geomujo
Well-Known Member
Guten Abend. Hier mal ein etwas akademischer Beitrag zum Thema Keschernetz-Modifikation.
Motivation:
Ein anfüsich sehr gutes Mono-Netz ist zu groß bzw. zu tief für Keschergrößen um die 60-70cm. Das eingetroffene Ghost Mesh aus der Trout Master Linie von SPRO ist mir gerade in der großen Version doch etwas zu flach. Ein Mittelding wird also gesucht, was es so nicht am Markt gibt.
Ausgangslage:
Das Mono-Netz, welches übrigens auch optisch ein echter Hingucker ist, ist ein China-Modell das es bei eBay und Ali für'n schmalen Taler gibt. Kurze technische Daten: Maschenweite 3cm, Schnurstärke angegebene 0,35mm.
Es unterscheidet sich grundlegend von allen anderen am Markt befindlichen Mono-Netzen in einem ganz besonderen Punkt, der Netzgeometrie. Dieses Netz ist was für Mathematiker ;-) Ein Musterbeispiel für eine sehr hochentwickelte Netztechnologie, eine analoge Netztechnologie wohlgemerkt.
Warum? Wie sind die meisten Keschernetze aufgebaut? Aus einzelnen Segmenten, meist ein vertikales welches sich mit einer Naht zu einem Zylinderausschnitt formt, an dem ein kreisrunder Boden angenäht ist. Somit entsteht ein rechter Winkel am Kescherbodem. Nach diesem Prinzip sind fast alle modernen Keschernetze aufgebaut. Mal unterscheidet sich wie der Boden geformt ist, mal wie die Wände. Kermerkmal dieser Technik ist, dass das Gewebe immer gleich ist. Immer ein rechteckiges 4-Punkt-Muster, dass sich, wenn man es seitlich belastet, zu einem Parallelogram zieht. Das ist auch der Grund, warum, diese Netze im allgemeinen auch 'dehnbar' sind. Je nach Richtung kann man die Fläche vergrößern oder verkleinern.
Es gibt daneben eine weitere etablierte Form, in der ein zylindrisch umlaufendes Netz einfach am Boden zusammengenäht wird, ganz ohne Boden. Durch die Belastung ergibt sich hier fast immer die Parallelogramform.
Beide Varianten setzten homogene Netzstrukturen ein. Um letztere Variante nicht zu unkomfortabel zu gestalten gibt es die Möglichkeit, einige Teilsegmente zu entfernen, und nur jeden zweiten Strang nach unten zu führen (denkt mal an den alten Sat.1-Ball).
Und damit kommen wir zum eigentlichen Thema. Dem Thema des Problems der Flächengeometrie. Das Netz spannt bei gleicher Knotengeometrie ein gleich mäßiges Raster auf. Gehe ich in die Parallelogramform, verlängere ich die Fläche entlang der Längsachse, und verkürze sie entlang der Querachse. Soweit sogut - oder besser schlecht. Durch das Zusammenziehen erhöht sich natürlich auch die Knotendichte in dem Bereich. Und das ist in vielerlei Hinscht nachteilig. Es wird also eine Form gesucht, welche die Knotendichte konstant hält. Das wäre dann die erste Variante. In dieser sind alle Netzsegmente, wenn sich sich in ihrer idealen Ruhelage befinden, in einem rechtwinkligem Muster angeordnet, wie es sein soll. Im Prinzip hätte es gereicht dieses Netz so aufzubauen. Aber es wurde ganz anders vermascht.
Stellt euch ein rechtwinkliges 4-Punkt Netz vor. Dann schneidet ihr einen Schlitz ins Netz und fügt ein Linsenförmiges Segment ein. Dann macht ihr dass gleiche nochmal im rechten Winkel dazu. Das Ergebnis ist, dass sich die Netzfläche nicht mehr gestaucht oder überlappungsfrei in die Ebene legen lässt. Das gezeigte Netz hat diese Technik nun auf die Spitze getrieben und mit einer hexagonal-Symmetrie einen sich aufwölbenden Bereich geschaffen, der wiederum spiegelsymmetrisch zum Oberteil wieder in eine Ebene übergeht. Und das Ganze ohne etwaige längere Schnittflächen im Netz sondern durch eine spezielle unterbrechnugsfreie Knotentopologie. Das ist der Wahnsinn und ein Schmankerl für alle Mathematiker, Informatiker und sonstigen Wissenschaftlern, die sich von Berufswegen mit Netztopologien befassen. Und genau hier kommen wir an dem Punkt an dem vielleicht einige schon mal in ihrem Leben drüber gestolpert sind. Die Projektion eines 3-dimensionalen Körpers auf eine Ebene. Wie z.B. die Erde im Atlas oder auf dem Monitor. Entweder verzerre ich stark, das ist dann die sog. Trans-Mercator-Projektion oder ich stelle flächenfreu dar. Nehmt eine Apfelsine und schält ein Viertelsegment ab. Verucht diese auf den Tisch zu pressen; es wird wohl seitlich einreißen an einer Stelle um seine innere Spannung zu reduzieren. Und diese Abbildungsprojektionen, oder besser gesagt das geometrische Problem dahinter, machen vor allem Vermessern, Wissenschaftlern und Ingenieuren so ihre Probleme ;-)
Umsetzung:
Nun ist aber das Problem, wie ich dieses Netz wiederum meinerseits stil- und fachgerecht in die gewünschte Form bringe. Mit dem Umfang war ich soweit zufrieden und kann mit einer leichten Parallelogramformunterhalb des Bügels gut leben. Im Bodenbereich hätte ich gerrne aber eine schöne deutlich sichtbare Bodenbildung, mit nahezu rechtwinkliger Knotenanordnung; also so, wie es schon in der Ausgangslage der Fall war. Hmmm, wie machen?
