Zum wankelnden Ükel - Der Stammtisch für Friedfischangler

Professor Tinca

Posenangler
Teammitglied
So nun wieder was mit angeln.... :D

Ich hatte gesagt, dass ich ein paar Worte zu Hairrigs schreiben werde.

Grundsätzlich kam ich vor vielen Jahren im Zusammenhang mit Karpfenanglen damit in Berührung aber man setzt die haarigen Rigs ja längst auch für
anderen Arten ein.

Mir fällt immer wieder auf dass Leute sich fertige Vorfächer kaufen und dann daran sinkende Boilies, Pop Ups oder auch Wafter gleichermaßen anbieten. Sie haben ganz offensichtlich nicht verstanden dass nicht jeder Köder am gleichen Rig auch gleich gut funktioniert.

Aber der Reihe nach.......
 

Professor Tinca

Posenangler
Teammitglied
Am wichtigsten es, eine genaue Vorstellung vom dem zu haben, was da unter Wasser vor sich geht, während der
Köderaufnahme und wie der Haken dann greift!

Das Blei, welches nicht zu leicht sein darf um den Haken auch im Fischmaul fassen zu lassen, liegt auf dem Grund und das
Vorfach auch. Ein Fisch der den Köder nimmt, wird sich anschließend also nach oben und/oder seitlich bewegen. Deshalb
sind die Rigs so ausgelegt dass der Haken möglichst in der Unterlippe greift bzw. auch im Maulwinkel.
Hängt der Haken in der Oberlippe oder woanders, hat das Rig nicht ordnungsgemäß funktioniert und
es war ein Zufallsfang. Also muss das Rig geändert werden um regelmäßig zum Erfolg zu kommen.

Alles begann mit sinkenden Ködern. Diese Ködereigenschaft ist wichtig für den Rigaufbau!

Denn ein sinkender öder fällt nach unten - klingt banal aber ich sehe immer wieder unangepasste Rigs,
die nur zufällig mal einen Fisch haken weil die einfachsten Sachen nicht bedacht werden.

Stellen wir uns nun vor der Karpfen - nicht wundern, andere Fische kommen später dran - saugt einen freiligenden
Köder vom Grund auf. Der Köder fliegt ins Karpfenmaul und fällt darin
dann sofort nach unten.

Der nachfolgende Haken soll mit seiner Spitze nach unten in Richtung Unterlippe zeigen, um schnellsmöglich zu fassen.
Dies lässt sich auf verschiedene erreichen. Ein line aligner/kicker gibt dem Haken schonmal eine Richtung - drehen wird das auch oft
genannt. Jedenfalls richtet es durch den nach unten wirkenden Zug von Vorfach und Blei, den Haken aus.

Nur drehen genügt aber nicht.

Um die Hakenspitze wirklich nach unten in die Lippe zu bekommen, müssen wir das Gewicht des fallenden
Köders im Fischmaul nutzen.
Dazu wird das Rig so gebunden:

IMG_20191125_102720.jpg



Das Haar verlässt den Haken ganz tief im Bogen um die Hakenspitze schnellstmöglich nach unten zu ziehen!
Nur dann kann der Haken zuverlässig eine hohe Anzahl an Bissen verwandeln!
 

Professor Tinca

Posenangler
Teammitglied
Nachdem nun klar ist was im Fischmaul passiert, sollte schon fast logisch sein, was bei einem gegenteilig
arbeitenden - nämlich schwimmenden Köder/Pop Up - passiert und wie das Rig anzupassen ist.

Es beginnt wieder damit dass der Fisch den Köder ansaugt.
Diesmal fällt der Köder aber nicht im Fischmaul nach unten, sondern schwimmt auf in Richtung Gaumen.
Dafür ist das vorher beschriebene Sinker-Rig natürlich absolut untauglich denn die Hakenspitze würde ja weg von der Unterlippe,
nach oben gezogen werden!

