AW: DAFV Jahreshauptversammlung 2018
Wie gesagt fand heute Vormittag der öffentliche Teil der Jahreshauptversammlung des DAFV statt. Während die Delegierten nun in der verbandsinternen Versammlung hocken, möchte ich eine Zusammenfassung geben.
Letztes Jahr war ich zum ersten Mal auf der Hauptversammlung des DAFV und hatte ehrlich gesagt ein bisschen den Eindruck, bei einem kleinen Ortsverein zu sein: Keine politischen Grußworte, alles etwas provinziell und unstrukturiert. Das war heute ganz anders. Es waren Vertreter aus fast allen Parteien anwesend sowie aus Verwaltung und Wissenschaft. Die Grußworte waren nicht zu lang und gut auf den Punkt. Ich war positiv überrascht. Folgende Vertreter sprachen zu den Anwesenden:
- Dr. Christel Happach-Kasan, Präsidentin DAFV (Begrüßung und Schlussworte)
- Gerd Conrad, BMEL, Referat Fischereistruktur- und marktpolitik, Meeresumweltschutz
- Dr. Michael von Abercron, MdB für die CDU, Ausschuss Ernährung und Landwirtschaft
- Dr. Gero Hocker, MdB für die FDP, Ausschuss Ernährung und Landwirtschaft
- Jan Korte, MdB für Die Linke, 1. Parlamentarischer Geschäftsführer
- Fred Bloot, Präsident European Anglers Alliance
- Dr. Uwe Brämick, Institut für Binnenfischerei
- Matze Koch, Angeljournalist: „Wie kriegen wir das Angeln in die Mitte der Gesellschaft?“
Ich möchte Euch nicht mit einer Zusammenfassung aller Grußworte langweilen, sondern hangele mich thematisch an den wichtigsten Punkten entlang. Es wird auch so lang genug …
BAG LIMIT: Die schlechte Nachricht vorab. Auch 2019 wird das Bag Limit nicht fallen. Allerdings ist Gerd Conrad sehr zuversichtlich, dass es angehoben werden wird. „Wir drängen darauf, dass das Limit für Angler angehoben wird, wenn die Quote für die Fischerei insgesamt steigt.“ Darauf deutet derzeit alles hin, da der starke 2016er Jahrgang nächstes Jahr reif für die fischereiliche Nutzung sein wird. Wie hoch das Limit dann sein wird, kann derzeit noch niemand sagen. Es wird von 8-10 Fischen pro Angler und Tag gemunkelt. Conrad machte allerdings eine wichtige Einschränkung: „Derzeit hören wir Gerüchte, dass schon jetzt viele zu kleine Fische einfach über Bord gehen.“ Er schilderte eine illegale Praxis, die ich ehrlich gesagt nicht ganz verstanden habe. Ergebnis ist aber: Die Kontrolleure kriegen es nicht immer mit, wenn zu kleine Dorsche von Berufsfischern einfach ins Meer „entsorgt“ werden. Wenn das in Größenordnungen stattfindet, wird bereits jetzt der Jahrgang 2016 so dezimiert, dass der Bestand doch nicht so gut sein wird wie gehofft. Das könnte dazu führen, dass die Quoten doch nicht angehoben werden und die Angler somit auch in die Röhre gucken. Heißt konkret: Die Angler müssten dann die Zeche für illegale Machenschaften einiger Berufsfischer zahlen. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr mich das ANK…!!! Die Empfehlungen der ICES stehen noch aus – ich bin gespannt … Conrad sagte außerdem, dass der 2017er Jahrgang offensichtlich wieder deutlich schwächer sei, weswegen 2020 das Bag Limit dann strenger ausfallen könne. Ich höre da heraus, dass es keine Bestrebungen gibt, das Bag Limit abzuschaffen, sondern dass von Jahr zu Jahr die Höhe festgelegt werden soll. In einem persönlichen Gespräch habe ich ihm gesagt, dass aus Sicht der Angler ein Bag Limit insgesamt nicht zielführend sei. Ich habe ihn außerdem auf die mit der Angelei verbundenen wirtschaftlichen Effekte angesprochen und gesagt, dass u. a. Kutterkapitäne sehr unter dem Limit zu leiden hätten. Er hat sich das angehört, inhaltlich aber nicht näher geäußert.
