Debilofant
Well-Known Member
Hallo Debilofant, ich halte den Quappenlaichaufstieg und die Laichquappenfischerei aus dem und im Oderhaff für eine absolute Legende! Dafür gibt es überhaupt keine belastbaren Quellen bzw. Beweise. Eher für das Gegenteil:
https://www.ikzm-d.de/main.php?page=6,202.
Die Quappe ist und bleibt ein Süsswasserfisch, der in den tiefen Bereichen der Flussunterläufe übersommert und zum laichen in die Oberläufe zieht.
In den vielen, heißen Sommern der vergangenen Jahre hatten wir in den tiefen Bereichen im Unterlauf der Oder ziemlich lange , Sauerstoffarme Perioden. Im 2018ner Sommer war die Oder sicher über einen Monat lang, durchschnittlich 25 Grad und wärmer. Das können Quappen überhaupt nicht ab!
Sicher spielt auch die Laichfischentnahme durch Fischer , Kormorane und Angler eine, nicht unbedeutende Rolle am Bestandsrückgang in den letzten 20Jahren, aber, ich denke, mit dem Oderhaff hat das alles nichts zu tun!
Petri Berko
Moin Berko,
wie so oft im Leben, wird man wohl von einem Sowohl-als-auch ausgehen müssen, soll heißen, dass sicherlich ein gehöriger Teil der aufsteigenden Fische sich die restliche Zeit des Jahres im Unterlauf tummelt, gleichwohl aber ein zumindest ebenso großer (m.E. sogar deutlich größerer) Teil aus dem Stettiner Haff oder womöglich sogar aus der Ostsee die Reise antritt. Dazu dann folgende Gedanken meinerseits.
Es ist wohl gesichert, dass Quappen sich auch im Brackwasser bzw. leicht salzhaltigem Wasser tummeln, jedenfalls wird bei Beschreibungen der Fischart regelmäßig auch Brackwasser als Habitat angegeben. Die Ostsee ist ja ohnehin nicht so wahnsinnig salzhaltig bzw. ist der Haffbereich (und mitunter auch die Ostsee bis zu Nordküste Rügens hinauf) noch einmal weniger salzhaltiges Brackwasser (Ich habe als Rotzbengel am Strand zwischen Altenkirchen bzw. Juliusruh und Glowe auf Rügen mal einen toten Aland bzw. war es womöglich eine große Plötze gefunden und nicht schlecht gestaunt), weshalb es im Haff (und womöglich noch darüber hinaus) definitiv Quappen gibt. Das wird auch von wissenschaftlichen Publikationen bestätigt, wie etwa auf S. 23 in Tabelle 7 (Süß- und Brackwasserarten im Stettiner Haff (Quelle: WYSOKIŃSKI 1998)) der nachstehend verlinkten Publikation mit Nennung der Quappe als dort erfasste "Brackwasserart":
http://databases.eucc-d.de/files/documents/00000037_IKZM_Oder_Berichte29_Roettger.pdf
...oder wie etwa auf S. 21 unten des nachstehend verlinkten pdf-Dokuments "Die Fischbesiedelung des Oder - Einzugsgebietes", wo es wörtlich zitiert lautet:
"Die Oder ist der letzte große deutsche Fluss, in dessen Unterlauf keine Wehranlage die Wanderung der Fische behindert. Hier kann man auch heute noch regelmäßig die winterliche Laichwanderung der großen Quappen beobachten, die einst vielerorts eine wichtige Säule der Fischerei war (BLOCH 1782-1784, WITTMACK 1875, CHRISTIANI 1901, VON DEM BORNE1882). In der unteren Oder und im Haff ist die Quappe häufig, aber der historisch überlieferte Quappenreichtum existiert bei weitem nicht mehr. In der mittleren und oberen Oder nahmen ihre Bestände dagegen drastisch ab"
https://www.nationalpark-unteres-odertal.de/sites/default/files/literature/Die Fischbesiedelung des Oder-Einzugsgebietes.pdf
Ich habe dann auch noch ein wenig weiter gegooglebuddelt und dabei dann zwar nicht für die Oder, dafür aber für die Elbe folgende aktuelle Veröffentlichung des Potsdamer Instituts für Binnenfischrei zum Wanderverhalten und zur Herkunft von Laichquappen aufgestöbert:
https://www.researchgate.net/profil...b58f4c89/Die-Quappe-Lota-lota-in-der-Elbe.pdf
http://www.forum-natur-brandenburg.de/wp-content/uploads/2018/12/MAFI_1_2019.pdf
(Märkischer Angler 01/2019 mit einer Zusammenfassung der Untersuchung ab S. 40)
Darin kommt das Institut für Binnenfischerei zum Ergebnis, dass ein Teil der laichreifen Quappen mitunter sogar für mehrere Jahre bis in die - im Vergleich zur Ostsee bzw. erst recht im Vergleich zu Brackwasseregionen - deutlich salzhaltigere Nordsee ausschwärmt und das Gesamtaufkommen an Laichfischen eine Mischung aus Meeresstreunern und Exemplaren aus dem Flussunterlauf darstellt, wobei manche Fische wohl trotz Geschlechtsreife gar mehrere Jahre überhaupt nicht am Laichgeschäft teilnehmen. Ich denke, diese Erkenntnisse zu den Elb-Quappen dürften sich weitgehend auf die Oder-Quappen übertragen lassen.
Was den von Dir angeführten Link mit Fangquoten aus dem Haff angeht, so dürften dort nur die Hauptfischarten erfasst worden sein, denn aufaddiert machen Flussbarsch, Brassen und Plötze nur 89,3 % aus, d.h. der Rest verteilt sich auf nicht näher genannte Fischarten, und es geht für mich nicht klar hervor, ob auch die gewiss nicht zu vernachlässigenden Fänge der polnischen Berufsfischerkollegen miterfasst worden sind...
Also, für mich klingt die beschriebene Laichwanderung der großen Quappen vom Haff aus plausibel, wenngleich, und da hast Du sicherlich Recht, auch im Unterlauf selbst Laichfische aus ihren Sommerquartieren starten dürften.
Tschau und Petri an Dich zurück
Debilofant
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