viele andere Vereine würden sich freuen.
Der Bezirksverband scheut offensichtlich aus ähnlichen Gründen den Konflikt, denn die großen Verbandsgewässer gehören den Kommunen, die hier teils das Thema Wasserkraft promoten.

Bzgl. des Landesverbands kenne ich die politischen Überlegungen nicht.

Bleiben NABU & Co. Keine Ahnung, warum die still bleiben.
 
Wasserkraftanlagen sind durchaus sinnvoll - aber - wie bei allen anderen Erzeugern steht
nur der Gewinn auf dem Plan - nein ich möchte es nicht zu weit ausbreiten -
genau wie wir unsere Bewässerungsanlagen für das " Havel Ländische Obstanbaugebiet "
gegen Fische verteidigen mußten ,durch Rechen und Elektrosperren so könnten es die
Energieerzeuger auch tun - aber das sind ja Kosten -
 
Wasserkraftanlagen sind durchaus sinnvoll - aber - wie bei allen anderen Erzeugern steht
nur der Gewinn auf dem Plan - nein ich möchte es nicht zu weit ausbreiten -
genau wie wir unsere Bewässerungsanlagen für das " Havel Ländische Obstanbaugebiet "
gegen Fische verteidigen mußten ,durch Rechen und Elektrosperren so könnten es die
Energieerzeuger auch tun - aber das sind ja Kosten -

Als studierter Kraftwerksbauer und mit einigem Hintergrund in Strömungsmechanik muss ich dir da widersprechen. Der Schaden durch die Tötung von Fischen ist ja nur ein Teilaspekt der negativen Auswirkungen von Wasserkraftwerken. Der fast noch bedeutendere Aspekt sind die veränderten Strömungsverhältnisse vor den Turbinen, die zu massiven Sedimentablagerungen mit allen negativen Auswirkungen führen.
Diese Sedimente fehlen dann natürlich unterhalb der Kraftwerke als Nährstoffträger. Siehe hier: https://www.lfu.bayern.de/pressemitteilungen/c/1364977/13-20-erste-sedimentbilanz-donau

Noch ein Aspekt: Zur Reinigung der Rechen vor den Turbinen und zu Wartungszwecken müssen mehrmals im Jahr stundenweise massive Wasserabsenkungen durchgeführt werden. Da liegen dann mal schnell Sandbänke im Trockenen und der Besatz geht über's Wehr.
 
Was ist denn mit Klagen, einstweilen Verfügungen u.ä.?
Kommt natürlich auch auf die Klageberechtigung an.

Der Landesfischereiverband besitzt in Bayern das Verbandsklagerecht in Umweltsachen, könnte also auch klagen, wenn er keine Fischereireche an den betroffenen Gwässern hat.

Hat er auch schon mehrmals erfolgreich getan,

Zum Beispiel wurde letzes Jahr ein Schachtkraftwerk an der Saalach in Bad Reichenhall verhindert.

Further Bach oder Ramsauer Ache wären andere Beispiele.

Der LFV BY ist auch im "Fluss-Bündnis" gegen unnötige kleine WKAs aktiv.

wäre für meinen Verein das Gewässer nach Ablauf des Pachtvertrags verloren.
Da muss man nicht nur beim Thema Kleinwasserkraftwerke vorsichtig sein.
 
Ich finde eine Sterblichkeit von <25% beim Passieren der Turbine sehr wenig.
Die Anlagen sind ja angeblich so konzipiert, dass die Wanderung über FAAs oder anderen Bypass-Anlagen stattfindet. Zusätzlich müssen die Turbinen Eingänge mit engen Schutzgittern versehen werden.

Da es offensichtlich immer noch massive Fischschäden gibt, stimmt etwas mit den Angaben der WKA Betreiber nicht.

Wer ist eigentlich für die Prüfung und Wartung der Bypässe zuständig? (Aalrohre unter der Oberfläche setzen sich gerne zu- wie kann man das feststellen?)
 
Da es offensichtlich immer noch massive Fischschäden gibt, stimmt etwas mit den Angaben der WKA Betreiber nicht.
hast Du Anderes erwartet?
Wer ist eigentlich für die Prüfung und Wartung der Bypässe zuständig? (Aalrohre unter der Oberfläche setzen sich gerne zu
Im Rahmen der "guten fachlichen Praxis" überprüfen die Betreiber das selbst.

Das Fischtreppen, Bypässe usw. nur unzulänglich funktionieren ist ja in Fachkreisen auch nichts Neues.
nur der Öffentlichkeit wird vorgegaukelt, was man doch alles unternimmt um die Durchgängigkeit zu gewährleisten.
In Wahrheit werden immer die billigsten (Schein)Lösungen realisiert.
 
die verdienen doch daran, die verkaufen doch "grünen Strom"
Und das Fische für den NABU allenfalls als Futter für Vögel von Bedeutung sind, ist doch wohl hinlänglich bekannt
Sorry, ich bin wohl inzwischen zu blöd die "zitieren" Funktion richtig anzuwenden oder hab zu wenig Geduld um auszuprobieren.
Ich versuche seit mehr als 2 Jahrzehnten mit Leuten von den Grünen, BUND, NABU über Wasserkraft zu reden, die ich auch persönlich mal gut kannte.
Die drehen sich fast alle kommentarlos rum und ab dann ist man "persona non grata".
Dennoch bin ich der Meinung dass es hilft mit denen zu reden, auch wenn ich nur wenige überzeugen konnte. Wenn sie es oft genug höhren hilfts vielleich und steter Tropfen höhlt den Stein.
 
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