Also muss das Rig dahingehend verändert werden, dass die Hakenspitze unten greifen kann obwohl der Köder auftreibt.
Dazu passt folgendes Rig:

IMG_20191125_104256~3.jpg


Durch's Eigengewicht richtet sich die Hakenspitze nach unten aus, trotz auftreibendem Köder!
Der Alingner/Kicker ist optional aber nicht zwingend notwendig.
Das Bleischrot hält den Pop Up in gewünschter Höhe über dem Boden.

Überhaupt benötigt man ihn bei stiff rigs(Mono/FC Material) nicht zwingend.

Dann noch zu den Waftern(schwerelos ausbalancierte Köder).

Diese sinken im Karpfenmaul nicht sofort schnell ab und steigen auch nicht auf, sie schweben quasi nach unten.

Das Rig muss in diesem Fall so beschaffen sein dass es den Haken ohne Hilfe des Ködergewichtes greifen lässt.

IMG_20191125_110226.jpg


Das Haar verlässt den Köder spätestens am Anfang des Hakenbogens!
Ein Line Aligner ist Pflicht(außer bei stiff rigs)!
Dieses Straight aligner Rig funktioniert auch mit sinkenden Ködern, dabei greift der dann aber nicht so schnell
in der Unterlippe wie beim Sinker Rig.


Dies sind einfache Rigs ohne viel Klimbim, die genau so seit Jahren funktionieren.
Man kann noch jede Menge Ringe, Schläuche usw. verbauen und die Rigs tunen wenn man will
oder einfach so damit angeln und fangen.
Auch andere Hakenformen sind möglich. Zum Beispiel kann ein Curv Shank den Aligner ersparen aber da ist auch viel persönliche Vorliebe dabei und ändert ja nichts an der eigentlichen Funktionsweise.

Nun dürfte aber klar sein warum nicht jeder Köder an jedem x-beliebigen Rig funktioniert.
 
Zuletzt bearbeitet:

Professor Tinca

Posenangler
Teammitglied
Das alles funktionert natürlich - in passender Größe - auch auf andere Friedfische.
Besonders auf, die die ihre Nahrung ebenfalls einsaugen.
Schleien, Brachsen, Karauschen sind Kandidaten, die sich so fangen lassen.

Man muss aber brücksichtigen dass sie längst nicht so viel Ansaugdruck haben wie ein Karpfen!
Die oben gezeigten Rigs funktionieren genaus so mit dem kurzen Abstand Haken --> Köder auf diese Arten und auf Karpfen.
Zum reinen Karpfenangeln kann die Haarlänge auch ruhig noch mehr sein.
 

Professor Tinca

Posenangler
Teammitglied
Schwieriger ist es Fische damit zu fangen, die kaum Ansaugdruck entwickeln und den Köder gern nur zwischen die Lippen nehmen und "herumtragen".

Plötzen und Döbel fallen mir da spontan ein.

Für diese darf das Haar gern "auf Null" gekürzt werden. Anders ist es nur selten oder bei suizidial veranlagten Exemplaren möglich sie regelmäßig zu haken!

Der Haken muss dabei genau am Köder sitzen, dann klappt es immer wieder mal.

Für die zuverlässigste Methode halte ich die "hair rig" Angelei auf diese Arten aber nicht und setze sie nur als Joker nebebei ein.
 

Professor Tinca

Posenangler
Teammitglied
Mit Naturköder meinst du Mais/Partikel?

Diese benutze ich am sinker rig.

Teig oder weiche Köder wie FrühFlei benutze ich ungern am hairrig.
Wenn dann nur mit eine Durchlaufmontage(gern 20cm oberhalb abgestoppt für den Selbsthakeffekt). Mit einem fixed lead bekommt man nämlich nicht mit wenn
sich jemand am Köder zu schaffen macht und angelt nicht selten ohne Köder.

Mit dem Fox Arma Mesh gibt es inzwischen eine super Möglichekit weiche Köder wie FrühFlei, Thunfisch, Muscheln und alles mögliche haltbar am hairrig anzubieten!!!

Da ist ein riesiges Feld an Möglichkeiten dazugekommen!
 

dawurzelsepp

2. Ükelchampion
Meine hat ein Spitzenteil mit Feederspitze und eins mit Schwingspitzgewinde.

