Thomas9904
Well-Known Member
Aus dem Blog von Dr. Thomas Günther, mit der Erlaubnis zum veröffentlichen bei uns.
http://thomasguenther.wordpress.com/
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Gleichzeitig veröffentlichen der DAV, der VDSF und der VDSF Bayern auf ihren Internetseiten eine Erklärung der beiden Bundesverbandspräsidien zum Zusammenschluss der beiden deutschen Angelverbände. Darin erklären sie, die Fusion nun doch bereits im Herbst 2012 vollziehen zu wollen.Wegweisend
Die Erklärung wird für den DAV von dessen Präsidenten Markstein unterzeichnet, für den VDSF von Vizepräsident Günster.
Kommentar von Dr. Thomas Günther
Nun also doch? Nachdem das VDSF-Präsidium noch in diesem Jahr zunächst dafür war, die Fusion ohne den DAV zu vollziehen, dann dafür, die Fusion um ein Jahr zu verschieben, werden wir Zeuge einer neuerlichen Kehrtwende der Spitze des VDSF. Die Beweggründe für den jüngsten Sinneswandel der Offenbacher Zentrale werden nicht mitgeteilt und liegen – wie gewöhnlich – im Dunkel. Hat der DAV, der ohnehin seine Bereitschaft sowohl zu Fahrplan, als auch zur Fusion ohne weitere Bedingungen wieder und wieder erklärt hat, weitere Konzessionen gemacht? Ist der Druck der Initiativgruppe „Pro DAFV“ auf das VDSF-Präsidium, das mit seinem Schlingerkurs die Gefahr einer Spaltung des VDSF heraufbeschworen hat und sich bisher mehr als halsstarrig gezeigt hatte, zu groß geworden? Hat die Zerreißprobe nunmehr das Präsidium selbst erreicht und vielleicht sogar ein Machtkampf stattgefunden?
Schon wird in den Medien darüber spekuliert, ob VDSF-Präsident Mohnert entmachtet worden sei. Seit langem war das Fusionsthema innerhalb des VDSF Chefsache, bei der Vizepräsidenten nicht einmal ausnahmsweise in Erscheinung traten. Dem Vernehmen nach ist der VDSF-Präsident bereits seit einigen Wochen aufgrund einer schweren Erkrankung verhindert. Über seinen Zustand ist wenig Näheres bekannt. Das schließt natürlich nicht aus, dass man seine Abwesenheit genutzt hat, um ihn vor vollendete Tatsachen zu stellen. Aber eben auch nicht, dass er im Vorfeld informiert wurde und vom Krankenlager der Fusion im Fahrplan, die er so vehement bekämpft hat, letztlich doch zugestimmt hat. Bei dieser Annahme bleibt immer noch ungewiss, was ihn dazu bewogen haben könnte.
Ungewiss also auch, ob der VDSF-Präsident bei der weiteren Gestaltung der Fusion und ihres Ablaufes noch ein entscheidendes Wort mitreden wird. Durch die jüngste Erklärung der beiden Verbände ist das nicht wahrscheinlicher geworden.
Präsident Mohnert galt, das war ein offenes Geheimnis, seit langem als einziges wirkliches Hindernis für den Zusammenschluss von DAV und VDSF. Dazu hat einerseits sein Wirken im DAV Sachsen beigetragen, bevor er zum VDSF wechselte; andererseits sein nicht nachvollziehbares Agieren in der Fusionsfrage. Willkürliche Verhandlungsabbrüche, widersprüchliche Erklärungen und unvorhersehbare Kurswechsel gehen auf sein Konto.
Durch seine Abwesenheit klären sich plötzlich die Fronten. Für eine Fusion im Fahrplan sind der DAV, dreizehn Landesverbände des VDSF und nunmehr auch das Präsidium des VDSF, für das stellvertretend zu sprechen Vizepräsident Günster wenn nicht ermächtigt, so doch befugt ist. Die „restlichen“ VDSF-Landesverbände werden ihre abwartenden bis ablehnenden Positionen angesichts der Erklärung überdenken. Es ist zu erwarten, dass die meisten von Ihnen im Herbst der Fusion zustimmen werden. Das Risiko, dass die Fusion an einer Sperrminorität innerhalb des VDSF scheitern wird, ist geringer geworden. Das ist vermutlich der Grund, weswegen die Verbände ihre Erklärung unisono als „wegweisend“ bezeichnen.
