Gummiköder selbst gießen

StahljigErich

Well-Known Member
Mal was anderes: Ich gieße Gummiköder aus Gelatine. Die fangen auch Fisch.

Wie z.B. diesen 54er-Zander aus der Donau
20230604_224340_Z54_800x343.jpg


Gefangen mit diesem 10cm-Gummifisch aus Gelatine; Offsetmontage mit 10g-Stahlkopf, Marke Eigenbau
20230607_085427_Gelatinekoeder400x123.jpg


Vorteile der Gelatineköder:
- Gelatine ist umweltfreundlich, hinterlässt bei Abriss keinen Plastikmüll im Gewässer (sondern nur Fischfutter :))
- Beim Gießen ist keine Gesundheitsgefährdung durch giftige Plastisoldämpfe gegeben; und auch keine Verbrennungsgefahr durch sehr heiße Materialien.
Es sind daher weder Schutzmaske noch Schutzhandschuhe erforderlich und man braucht auch keinen eigenen Arbeitsraum, weil das Gießen einfach in der Küche möglich ist.
Nachteile:
- Geringere Reissfestigkeit und Haltbarkeit (zumindest bei der von mir bisher verwendeten, einfachen Rezeptur)

Hier einige weitere Beispiele selbst gegossener Gelatine-Köder + interessiertes Aitel (Döbel)
collage_Gelatinekoeder800x770.jpg


Falls es jemand probieren möchte: Gebe gerne mehr Infos zu Rezeptur und Herstellung...
 

Waldknorz

Hells Angler

StahljigErich

Well-Known Member
Klingt sehr interessant. thumbsup Hau mal raus mit der Info.
Hallo. Freut mich, dass du Interesse hast.

Hier für's Erste mal Infos zum Rezept und zum Gießvorgang:
Zutaten:
- 3 Blatt Gelatine
- Leitungswasser zum Einweichen der Gelatineblätter
- 2 Teelöffel (=10ml) Glyzerin
- 1 Teelöffel Kristallzucker
(bzw. je nach benötigter Menge ein Vielfaches dieser Zutaten)
- nach Bedarf ein paar Tropfen Lebensmittelfarbe oder auch etwas (färbige) Kreide
- ev. feinen Nähgummi (zur Erhöhung der Reissfestigkeit)
Bezugsquellen: Gelatine und Lebensmittelfarbe bekommt man in der Backzutatenabteilung im Supermarkt, Glyzerin in der Apotheke oder billiger im Internet.

Zubereitung:
- Die Gelatineblätter zuerst ca. 5 min. in eine Schale mit kaltem Wasser einlegen, damit sie aufquellen können.
- Dann die Gelatineblätter ausdrücken und in einen kleinen Topf mit Ausgießschnabel geben.
- Glyzerin und Zucker dazugeben
- Unter gelegentlichem Umrühren das Ganze auf dem Herd auf ca. 55 Grad erwärmen, bis die Masse ausreichend geschmolzen ist. (Damit garantiert Nichts anbrennen kann, stelle ich einen kleinen Topf in ein Wasserbad in einem zusätzlichen, etwas großeren Topf)
- Nach Belieben Lebensmittelfarben beimengen. Soll der Köder weniger transparent sein, füge ich etwas (färbigen) Kreidestaub bei.

Gießen:
- Sobald die Masse ausreichend flüssig ist, kann man sie in die Form gießen. Ev. zuvor in die Form einen Nähgummi oder anderes elastisches Verstärkungsmaterial einlegen, um die Reissfestigkeit zu erhöhen.
Sollte die Masse mal etwas zu dickflüssig geworden sein, kann man einfach etwas Wasser beigeben, bis die Konsistenz wieder passt.
- Nach dem Gießen die Form ca. 10 min. ins Tiefkühlfach geben, damit der Köder rasch fest wird. (Wird auch bei Zimmertemperatur fest, dauert aber halt entsprechend länger.)
- Der Köder ist anschließend ausreichend fest und kann aus der Form entnommen werden. Der Köder löst sich gut von der Silikonform.
- Den Gießansatz schneide ich mit einer Schere weg und schmelze ihn gleich wieder ein.
- Sollte ein kleiner Gießfehler vorhanden sein, kann dieser sofort mit ein paar Tropfen Gelatine behoben werden.