Mit der Feederversion hab ich ohne Probleme recht ansehnliche Barben gefangen.
Schwingspitze war noch nicht im Einsatz, da ich dafür ein extra Setup habe.

Du hast dann die Quiver Schwingtip in 3m mit Schieberingen, richtig?
Da hast ne feine selten Rute.

Meine hat ein kurzes Handteil mit Mittelteil und 2 Spitzen, ist dann Quasi die Grund/Feederrute in 3,6m und Schraubrollenhalter.
Eine Black Star Classic Posenrute mit 3,60m hab ich mir letztes Jahr auch noch gegönnt somit hab ich jetzt 3 dieser schönen Ruten.
 

Professor Tinca

Posenangler
Teammitglied
sowie zu Besonderheiten/Varianten die Fliessgewässer bedingen?

Also von reißenden Strömen kann ich nicht berichten.
Mein Flüsschen hat ja eher so Fußgängergeschwindigkeit(oder etwas mehr) und da muss ich nicht viel anpassen

Ich mache es so wie am schlammigen Gewässern und gebe gern etwas Vorfachlänge dazu wenn ich schlammigen Grund oder ne Krautschicht am Platz weiß, in die das Blei einsinken könnte.

Eins noch, bevor ich es vergesse....

An mehreren Gewässern ist mir aufgefallen, dass Pop Ups nachts bedeutend schlechter fangen als sinkende Köder - so gut sie auch am Tage wegen ihrer visuellen Auffälligkeit sein mögen, da die Fische sie dann gezielt anschwimmen.

Ich führe es darauf zurück, dass die Fische es bei Dunkelheit gewöhnt sind ihre Nahrung von Grund aufzusammeln und den darüber schwebenden Köder wohl nicht immer für voll nehmen und daran vorbei schwimmen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Tobias85

Well-Known Member
Auch von mir herzlichsten Dank für deinen 'Grundkurs Hair-Rig', lieber @Professor Tinca! Du hast das alles wunderbar anschaulich rüber gebracht und grade einiges an Halbwissen ausgelöscht :)

Vor allem würde ich gern aber endlich mal in meinem Leben eines von den berühmten, großen Winterrotaugen landen können. Das wäre wohl das Größte diesen Winter für mich.

Oh ja, das wäre auch noch was tolles, da müsste man sich hier aber erstmal durch die Heerscharen an kleineren Fischen angeln.
 

Kochtopf

Chub Niggurath
Danke Prof! Sehr fundiert und erhellend (ich angle ja, wenn überhaupt, äußerst primitiv auf Karpfen wenn man von Versuchen mit einem sog. Naked Chod Rig absieht. Auf dieses gab es zwar einen imposanten Biss aber leider blieb nix hängen), ich angle sehr selten mit Haar aber werde das zukünftig sicher nochmal überdenken thumbsup
 

Andal

Teilzeitketzer
In stillem Gedenken
Aus den meisten Popups, Wafters u.s.w. werden eh unmittelbar nach dem Auswurf Slow-Sinkers. Dank dem Wasserdruck, der den Auftrieb des bisschen eingebackener Luft im Handumdrehen eliminiert. Die ganzen Tests zu Hause im Wasserglas sagen da leider nur herzlich wenig aus. Von den Auftrieben der kleinen Popups und der artificial Baits reden wir besser erst gar nicht. Der reicht meistens nur dazu aus, dass die Dinger selber mit Ach & Krach schwimmmen.

Ich fische seit Jahr und Tag mit grundsätzlich den gleichen Haken und Montagen und komischerweise klappt es auch, oder vielleicht gerade deswegen!?
 

Professor Tinca

Posenangler
Teammitglied
Ich fische seit Jahr und Tag mit grundsätzlich den gleichen Haken und Montagen und komischerweise klappt es auch, oder vielleicht gerade deswegen!?

Unterschiede merkt man nicht in der Theorie oder dadurch dass mal ab und zu ein Fisch hängen bleibt. ;)

Man muss schon verschiedene Montagen parallel benutzen und das oft um Vergleiche anzustellen zu können!thumbsup
 
Oben