AAL-MANAGEMENT Das Thema wurde von allen Anwesenden angesprochen. Fakt ist, dass es dem Aal schlecht geht. Fakt ist, dass etwas passieren muss. Was genau, weiß aber niemand so richtig. Klar ist, dass die Durchgängigkeit der Gewässer verbessert werden muss. Dr. Brämick legte dar, dass es die technischen Möglichkeiten durchaus gibt, diese oftmals aber nicht umgesetzt würden. Darüber hinaus weiß man noch zu wenig über den Fisch, als dass man wirklich effiziente Maßnahmen fassen könne. Dr. Brämick legte den derzeitigen Stand der Forschung dar. Da ist in den letzten einiges passiert, aber vieleerss ist nach wie vor im Dunkeln.
Gerd Conrad erinnerte daran, dass es vom 1. November 2018 bis 31. Januar 2019 ein Fangverbot für Aale in Meeresgewässern gelte. Derzeit werden die Managementpläne der Bundesländer überarbeitet, da einige das festgelegte Ziel von 40% abwandernder Blankaale verfehlten. Welche Maßnahmen vorgeschlagen würden, wisse er noch nicht. Er könne sich aber vorstellen, dass auch für Süßwasser solche Fangverbote kommen könnten. In Polen gelte das bereits. Dort gibt es außerdem ein Bag Limit für Angler in Höhe von 2 Aalen pro Person und Tag.
Diesem Ansatz widersprach Jan Korte von Die Linke deutlich. „Hier sollen diejenigen bestraft werden, ohne deren Engagement es in weiten Teilen Deutschlands keine Aale mehr gäbe. Das ist hirnrissig.“
Dr. Brämick bestätigte, dass es ohne die Besatzmaßnahmen der Angler in vielen Teilen des Landes schon lange keine Aale mehr gäbe. Der Besatz sei eine Voraussetzung dafür, dass die 40 Prozent-Quote erreicht werde. Ob dies aus Bestandssicht allerdings sinnvoll ist, lässt sich noch nicht so sicher sagen. Es geht um den Netto-Nutzen. Anstatt also Glasaale zu fangen und irgendwo einzusetzen inkl. der damit verbundenen Mortalität, könnte es evtl. sinnvoller sein, die Aale einfach in Ruhe zu lassen. Dies werde derzeit erforscht, ist aber nicht einfach festzustellen.
Naturschutverordnung/Schutzgebiete: GerdConrad äußerte den Unmut seines Hauses über die Verordnung des Umweltministeriums (Angelverbote in Nord- und Ostsee, u. a. im Fehmarnbelt). Sein Haus war und ist dagegen. Oft wird kritisiert, dass bislang die Berufsfischer von den Verboten ausgenommen seien. „Das ist in der Tat widerinnig“, sagte Conrad. „Aber auch da werden Einschränkungen bzw. Verbote kommen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.“ Daran werde gearbeitet, da die Berufsfischer aber EU-Richtlinien unterliegen, dauere da das Verfahren deutlich länger. Auch das habe ich im Detail nicht verstanden, aber es ist hängen geblieben, dass die Fischerei in den Zonen auch bald für die Berufsfischer dicht sein werden. Ob ich mich darüber freuen soll, weiß ich nicht. Es ist zwar gerechter, aber besser wäre, wir dürften ALLE da fischen/angeln.
