Lachsköder Alaska und Kanada
Hallo Dorschi!
Das Meeresangeln auf Lachs ist etwas völlig Anderes als das Süßwasserangeln. Wichtigster Unterschied: Im Meer frisst der Lachs noch - im Süßwasser nimmt er rein gar nichts mehr zu sich. Dort schnappt er nur noch nach jenen Ködern, die ihn reizen oder ärgern - ansonsten hat er nur noch amore im Hirn, nicht mehr seine Ernährung. Im Salzigen haut er dagegen (letztmals) richtig rein, um sich - z. B. nach dem langen Weg vom Norden - satt zu fressen.
Das ergibt ein grundsätzlich anderes (Fress-)Verhalten und Beißen. Wenn Du mich fragst: Dieses Verhalten macht den Fang wesentlich leichter als im Süßwasser, denn der Fisch w i l l Deinen Köder im Meer noch fressen.
Zum Köder: Das Gängige und Beste im Meer ist der Hering, teil mit, teils ohne Kopf. Kunstköder sind dort meines Erachtens weniger fängig als natürliche Köder - also nehm' ich Hering (ohne Kopf, auf ein Zwei-Haken-System gezogen). Die gängige Fangtechnik ist das Schleppen mit dem Motorboot: so langsam wie nur irgendwie möglich, Leerlaufdrehzahl, Gang rein - je nach Drift gelegentlich sogar Gang kurz herauszunehmen, um nicht zu schnell zu werden.
Nächste Frage: Wo steht der Fisch? Gründsätzlich: in Ufernähe, an den ihm bekannten Sammelpunkten, wo er rastet, oder "unterwegs" auf seinem Wanderweg den Fjord hinauf zum Süßwasser. Alsdann: Egal, wie tief es ist - der Lachs steht oder zieht in Ufernähe im Oberwasser, zwischen null und meist allenfalls 15 m Tiefe - auch wenn's dort 150 Meter bis zum Grund sind. Außerdem: Ebbe und Flut können (müssen aber nicht) eine Rolle fürs Beißverhalten spielen. Meist (nicht immer) geht's bei auflaufendem Wasser besser als bei ablaufendem; manchmal spielt das aber gar keine Rolle - frag' mich nicht, warum.
Zum Gerät: Die Rute sollte so weich wie möglich sein - ich habe die Erfahrung gemacht, dass nichts über die extrem weichen Ruten (10 bis 12 Fuß Länge) geht, die man "drüben" kaufen oder Leihen kann. Die besten Rollen fürs Schleppfischen sind Mooching Rollen wie die Shimano GT 2000, in Europa kaum bekannt oder erhältlich, vergleichbar am ehesten einer übergroßen Fliegenrolle. Stell' die Bremse so ein, dass der beißende Fisch ziemlich ungehindert Schnur abziehen kann, und verändere diese Einstellung während des Drills möglichst nicht: Lass den Fisch nach dem Biss gehen - du hast ja Platz auf dem Meer, andere Bootsnutzer brüllst Du an "fish on the line", dann machen sie Platz. Zusätzlich bremsen kannst Du die rotierende Rollentrommel mit der Handfläche oder dem kleinen Finger - solange der Fisch geht; wendet er und kommt auf Dich zu, kurbele ein, was das Zeug hält, damit die Schnur möglichst gestrafft bleibt. Pass' aber auf, dass Du keinesfalls mit den Fingerchen an der Kurbel die Rolle blockierst, falls der Fisch plötzlich wieder gehen will: Eine auch nur für Sekundenbruchteile blockierte Rolle bedeutet "Fisch weg"! Zwar fischt Du bei Leihgerät üblicherweise mit einer 50er Schnur, doch das etwa 2,5 m lange Vorfach ist meist nur 25er bis 30er, oft noch weniger, denn manchenorts wird mit 6-lbs-Vorfächern gefischt - und in Kanada natürlich grundsätzlich mit Einzelhaken ohne Wiederhaken. Deshalb wirst Du anfangs viele, später weniger Fische verlieren, aber es sind ja genug da und es sollen auch welche durchkommen...
Unterschiede gibt es, ob Du im Meer auf Chinook/King fischt oder auf Coho und Konsorten. Zwar stehen alle fpnf Arten dicht an den Uferfelsen, aber Königslachse stehen g a n z dicht am schäumenden Fels, oft nur 2 bis 3 m darunter. Cohos sind auch mal im "Vorfeld" bis zu 100 m weit unterwegs. Der King beißt zudem ganz anders: zögernd, vorsichtig, die Rolle sagt nur ganz kurz "rrr", weil er erst mal mit dem Schwanz nach dem Hering schlägt und mit dem Biss abwartet, bis der "betäubte" Köder im Wasser fällt. Das heißt: Wenn Deine Rutenspitze etwas ruckt oder die Rolle kurz knarrt, musst Du auf jeden Fall sofort Schnur geben und warten, bis er's erneut versucht; dann wieder Schnur geben, warten, wieder Schnur geben - erst wenn er kontinuierlich geht, hat er wirklich gebissen, und Du kannst nun die Rute hoch nehmen. Keinesfalls anschlagen! Ist beim Schleppfischen grundfalsch, nur die Rute hoch heben - das reicht!
Cohos, Buckel- und Hundslachse beißen im Meer anders als Königslachse: Sie schnappen sich den Köder und geben Gas - die Rolle sagt kreischend und ausdauernd "Rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr", also hoch mit der Rute. Noch mehr Unterschiede: Ein Coho geht bis zu 100 m in die eine, dann 80 m in die andere Richtung, springt, wälzt sich, dreht Loopings, kämpft immer an der Wasseroberfläche; ein Chinook taucht ab ins Tiefe, kämpft dort mit stetigem Zug nach unten - Du wirst ihn beim Drill erst zu sehen bekommen, wenn er müde ist, was ein Stündchen dauern kann. Cohos stellen sich zwischen zwei Fluchten auch schon mal unter Deinen Kahn und "gehen" keinen Zentimeter mehr: Versuche nicht mit dem Kescher dran zu kommen, trete lieber kräftig auf den Bootsboden, damit er sich erschrickt und wieder geht - keschern kannst Du mit Aussicht auf Erfolg erst, wenn er sich müde gerannt hat. Was bei einem 20-pfündigen kampfstarken Northern Coho im Meer schon mal 20 Minuten dauern kann.
Du siehst, es gibt enorme Unterschiede zwischen Süß- und Salzwasser-Fang. Der größte ist für mich: Der Lachs im Meer steht noch voll im Saft, hat noch nicht gehungert, ist (egal welche Sorte) völlig silberblank; im Süßwasser färbt sich jeder Lachs rasch um und verliert ebenso rasch an Kampfkraft, weil er ja (meist schon tage- oder wochelang) nichts mehr frisst. Auch deshalb fisch' ich lieberim Meer: Du fängst dort mehr, beißfreudigere und kampfstärkere Lachse, und darauf kommt's mir an. Allerdings brauchst Du meist die (Boots-)Infrastruktur einer Lodge - und musst dafür zahlen.
Dies fürs Erste. Solltest ich Dein Interesse (oder das eines anderen Kollegen) am Salzwasserfischen auf Lachs geweckt haben: Schreib' mir 'ne PN, und ich helfe gerne weiter.
Petri-Heil wünscht