Als Gieß-Formen verwende ich derzeit fertig gekaufte Silikonformen.

Wie oben schon gesagt, kann man natürlich in der Küche arbeiten, weil nichts giftig ist. Es gibt auch keine Geruchsbelästigung (außer man will die Köder gleich bei der Herstellung mit Fischöl oder Knoblaucharoma etc. aromatisieren :)).

Hier ein Blick auf meinen 'Arbeitplatz' mit benötigten Zutaten und Utensilien:
20230212_215301_800x600.jpg
 
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StahljigErich

Well-Known Member
Nachfolgend ein paar Infos zu meinen bisherigen Erfahrungen mit den Gelatineködern:
- Die Flexibilität des Materials ist gut. Die Schaufelschwänze wackeln auch bei leichtem Zug.
- Die Reissfestigkeit ist geringer als bei Plastisolködern. Ich habe mir aber ein paar Maßnahmen überlegt, durch die man dieses Manko verringern kann. Dazu später mehr.
- Im Wasser quellen die Köder etwas auf (werden ca. 15% größer), lösen sich aber nicht auf. Im Trockenen schrumpfen sie langsam wieder auf die ursprüngliche Größe.
- Durch das zugesetzte Glyzerin trocknen die Köder nicht aus.
- Die Köder dürfen keinen hohen Temperaturen (über 30°C) ausgesetzt werden, da sie sonst schmelzen.
- Das Interesse der Fische ist gut. Ich konnte schon einige Zander damit fangen. Auch Aitel (Döbel) und Bachforellen reagieren gut darauf.
- Die Gelatine-Köder sind nicht so pflegeleicht und robust wie Köder aus Kunstoff, haben aber eben klar den Vorteil, dass sie nicht umweltschädigend sind, weil sie bei Abriss keinen Plastikmüll hinterlassen.
- Mit Lebensmittelchemie-Knowhow und weiteren Versuchen lassen sich die Köder sicher weiter optimieren. Aber auch das verwendete Grundrezept fängt schon mal Fische! In den USA habe ich eine Firma entdeckt, die Gelatine-Köder soweit entwickelt hat, dass sie sie bereits verkauft.

- Gelatineköder eignen sich für Offsetmontage (siehe vorvoriges Posting), genauso aber auch für Jigkopf-Montage.
Wie zB dieser 10cm-Gelatinefisch, montiert auf 10g-Stahljig, Marke Eigenbau,
20230616_034622_48cmZander_Gelatine10g_400x146.jpg


mit dem ich diesen 48cm-Donauzander gefangen habe:
20230616_044112GelatineZander_800x304.jpg


Wie man auf dem Foto sehen kann, hat der Köder den Biss bzw. Drill nicht heil überstanden. Der Gelatineköder wurde im Drill bzw. beim Keschern vom Haken gerissen und ist im Kescher gelandet. Das passiert aufgrund der geringeren Zähigkeit des Gelatinematerials öfter.
Da aber zumindest bei mir die Häufigkeit von Zanderbissen ohnehin gering ist, kann ich es gern verkraften, wenn ich für jeden gefangenen Zander einen Köder opfern muss. Als Vorteil könnte ich mir vorstellen, dass der Haken etwas leichter fasst, weil der Köder beim Biss zerquetscht werden kann.
 
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Mescalero

OCC 2022 (Erster)
Da gibt es sicher ein weites Feld zum Experimentieren. Wenn man Haribo von der Konsistenz her hinbekommt, ist das Schlimmste geschafft oder?

Ein bisschen weicher noch aber fest genug, so dass es auch bei 20° Wassertemperatur stabil bleibt. Und bei 5° nicht zu Beton wird.
 

StahljigErich

Well-Known Member
Das mit den Gelatineködern hat was, das werde ich irgendwann auch mal probieren.
Freut mich. Aber 'irgendwann' ist eindeutig zu spät :)

Kann man die Mischung auch salzen oder Lockstoff dazu geben, oder ist das eher kontraproduktiv?
Wie sich die Konsistenz durch Salz verändert, weiß ich derzeit leider nicht.
Lockstoff dazuzugeben geht aber sicher. Wenn der Lockstoff ein Öl ist, ist ev. ein Emulgator hilfreich.