Wenn ich mich richtig erinnere, hat nur Jan Korte explizit die Problematik von Natura2000 und den weiteren, drohenden Verboten angesprochen. Er sagte, dass da etwas gewaltig in Schieflage geraten sei und nannte das Beispiel eines Vereins, der 40 Jahre ein Gewässer bewirtschaftet hat und nun ein Betretungsverbot ausgesprochen bekommen hat, da dort eine seltene Pflanze blüht. „Die wächst da aber ja nur, WEIL der Verein so verantwortungsvoll bewirtschaftet hat“, so Korte. Was man dagegen konkret machen kann, sagte er allerdings nicht.
KORMORAN Hier waren sich alle einig, dass die Population begrenzt werden muss. Von Abercron sagte: „Es kann doch nicht sein, dass wir mit unseren Besatz- und Erhaltungsmaßnahmen für bedrohte Fischarten nur teures Vogelfutter produzieren.“ Gero Hocke kündigte an, im Bundestag eine Initiative für ein flächendeckendes Kormoranmanagement einzubringen. Ich hoffe, dass ich dazu in näherer Zukunft mehr Informationen bekommen kann und werde natürlich berichten. Ich bin neugierig, wie das rechtlich umgesetzt werden kann/soll.
PETA: Hier lief vor allem Matze Koch zu Hochform auf. Er machte deutlich, dass das ALLE Angler angeht. „Die zeigen nicht nur die Angler an, die Fische zurücksetzen, die wollen das Angeln insgesamt verbieten.“ Dazu spielte er eine Filmsequenz ein, in der ein hoher Peta-Vertreter sagte, dass das Angeln abgeschafft werden soll. Im ersten Schritt müsse man dafür die Angler in der Gesellschaft „stigmatisieren“. Heißt konkret: So lange mit Dreck bewerfen, bis etwas kleben bleibt. Um zu zeigen, dass die militanten Tierrechtler das Leben fast aller Bundesbürger drastisch einschränken, nannte Matze einige Forderungen von Peta: Abschaffung von Jagd, Angeln und Nutztierhaltung (wenig überraschend, Abschaffung von Bienenhaltung (Massentierhaltung), Reit-Verbot (die armen Pferde werden gequält), Abschaffung von Haustieren einschließlich von Blindenhunden (Unterdrückung des Tieres).
Den FDP-Antrag zum Entzug der Gemeinnützigkeit begrüßten sowohl von Abercron als auch Jan Korte. Korte machte allerdings die Einschränkung, dass die Regelung schnell auch mal ein Bumerang werden könne und z. B. Angelvereine, die verurteilt werden (Gemeinschaftsfischen o. ä.) die Gemeinnützigkeit verlieren könnten. Hier müsse noch gesprochen werden, wie man das verhindern könne. Gero Hocke schüttelte bei den Worten Kortes vehement den Kopf. Leider hatte ich keine Gelegenheit mehr, mit ihm zu sprechen. Es hätte mich interessiert, was er darauf zu sagen hat. Ich werde versuchen, ihn in den nächsten Tagen mal zu erreichen und eine Aussage dazu zu bekommen. Gero Hocke äußerte sich in seinem Grußwort zuversichtlich, dass sein Antrag eine Mehrheit finden könne. Die CDU unterstützt ihn, die SPD ist wohl noch unentschlossen. Wäre ja mal was. Besonders gefreut hat mich, dass einige Abgeordnete wohl schon von einer „Email-Flut“ zu dem Thema berichteten. Das zeigt, dass die Kampagne Wirkung zeigt. Danke an alle, die ihre Abgeordneten angeschrieben haben! Weitermachen – die Macht sind wir!
ARBEITSGRUPPE ANGELN: Jan Korte kündigte an, über die Parlamentarischen Geschäftsführer eine Abfrage unter den Abgeordneten zu starten, wer alles Angler ist. Er möchte eine Arbeitsgruppe zum Thema Angeln einrichten, in der sich über Parteigrenzen hinweg zu dem Thema ausgetauscht wird. Daumen hoch!
