In Berlin soll die Landesfischereiverordnung geändert werden. Derzeit liegt den betroffenen Berliner Verbänden der inzwischen zweite Verordnungsentwurf vor, zu dem sie Stellung beziehen können. Das ist üblich, wenn Verwaltungen Rechtsnormen erlassen oder ändern. Wann die LFVO tatsächlich geändert wird, ist noch nicht absehbar. Der Prozess läuft schon seit Juni 2018. Der derzeitige Entwurf, der der Redaktion vorliegt (wir dürfen aber nicht komplett veröffentlichen), hat es insbesondere an drei Stellen in sich. Dort heißt es unter anderem
§ 9 "Das Zurücksetzen eines Fisches, Rundmaules, Krebses oder einer Muschel nach dem Fang ohne vernünftigen Grund ist verboten"
§ 14 "Mit der Handangel gefangene Fische dürfen nicht gehältert werden."
§ 18 "Das Anfüttern von Fischen außerhalb von Angelversanstaltungen ist verboten"
Beide Berliner Angelverbände haben dazu Stellung bezogen, wobei ich nur vom DAV die ausführliche Stellungnahme in voller Länge finde:
http://landesanglerverband-berlin.de/wcms/ftp//l/landesanglerverband-berlin.de/uploads/stellungsnahme-lfischo.pdf
Du sollst töten!
Die Änderung des § 9 ist Unfug. Das Tierschutzgesetz schreibt zum Töten einen vernünftigen Grund vor. Der DAV Berlin argumentiert aus meiner Sicht völlig richtig, wenn er in der vorliegenden Formulierung eine Umkehr der Rechtsabsicht sieht. Während das TierSchG also eine TötungsVERBOT mit Ausnahmen formuliert, schreibt Berlin ein TötungsGEBOT mit Ausnahmen vor. Die Verordnung widerspricht somit grundlegend der Absicht des Bundesgesetzgebers und schießt weit übers Ziel hinaus.
Aber wie kommt man überhaupt auf so eine Idee? Ich kann nur vermuten, dass man so glaubt, dem so genannten "Trophäenfischen" beizukommen. Dieser Begriff geistert ja immer wieder durch die politischen Diskussionsrunden und ist vielen ein Dorn im Auge. Dass man mit so einer Formulierung gleich mal wieder das Kind mit dem Bade ausschüttet, muss man den Verantwortlichen offensichtlich noch mal in Ruhe erklären. Die Argumente, die der DAV in seiner STellungnahme vorbringt, machen auf mich einen schlüssigen Eindruck.
Hältern verboten
Die Fische sollen direkt nach der Entnahme getötet und in einer Kühlbox aufbewahrt werden. Na bravo! Eigentlich hatte ich gehofft, dass diese Diskussionen inzwischen ein für alle Mal durch sind. Seit den 90igern wird darüber diskutiert. Prof. Schreckenbach hat schon 1999 (!) belegt, dass richtiges Hältern den Fischen eben keine Qualen und Schmerzen verursacht und es liegen entsprechende Urteile vor. Wieso das nun schon wieder hervorgeholt wurde, stößt bei mir auf völliges Unverständnis. Die Argumentation des DAV an der Stelle finde ich persönlich nicht so zwingend. Der Verband sagt, dass z. B. bei einem Hegefischen mehr Fische gefangen werden als in eine Kühlbox passen. Sicher richtig, aber eigentlich ist eine Diskussion völlig überflüssig, finde ich. Es ist wissenschaftlich belegt, dass das sachgerechte Hältern keinen Schaden verursacht. Wieso muss denn daran jetzt rumgedoktert werden? Es wird keine Verbesserung für das Tierwohl geben!
Friedfischangeln verboten
Das Anfütterverbot ist die schlimmste REgelung. Der DAV sagt es erfrischen offen und direkt: Das kommt einem Verbot des Friedfischangelns gleich! Feedern ohne Futterkorb funktioniert nunmal nicht. Und auch das Stippen ist ohne eine Handvoll Grundfutter so gut wie sinnlos. Auch hier fragt man sich wieder, was die Verwaltung auf den schmalen Pfad geführt hat. Wahrscheinlich haben die Schreibtischtäter Bilder von Karpfenanglern im Kopf, die 1.000 Kilo Boilies abkippen und die Seen reihenweise eutrophieren. Gegen gut gepflegte Vorurteile kommt man leider nur schwer an. Denn auch hierzu gibt es bereits zahlreiche Studien (Arlinghaus, Klefoth und noch mehr) die belegen, dass Angler durch ihre Fänge MEHR NÄHRSTOFFE ENTNEHMEN ALS SIE DURCHS FÜTTERN ZUFÜGEN. Wen's interessiert, findet auch dazu reichlich INfos in der Stellungnahme des DAV Berlin.
Insgesamt liest sich der Entwurf wie ein Angriff auf die Hauptstadtangler. Wenn es tatsächlich so kommt, werden noch mehr als bisher nach Brandenburg ausweichen und die Hauptstadt verliert eine der letzten naturnahen Erholgstätigkeiten für ihre Einwohner. Na herzlichen Glückwunsch!