Thomas9904
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VDSF-Verbandsausschuss: Ein Kommentar von Dr. Thomas Günther
Wie immer mit der Erlaubnis zum veröffentlichen.Quelle:
http://thomasguenther.wordpress.com/
Hoffnung auf den VDSF-Verbandsausschuss
Keine Routinesitzung
Nur noch wenige Tage, dann kommen in Göttingen die Mitglieder des Verbandsausschusses zusammen, des höchsten Organs des Verbandes Deutscher Sportfischer (VDSF) zwischen zwei Jahreshauptversammlungen. Sie werden zu entscheiden haben über einen Antrag des VDSF-Präsidiums, den Verband im Herbst 2012 für den Beitritt von Landesverbänden und Mitgliedern des Deutschen Anglerverbandes (DAV) zu öffnen, den DAV aber außen vor zu lassen.
Kommentar von Dr. Thomas Günther
Ein einstimmiges Ergebnis für diesen Antrag ist nicht zu erwarten.
Mecklenburg-Vorpommern hat bereits seinen kategorischen Widerstand zu Protokoll gegeben und der Landesfischereiverband Bayern wegen dieses Antrages seine Mitgliedschaft im VDSF gekündigt.
Daher sollten sich die Mitglieder des Verbandsausschusses über den Abstimmungsgegenstand sorgfältig Gedanken machen. Es ist das Recht jedes Verbandsausschussmitglieds, nach freiem Gewissen zu entscheiden.
Das schließt das Recht ein, dem Präsidiumsantrag zuzustimmen, weil er vom Präsidium kommt. Mit dieser Haltung allerdings würde sich der Verbandsausschuss überflüssig machen, der ja das Präsidium kontrollieren soll.
Man mag auch das Thema “Fusion” einer weiteren Mühe nicht für wert halten, weil man es für ein “ostdeutsches Problem” hält, was es nicht ist, da es in allen West-Bundesländern mittlerweile DAV-Landesverbände gibt.
Für den aber, der bereit ist, sich sorgfältig mit dem Antrag des Präsidiums zu beschäftigen will ich hier auf ein paar aus meiner Sicht wesentliche Punkte hinweisen:
■Der Antrag öffnet den künftigen VDSF unter Beibehaltung der bisherigen Rechtspersönlichkeit für den Beitritt von DAV-Mitgliedern, also auch DAV-Landesverbänden. Das bedeutet, dass auch die westlichen DAV-Landesverbände beitreten können, ohne mit dem VSDF-Landesverband zu verschmelzen.
■Sofern es zu Beitritten von DAV-Landesverbänden kommt, verringert sich dadurch automatisch das Stimmgewicht und der Einfluss der bisherigen VDSF-Landesverbände im Verbandsausschuss und in der Jahreshauptversammlung. Mittelbar führt das zu einer Stärkung des Gewichts des Präsidiums im Zusammenspiel der Verbandsorgane.
■Die Interessenvertretung auf der Ebene der Binnenfischereigesetzgebung wird dadurch nicht konzentriert, da die Interessengegensätze, um deretwegen sich die westlichen DAV-Landesverbände gegründet haben, fortbestehen. Diese Gegensätze werden dann in den VDSF/ DAFV getragen.
■Deswegen bestehen erhebliche Zweifel, ob das mit der Fusion angestrebte Ziel einer einheitlichen Interessenvertretung auf dem Wege des Präsidiums überhaupt erreicht werden kann.
■Der DAV als solcher ist nach dem Präsidiumsantrag auf Dauer von einem Beitritt ausgeschlossen. Es kann keinen Bundesverband in einem Bundesverband geben.
■Daher ist der vom Präsidium vorgeschlagene Weg weder eine Fusion, noch ein Zusammenschluss. Eine Zustimmung zu dem Antrag bedeutet eine einseitige, endgültige Abkehr vom Fusionsvorhaben. Daher wäre die Zustimmung zu dem Antrag eine komplette Abkehr von dem einstimmigen (!) Beschluss der VDSF-Mitgliederversammlung vom 21.11.2012.