VERBANDSARBEIT ALLGEMEIN: Als Happach-Kasan Jan Korte begrüßte, erwähnte sie ein Interview in RUTE&ROLLE und sagte, darüber müsse man nochmal sprechen. Zur Erinnerung: Jan Korte hatte gesagt, auf Bundesebene sei der Verband „im parlamentarischen Raum kaum wahrnehmbar“. Den Ball nahm Korte in seinem Grußwort auf. Er forderte den DAFV auf, deutlicher zu werden und „uns (den Abgeordneten) Beine zu machen“. Ein Verband sei für alle Angler da und müsse auch mal klare Kante zeigen.
VORTRAG MATZE KOCH: Ich gestehe, dass ich mich zunächst gefragt habe, was Matze Koch auf so einer doch eher politischen Veranstaltung beitragen kann. Er hat mich eines deutlich besseren belehrt. Auch wenn es inhaltlich wenig überraschend war (Angler müssen zusammen stehen und sich gegen PETA wehren), war es äußerst erfrischend. Matze ist ein herausragender Redner, der die Anwesenden mitriss. Zu Recht erhielt er reichlich Applaus. Seine Frau Moni hat fleißig gefilmt, sodass ich davon ausgehe, dass wir das demnächst auf seinem Youtube-Kanal sehen können. Wir werden es dann verlinken.
REDE HAPPACH-KASAN: Sie leitete Ihre Abschlussworte damit ein, dass es sehr undankbar sei, direkt nach Matze Koch zu sprechen. Sie sei keine gute Rednerin. Was soll ich sagen? Sie sollte Recht behalten. Sie arbeitete pflichtschuldig die Themen ab (Wasserkraft, Aal, Dorsch, Jugend, Kormoran, etc.). Mitreißend geht anders. Etwas fremdgeschämt habe ich mich, als sie an einer Stelle Beifall einforderte. Als der dann pflichtschuldig kam, sagte sie: „Na also, geht doch.“ Inhaltlich hat sie aus meiner Sicht keine Fehler gemacht, wurde aber auch nicht wirklich deutlich. Einmal mehr fehlten mir klare, mitreißende Ansagen, hinter denen sich Angler versammeln können. Mein persönlicher Eindruck ist, dass es auch vielen Anwesenden so ging, aber das ist natürlich nur meine ganz eigene Einschätzung.
FLURFUNK: Mitgliederentwicklung: Der Verband Rheinischer Fischer hat wohl seine Kündigung zurückgezogen. Einige Teilnehmer äußerten sich zuversichtlich, dass auch die Sachsen bald wieder in den DAFV eintreten werden. Sogar bei den Bayern gibt es wohl positive Signale. Abwarten …
Von mehreren Teilnehmern wurde die Stimmung auf der gestrigen Verbandsausschusssitzung als sehr positiv und lösungsorientiert beschrieben. Probleme wurden konstruktiv diskutiert. „Das wäre vor 2,3 Jahren so noch nicht möglich gewesen“, sagte ein Teilnehmer, der nicht zitiert werden möchte.
Was ich nach wie vor schmerzlich vermisse, sind klare Positionen, wie sie auch Jan Korte forderte. Hier ist man meinem Eindruck nach noch nicht weitergekommen. Vieles sei Ländersache und da könne der DAFV nicht vorschreiben, wie damit umgegangen wird. Grundsätzlich stimmt das natürlich, aber wer soll denn voranschreiten, wenn nicht ein Bundesverband? Ich glaube, dass der Verband Positionen so dringend braucht wie der Fisch das Wasser. Nur so kann er integrative Kraft entwickeln. Das heißt aber auch, dass man ggf. mal einem Mitgliedsverband vor den Kopf stoßen muss. Da sind wir wieder bei der Führungsfrage: Das geht nur mit einem/einer Vorsitzenden, die die Landesfürsten hinter sich sammelt. Das sehe ich derzeit nicht.