Beim ersten Netz habe ich mehr oder weniger drauf losgeschnitten und nach Augenmaß Segmente entfernt. Das Ergebnis lässst sich zwar angeltechisch gut verkaufen, optisch aber lässt es jeden Anspruch auf Symmetrie vermissen. Dann kam die Idee. Eine Falte! Eine Falte erzeugt ein symmetrisches Muster, dass sich gleich automatisch in seine optimale zukünftige Form zwängt. Kurz in den Kescher gegriffen und den Übergang zum Boden nach oben gezogen zum Griff.
Resultat ist eine umlaufende Falte, die zu den Enden hin ausstreicht. Also lag es nun daran, diesen Bereich, der herausgefaltet wurde zu entfernen und wieder zusammen zu nähen (mit dünner Mono-Schnur). Das zweite Bild zeigt die schlussendlich herausgetrennte Fläche.
Der Vorgang des Zusammenknotens ist extrem Zeitintensiv. Geschlagene 3 Stunden saß ich an dem abgebildeten Netz nebst 3 Stunden Gedanken machen und schnippeln.
Resultat:
Vorher:
Nachher:
Das kann sich doch sehen lassen, mein ich, oder? Eine perfekt runde Form ist mir nicht ganz gelungen. Der eingeknäulte Bereich links liegt größtenteils an der Steifheit des Materials, daher das Bild mit dem Kopfkissen.
Mein Wunsch: Ein Netz, welches etwas dünner ist und einer Maschenweite von 12-15mm. Das wäre weniger steif und besser für kleinere Fische geeignet.
Motivation:
Ein anfüsich sehr gutes Mono-Netz ist zu groß bzw. zu tief für Keschergrößen um die 60-70cm. Das eingetroffene Ghost Mesh aus der Trout Master Linie von SPRO ist mir gerade in der großen Version doch etwas zu flach. Ein Mittelding wird also gesucht, was es so nicht am Markt gibt.
Ausgangslage:
Das Mono-Netz, welches übrigens auch optisch ein echter Hingucker ist, ist ein China-Modell das es bei eBay und Ali für'n schmalen Taler gibt. Kurze technische Daten: Maschenweite 3cm, Schnurstärke angegebene 0,35mm.
Es unterscheidet sich grundlegend von allen anderen am Markt befindlichen Mono-Netzen in einem ganz besonderen Punkt, der Netzgeometrie. Dieses Netz ist was für Mathematiker ;-) Ein Musterbeispiel für eine sehr hochentwickelte Netztechnologie, eine analoge Netztechnologie wohlgemerkt.
Warum? Wie sind die meisten Keschernetze aufgebaut? Aus einzelnen Segmenten, meist ein vertikales welches sich mit einer Naht zu einem Zylinderausschnitt formt, an dem ein kreisrunder Boden angenäht ist. Somit entsteht ein rechter Winkel am Kescherbodem. Nach diesem Prinzip sind fast alle modernen Keschernetze aufgebaut. Mal unterscheidet sich wie der Boden geformt ist, mal wie die Wände. Kermerkmal dieser Technik ist, dass das Gewebe immer gleich ist. Immer ein rechteckiges 4-Punkt-Muster, dass sich, wenn man es seitlich belastet, zu einem Parallelogram zieht. Das ist auch der Grund, warum, diese Netze im allgemeinen auch 'dehnbar' sind. Je nach Richtung kann man die Fläche vergrößern oder verkleinern.
Es gibt daneben eine weitere etablierte Form, in der ein zylindrisch umlaufendes Netz einfach am Boden zusammengenäht wird, ganz ohne Boden. Durch die Belastung ergibt sich hier fast immer die Parallelogramform.
Beide Varianten setzten homogene Netzstrukturen ein. Um letztere Variante nicht zu unkomfortabel zu gestalten gibt es die Möglichkeit, einige Teilsegmente zu entfernen, und nur jeden zweiten Strang nach unten zu führen (denkt mal an den alten Sat.1-Ball).
