Ich persönlich bin auch sehr froh über Rollen ohne Dauer-Ratter-Rücklaufsperre und schnelle, taktile Spinnruten mit geflechtstauglichen Ringen.
Ständig-Ratter und Nur-Glasfaser kenne ich aus eigener langjähriger Erfahrung - es gab halt früher nix anderes. Hat auch gefangen. Bei bestimmten Zwecken (vor allem fürs Spinnfischen) macht Modern aber dann doch deutlich mehr Bock bzw. ermöglicht bestimmte Methoden überhaupt erst.
ABER: Alt spart auch Geld. Gibt einige Zwecke, bei denen es Überreste aus den eigenen anglerischen Anfangszeiten noch völlig tun - da wäre es Kohleverschwendung, was Neues zu kaufen.
Beispielsweise Köfi-Fangen, traditionelles Laufblei-Grundangeln oder Schwer-Schleppen. Vor allem bei letzterem (und anderen Wüstzwecken) kann so ein unzerstörbarer Glasfaser-Knüppel 25 Jahre+ sogar vorteilhaft sein (sofern die Ringe ggf. Geflecht vertragen).
Für mich ist Angelkram ebenfalls Werkzeug bzw. Mittel zum Zweck. Die Wahl zwischen Alt und Neu fällt bei mir rein pragmatisch bzw. eignungs- und ökonomie-orientiert aus.
Wozu was Neues kaufen, wenn es was altes Vorhandenes für einen bestimmten Zweck noch 100 % tut und die nächsten 30 Jahre potenziell auch noch überleben wird.
Heißt aber auch andersrum: Wozu sich mit altem Ungeeigneten rumquälen, wenn es für einen bestimmten Zweck auch wesentlich effizienter und bock-bringender (bzw. überhaupt-ermöglichend) geht.
Ich persönlich würde jetzt z. B. nicht ums Verrecken mit Rosshaar-Fäden angeln oder Stickbaits mit Splitcane führen wollen (während mir das Geflecht die einlagenlosen Schlangenringe kastriert).
Dabei ist Alt und Neu sowieso völlig bums, sofern für einen jeweils die gewünschte Funktionalität gegeben ist:
Es kommt lediglich darauf an, dass man mit seinem verwendeten Kram 100 % klarkommt. Wenn man dann "seine" Rute und Rolle etc. gefunden hat, die zusammen sozusagen zum "zweiten Arm" geworden sind, besteht da dann auch keinerlei Austauschbedarf. Da kann dann die nächsten 30 Jahre rein optisch getrimmter Raumschiff-Müll rauskommen, wie er will. Dann angelt man irgendwann sozusagen automatisch mit Antiquitäten.
Hauptsache, man hat seine Sachen individuell für sich im Griff und kann damit alles anstellen, was man denn so vorhat. Dazu sollte man aber genau wissen,
WAS man denn überhaupt so vorhat bzw. will/mag.
Und sich zugunsten von Funktionalität gleichzeitig von emotional Verzerrendem = jeglichen krampfhaften Historie-Fetischen sowie ebenso irrationaler Angst vor Unangesagt durch ständigen Kauf von Immerbesserschnellerschöner"moderner" befreit.
Denken, analysieren und auf dieser Basis ganz gezielt einsetzen statt (unreflektiert-papageiisch) glauben, dann wird das schon. Völlig unabhängig von Jahreszahlen.
Möglichst neutrale Betrachtung und Einschätzung exorziert Entscheidungsneurosen-Dämonen zu einem sehr großen Teil bzw. sperrt diese in einen recht übersichtlichen Zwinger.
Das geht aber nur, wenn so viele Parameter wie möglich vorab definiert werden. Und zwar rein individuell, denn man muss
AUSSCHLIESSLICH SELBST damit angeln. Die finale Wahl zwischen den paar übriggebliebenen Endkandidaten ist dann schon stressig genug. Zielführend ran mit der Kettensäge an den Vorlauterbäumenwald, sonst endet das in ewiger Unzufriedenheit. Vorausgesetzt, man kennt sich selbst gut genug und hört auch da intuitiv drauf.
Wer sucht, wird irgendwann finden - sofern denn sein ureigenes Anforderungsprofil stimmt. Und da ist eben jeder zum Glück anders verkabelt - das muss er nur herausarbeiten und seine Suche passend gestalten. Wäre ja schlimm bzw. pervers langweilig, wenn alle dasselbe mögen würden.
All dies ist in der Gesamtsumme dann auch die technische Basis (= Werkzeug) für einen eigenen Angel-Stil (der aber natürlich auch entsprechend Entwicklungszeit braucht). Sein eigenes Ding machen ist auch da schon ein Teil des Kicks.
Mit kaugummiautomatischer Abziehbild-Mentalität kommt man da nicht weit und wird zwangsläufig enttäuscht werden - insbesondere bei krank überzogener Erwartungshaltung. Die Freude muss schon mit dem eigentlichen Tun beginnen, dann bleibt man auch langjährig dabei.
Wobei, @Taxidermist s Unbehagen mit dem angesagten "Vintage" teile ich, denn es signalisiert allzuhäufig künstlich gealterten Nanu-Nana-Schrott. Blödes Schlüsselbrett von erste-klasse-Sonderschule-Werkunterricht-Qualität herstellen, dann Lack zerstören, bisschen mit Kot einreiben und anschliessend Home-Sweet-Home in ner Serifenschrift draufdrucken: fertig ist Vintage/ Shabby Chic: Zack die Bohne 200% Preissteigerung für ne Abscheulichkeit. Aber ich schweife ab.
Aber hallo. Alt und echt = Antiquität ggf. sehr gern. Patina und Charme der Jahre, ggf. kombiniert mit zeitlosen und durchdachten Konstruktionsprinzipien. In bestimmten Fällen durchaus sehr reizvoll und oft auch einzigartig bzw. qualitativ ungeschlagen.
"Vintage" aufgrund des grassierenden Pseudo- und Missbrauchs-Faktors = nein danke. Für mich schon lange genauso ein nichtssagendes Hipster-Kotzwort wie "boutique" (letzteres ist für mich generell ein Laden für Weiber-Unterwäsche etc.).
Die Wörter an sich können dafür nix. Sind mir aber durch fakende Heißluft-Marketing-Affen und deren entsprechend oberflächliche Käufer verleidet worden.