Ich habe leider kein spezielles Lebensmitteltechnik-Knowhow. Ich kämpfe mich bzgl. Rezeptur mittels Versuch und Irrtum vorwärts. Mein oben vorgestelltes Rezept funktioniert meiner Erfahrung nach aber schon mal ganz gut, lässt sich aber sicher noch deutlich optimieren. Es basiert auf Rezeptvorschlägen, die ich im Internet in (tw. amerikanischen) Foren gefunden habe. Ich habe es ein wenig abgewandelt, so wie es mir praktikabler erschien. Ich kenne aber zB die Bedeutung des Zuckers für das Rezept nicht. Vielleicht könnte man Zucker teilweise oder ganz durch Salz ersetzen.

Warum möchtest du Salz dazugeben? Welchen Nutzen hat Salz in Gummiködern?

Grundsätzlich möchte ich noch anmerken:
Meiner Meinung nach lohnt es auf jeden Fall, in diese Richtung weiter zu gehen. Weil für mich ist es einfach keine Zukunftsperspektive, nur um (Jigangel-)Spaß zu haben, immer weiter Umwelt und Gesundheit durch Plastikmüll (tw. mit giftigen Weichmachern) in Form abgerissener Gummiköder zu schädigen. Wie lange soll das noch so weiter gehen? Je früher wir auf ökologisch unbedenkliches Material umsteigen, umso besser. Geschehen muss es sowieso. Ist halt meine Meinung.

Und aufgrund meiner gemachten Erfahrungen weiß ich inzwischen mit Gewissheit: Fische fangen und Jig-Angelspaß haben kann man auch mit ökologisch unbedenklichen Gummiködern!
 
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49er

Well-Known Member
Warum möchtest du Salz dazugeben? Welchen Nutzen hat Salz in Gummiködern?
hanzz hat ja schon nen schönen Link geteilt! thumbsup

Bei mir hat es auch zwei Gründe, warum ich meine Gummis salze.
Zum einen halte ich es für möglich, dass wenn ein Fisch in den Gummi beißt, er ihn durch den Salzgeschmack länger im Maul hält.
Nachweisen kann ich das natürlich nicht, weiß ja nicht mal ob Fische Salz schmecken können, aber zumindest glaube ich daran.

Zum anderen fische ich nur noch mit Chebu. Ab und zu passiert es da, das sich der Gummiköder um 180° um die eigene Achse dreht und der Bauch dann oben schwimmt.
Da ich meine Fische immer zweifarbig gieße, mach ich in die untere Farbe, also dem Bauch, mehr Salz rein, so dass diese Mischung etwas schwerer ist. Dadurch verschiebe ich den Schwerpunkt des Gummifisches etwas nach unten, was dem rotieren um die eigene Achse entgegenwirkt.

Meiner Meinung nach lohnt es auf jeden Fall, in diese Richtung weiter zu gehen. Weil für mich ist es einfach keine Zukunftsperspektive, nur um (Jigangel-)Spaß zu haben, immer weiter Umwelt und Gesundheit durch Plastikmüll (tw. mit giftigen Weichmachern) in Form abgerissener Gummiköder zu schädigen. Wie lange soll das noch so weiter gehen? Je früher wir auf ökologisch unbedenkliches Material umsteigen, umso besser. Geschehen muss es sowieso. Ist halt meine Meinung.
Schöne Meinung, gefällt mir! thumbsup
Mir tut es bei einem Abriß durch Hänger auch immer weh, wenn ich weiß, dass ich wieder für ein bisschen Mikroplastik/Schadstoffe im Wasserkreislauf verantwortlich bin. Und an der Donau hab ich nicht gerade wenig Hänger.
Deswegen wird das auf alle Fälle ausprobiert.
Aber erst mal muss ich meinen A... hochkriegen und neue Formen machen. Irgendwie fehlt mir aber gerade die Motivation dazu... :whistling
 