Und damit kommen wir zum eigentlichen Thema. Dem Thema des Problems der Flächengeometrie. Das Netz spannt bei gleicher Knotengeometrie ein gleich mäßiges Raster auf. Gehe ich in die Parallelogramform, verlängere ich die Fläche entlang der Längsachse, und verkürze sie entlang der Querachse. Soweit sogut - oder besser schlecht. Durch das Zusammenziehen erhöht sich natürlich auch die Knotendichte in dem Bereich. Und das ist in vielerlei Hinscht nachteilig. Es wird also eine Form gesucht, welche die Knotendichte konstant hält. Das wäre dann die erste Variante. In dieser sind alle Netzsegmente, wenn sich sich in ihrer idealen Ruhelage befinden, in einem rechtwinkligem Muster angeordnet, wie es sein soll. Im Prinzip hätte es gereicht dieses Netz so aufzubauen. Aber es wurde ganz anders vermascht.
Stellt euch ein rechtwinkliges 4-Punkt Netz vor. Dann schneidet ihr einen Schlitz ins Netz und fügt ein Linsenförmiges Segment ein. Dann macht ihr dass gleiche nochmal im rechten Winkel dazu. Das Ergebnis ist, dass sich die Netzfläche nicht mehr gestaucht oder überlappungsfrei in die Ebene legen lässt. Das gezeigte Netz hat diese Technik nun auf die Spitze getrieben und mit einer hexagonal-Symmetrie einen sich aufwölbenden Bereich geschaffen, der wiederum spiegelsymmetrisch zum Oberteil wieder in eine Ebene übergeht. Und das Ganze ohne etwaige längere Schnittflächen im Netz sondern durch eine spezielle unterbrechnugsfreie Knotentopologie. Das ist der Wahnsinn und ein Schmankerl für alle Mathematiker, Informatiker und sonstigen Wissenschaftlern, die sich von Berufswegen mit Netztopologien befassen. Und genau hier kommen wir an dem Punkt an dem vielleicht einige schon mal in ihrem Leben drüber gestolpert sind. Die Projektion eines 3-dimensionalen Körpers auf eine Ebene. Wie z.B. die Erde im Atlas oder auf dem Monitor. Entweder verzerre ich stark, das ist dann die sog. Trans-Mercator-Projektion oder ich stelle flächenfreu dar. Nehmt eine Apfelsine und schält ein Viertelsegment ab. Verucht diese auf den Tisch zu pressen; es wird wohl seitlich einreißen an einer Stelle um seine innere Spannung zu reduzieren. Und diese Abbildungsprojektionen, oder besser gesagt das geometrische Problem dahinter, machen vor allem Vermessern, Wissenschaftlern und Ingenieuren so ihre Probleme ;-)
Umsetzung:
Nun ist aber das Problem, wie ich dieses Netz wiederum meinerseits stil- und fachgerecht in die gewünschte Form bringe. Mit dem Umfang war ich soweit zufrieden und kann mit einer leichten Parallelogramformunterhalb des Bügels gut leben. Im Bodenbereich hätte ich gerrne aber eine schöne deutlich sichtbare Bodenbildung, mit nahezu rechtwinkliger Knotenanordnung; also so, wie es schon in der Ausgangslage der Fall war. Hmmm, wie machen?
Beim ersten Netz habe ich mehr oder weniger drauf losgeschnitten und nach Augenmaß Segmente entfernt. Das Ergebnis lässst sich zwar angeltechisch gut verkaufen, optisch aber lässt es jeden Anspruch auf Symmetrie vermissen. Dann kam die Idee. Eine Falte! Eine Falte erzeugt ein symmetrisches Muster, dass sich gleich automatisch in seine optimale zukünftige Form zwängt. Kurz in den Kescher gegriffen und den Übergang zum Boden nach oben gezogen zum Griff.
Resultat ist eine umlaufende Falte, die zu den Enden hin ausstreicht. Also lag es nun daran, diesen Bereich, der herausgefaltet wurde zu entfernen und wieder zusammen zu nähen (mit dünner Mono-Schnur). Das zweite Bild zeigt die schlussendlich herausgetrennte Fläche.
Der Vorgang des Zusammenknotens ist extrem Zeitintensiv. Geschlagene 3 Stunden saß ich an dem abgebildeten Netz nebst 3 Stunden Gedanken machen und schnippeln.
Resultat:
Vorher:
Nachher:
Das kann sich doch sehen lassen, mein ich, oder? Eine perfekt runde Form ist mir nicht ganz gelungen. Der eingeknäulte Bereich links liegt größtenteils an der Steifheit des Materials, daher das Bild mit dem Kopfkissen.
Mein Wunsch: Ein Netz, welches etwas dünner ist und einer Maschenweite von 12-15mm. Das wäre weniger steif und besser für kleinere Fische geeignet.
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