Dabei enthält die Erklärung inhaltlich kaum Neues. Rückschauend betrachtet ist der Weg zur Fusion längst gewiesen. Spätestens mit dem Bad Kreuznacher Beschluss des VDSF aus dem Herbst 2011 und den nachfolgenden Parallelbeschlüssen im DAV war klar, wie es laufen würde und laufen müsste. Und genauso soll es ja nach der jetzigen Erklärung auch laufen. Vielleicht aber halten die Verfasser der gemeinsamen Verlautbarung sie für „wegweisend“, weil sie mit ihr endgültig sicherstellen wollen, dass es nicht zu weiteren Störungen und Querschüssen im Fusionsprozess kommt.
Auffallend ist die Kürze des Textes, für VDSF-Verlautbarungen eher ungewöhnlich. Fast klingt er wie der Versuch eines Befreiungsschlages, mit dem das allerletzte Fusionshindernis aus dem Weg geräumt werden soll. Vorsichtig wird formuliert, dass man die Fusion im Herbst „anstrebe“, als sei man sich nicht sicher, ob nicht doch noch auf den letzten Metern etwas anbrennen oder gar angezündet werden könnte. Die Beteiligten wissen, dass es nach dieser Erklärung darauf ankommt, wie sich diejenigen VDSF-Landesverbände verhalten werden, die sich bislang nicht positioniert haben. Deswegen appellieren die Präsidien an ihre Mitglieder, ihnen einen Vertrauensvorschuss zu gewähren. In trockenen Tüchern ist die Sache noch nicht.
Doch es wäre zu wünschen, dass die gemeinsame Erklärung in diesem Sinne wirklich wegweisend sein wird. Sie wäre dann der Schlussstrich unter ein jahrelanges Gezeter mit einseitigen Schuldzuweisungen und peinlichen Verlautbarungen. Dann wäre die Erklärung ein später, aber notwendiger Beitrag zur angestrebten Fusion.
Der neue Verband, wenn es denn dazu kommt, wird durch seine Gründung nicht zu einem modernen zukunftsfähigen Gebilde. Die Fusion verbessert die Rahmenbedingungen für die politische Lobbyarbeit, aber sie verbessert nicht die innerverbandliche Willensbildung. Offener Umgang mit Diskussionen, Transparenz bei wesentlichen Entscheidungsprozessen, stärkere Einbeziehung der regionalen und lokalen Gliederungen, das alles bleibt auch im neuen Verband der stilistischen Willkür des künftigen Präsidiums ausgesetzt – und wird dort vielleicht nicht einmal als Thema anerkannt. Die Vergrößerung der Zahl der Landesverbände im künftigen Verbandsausschuss und innerhalb der JHV wird die Entscheidungsfindungen unterhalb des Präsidiums deutlich erschweren, zumal für jedes Bundesland, in dem noch keine Fusion auf Landesebene stattgefunden hat, zwei oder gar mehr Landesverbände mit stark widerstreitenden Interessen sprechen werden. Es bestehen Zweifel, ob die (Stimm-) Gewichtsverteilung im Verbandsausschuss die wirklichen Kräfteverhältnisse wiedergibt. Sicher, nach Vollzug der Bundesfusion wird automatisch und zwangsläufig Druck auf die Landesverbände entstehen, innerhalb eines Fischereirechtsgebietes ebenfalls zu fusionieren. Bis dieser Prozess bundesweit abgeschlossen ist, wird sich das gesamte Konfliktpotenzial im Verbandsausschuss konzentrieren, der dadurch unberechenbarer wird. Er wird dann entweder innerhalb des Machtgefüges der Verbandsorgane an Einfluss verlieren oder aber zum großen Blockierer werden. Dann wird man sehen, dass die Einheit der deutschen Angler nicht nur aus einem Einheitsdach bestehen kann, sondern auch ein einheitliches Fundament braucht. Dann werden die Fragen der Rahmenbedingungen der Ausübung der Angelfischerei, der Freizügigkeit oder der Beitragsgerechtigkeit etwa, die bei der Bundesfusion stets vom Tisch gewischt worden sind, zwangsläufig beantwortet werden müssen.
Die eigentliche Fusion kommt nach der Fusion – und auf die Landesverbände eine gewaltige Aufgabe zu.
Dr. Thomas Günther