StahljigErich

Well-Known Member
Aber erst mal muss ich meinen A... hochkriegen und neue Formen machen. Irgendwie fehlt mir aber gerade die Motivation dazu... :whistling
Meine schnelle, soweit funktionierende Lösung: Da mir jegliche Erfahrung mit dem Gießen herkömmlicher Gummifische aus Plastisol fehlt, habe ich mir probehalber einfach im Internet eine Silikongießform gekauft, mit der man sowohl 6cm- als auch 10cm-Fische gießen kann (Kostenpunkt 8 Euro), um schnell testen zu können, ob das Gießen und Angeln mit Gelatine überhaupt funktioniert.
Die Köderformen dieser Gießform dürften jedenfalls soweit ok sein. Ich konnte damit schon einige Donau-Zander, einige Aitel/Döbel und eine Bachforelle zum Biss überreden bzw. fangen.
 
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Thommy1971

Well-Known Member
Gestern habe ich meine gekauften Formen nachgearbeitet, nun sind die Ergebnisse richtig gut. Die Luftkanäle waren ungenügend, mit einer Schlüsselfeile und einem Proxxon war das schnell gelöst.

Der fertige Gummifisch war noch ein Zwischenergebnis und der gefällt mir schon ganz gut.
 

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StahljigErich

Well-Known Member
Wenn man Haribo von der Konsistenz her hinbekommt, ist das Schlimmste geschafft oder?
Leider nur zum Teil. Denn die Reissfestigkeit zB der Haribo-Wummis ist toll, aber deren Beweglichkeit und Flexibilität ist für Schaufelschwanzköder unzureichend. Dieses Material bewegt sich nur sehr träge. Hingegen ist die Beweglichkeit und Flexibilität meines Gelatineköder-Materials sehr gut.
Siehe Bild:
20220313_110308_400x417.jpg


Aber dafür ist die Reissfestigkeit noch verbesserungswürdig.
Ideal wäre eben, ein Material zu finden/zu entwickeln, dass beides in ausreichendem Maß vereint.

Ein bisschen weicher noch aber fest genug, so dass es auch bei 20° Wassertemperatur stabil bleibt. Und bei 5° nicht zu Beton wird.
Soweit ich bisher beobachtet habe, spielt die Wassertemperatur bei den Gelatineködern keine bedeutende Rolle für die Beweglichkeit der Köder. Sie werden jedenfalls bei 5°C keinesfalls zu Beton. Sie werden sogar im Tiefkühlfach bei -18°C nicht wirklich fest. Das liegt am beigefügten Glyzerin, das wie ein Frostschutzmittel wirkt.

Ich habe auch das Naheliegende ausprobiert, nämlich Wummis zu schmelzen und in eine Fischform zu gießen. Das habe ich aber schnell wieder bleiben lassen, weil:
1. Die Masse wurde selbst bei Erwärmung weit über 50°C nicht wirklich dünnflüssig, war damit für's Gießen nicht wirklich geeignet.
2. Dieses Material klebt in flüssigem Zustand ungemein. Sowohl im Topf, aber auch in der Silikon-Gießform und an den Fingern sowieso.

Je früher wir auf ökologisch unbedenkliches Material umsteigen, umso besser.
Ich denke, es tut sich was in die richtige Richtung!
Siehe diesen aktuellen Thread "Sechsstellige Förderung für das Start-Up Capt’n Greenfin" über ein Schweizer Startup-Unternehmen, das bereits einen biologisch abbaubaren Köder anbietet und mit wissenschaftlicher Unterstützung und gefördert mit 260.000 Franken das Material weiter optimiert.
 

hanzz

Master of "steht noch nicht fest"
So langsam macht mir das spielen mit der Farbintensität richtig Spaß. Eins ist sicher, sie werden etwas transparenter
Die rechte Reihe auf dem ersten Bild voll mein Ding und meine Farbe.
All deine Schöpfungen sind super.
Aber damit triffst du meinen Geschmack am besten.
Klasse
 

tomxxxtom

Well-Known Member
Thommy1971
Ich habe eine kleine Herausforderung für dich. Ich könnte 50 Exemplare dieses Köders gut gebrauchen...

Meine letzten beiden Stücke in der Größe 11cm. einer davon nach Schwanztransplantation. :cry
20230808_162720.jpg
 
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