■Folgerichtig kann es nach einer Zustimmung zu dem Präsidiumsantrag keinerlei Gespräche zwischen VDSF und DAV auf Bundesebene über eine Fusion mehr geben. Die DAV-Spitze würde dadurch für die Dauer der Gültigkeit des Beschlusses von der Gestaltung einer einheitlichen Interessenvertretung ausgeschlossen werden.
■Der DAV als solcher bliebe also über die Gründung des DAFV weiterhin als konkurrierende Organisation auf Bundesebene bestehen, zumindest so lange er eigene Landesverbände hat.
■Ob es in der Folge zu nennenswerten Beitritten von DAV-Landesverbänden und -Mitgliedern kommt, ist höchst ungewiss und wenig wahrscheinlich. Angesichts der vielen ungeklärten Fragen der Auswirkung einer Fusion steigert ein VDSF seine Attraktivität nicht, indem er sich umbenennt und einen Alleinvertretungsanspruch proklamiert.
■Ein solcher Alleingang trifft weder in der interessierten Öffentlichkeit, noch in politischen Kreisen auf Bundes- und Landesebene auf Verständnis. Es ist bisher nicht vermittelt worden und wohl auch nicht vermittelbar, was mit einer solchen einseitigen Umstrukturierung des VDSF erreicht werden soll, wenn wesentliche Teile der Anglerschaft ausgeschlossen sind.
■In der Öffentlichkeit würde die Spaltung der deutschen Anglerschaft weiterhin wahrgenommen und das Fusionsvorhaben als endgültig gescheitert betrachtet werden.
■Für den VDSF bedeutet eine mehrheitliche Zustimmung zu dem Präsidiumsantrag die erhebliche Gefahr einer unkontrollierten Ausbreitung der inneren Spannungen und von weiteren Austritten von Landesverbänden. Eine Zustimmung wäre für das Präsidium ein Phyrrussieg.
Unterstellen wir einmal, dass die Gründe, die das Präsidium zu seinem Antrag bewogen haben, objektiv zutreffen und eine Reaktion seitens des VDSF erforderlich machen.
Selbst unter dieser – umstrittenen – Annahme sind die daraus vom Präsidium abgeleiteten Folgen – endgültige Abkehr vom Fusionsvorhaben, Ausschluss des DAV-Dachverbandes, Umbenennung, Satzungsänderung und Beitrittsöffnung – keineswegs zwingend oder notwendig.
Sie sind auch für eine eventuell beabsichtigte “Disziplinierung” des DAV nicht geeignet, da sie denknotwendigerweise das Ende aller Verhandlungen auf Bundesebene nach sich ziehen würden. Die vom Präsidium vorgesehenen “Rechtsfolgen” sind unverhältnismäßig und schädlich für die organisierte Angelfischerei in Deutschland und für den VDSF im Besonderen.
Niemand bestreitet das Recht des VDSF, auf fusionsrelevante Vorgänge innerhalb des DAV zu reagieren, auch harsch zu reagieren. Der Verbandsausschuss aber hat die Möglichkeit, sich bei der Suche nach einer angemesseneren Reaktion als jener des Präsidiums einzubringen und dabei den allseitigen Plan der Fusion, wenigstens aber die innere Einheit des VDSF im Auge zu behalten.
Es muss am 21. April in Göttingen kein Entschluss pro Fusion gefällt werden; es muss auch keine endgültige Fusionsabsage beschlossen werden. Es wäre schon viel erreicht, wenn die noch offenen, strittigen Punkte jetzt fixiert, veröffentlicht und dem DAV offiziell übermittelt werden.
Es gibt andere Wege! Wünschen wir dem Verbandsausschuss Weitblick, diese zu erkennen und zu beschreiten. Die Macht dazu hat er. Ob er den Willen hat, davon Gebrauch zu machen werden wir alsbald wissen.