AW: Frau Dr. Happach-Kasan wiedergewählt
Die zahlreichen enttäuschten Reaktionen zeigen, dass einige auf Verbesserungen durch eine Nichtwiederwahl von Frau Happach-Kasan gehofft haben.
Dazu ein paar Anmerkungen:
(1) Der Leidensdruck innerhalb des DAFV ist offenbar nicht groß genug und wird offensichtlich nicht der Person Happach-Kasan allein zugeschrieben, dass jeder Gegenkandidat gleich bevorzugt würde. Das unterstreicht die Wiederwahl von Frau Happach-Kasan mit einem guten und dem schlechten Wahlergebnis des Herrn Schneiderlöchner.
(2) Nicht nur Frau Happach-Kasan, sondern fast die gesamte "alte Garde" wurde wiedergewählt, so sie kandidierte, obwohl darunter - soweit ich es beurteilen kann - ausser dem Vizepräsidenten Wichmann, keine Leistungsträger sind.
(3) Die verbliebenen Delegierten machen die offenkundigen Probleme also weder an der Person Happach-Kasan, noch an den bisher agierenden Präsidiumsmitgliedern fest. Ihnen ist offenbar das vereinsrechtliche Minimum an Weiterfunktionieren wichtiger, als irgendeine personelle Veränderung.
(4) Dass der Kandidat Schneiderlöchner nicht nur kein entscheidend unterschiedliches Alternativprogramm, sondern vor allem keine Alternativmannschaft hatte, hat nicht überzeugen können.
(5) Die hohen Zustimmungsraten sind zustande gekommen, weil sich die kritischen Delegierten durch Austritte in die Stimmrechtslosigkeit verabschiedet hatte. LV-Austritte sind kein taugliches Mittel, um Veränderungen im Verband durchzusetzen. Das Präsidium im Rumpfverband kann dadurch nur um so leichter die eigene Machtposition festigen.
(6) Die Strategie der organisierten wie der außerverbandlichen Opposition, durch Geldentzug und Festmachen aller Probleme an der Person von Frau Happach-Kasan festzumachen, ist nicht aufgegangen. Eine Opposition muss, wenn sie erfolgreich sein will, nicht nur fachlich überzeugende Alternativen aufzeigen, sondern auch stimmmächtig werden.
(7) Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass die Angriffe auf den Verband durch Austritte und durch "außerparlamentarische" Polemik im Rumpf-Verband zu Trutzburgeffekten geführt haben, die einer inhaltlichen Weiterentwicklung des Verbandes eher hinderlich sind. Anders sind die guten Wahlergebnisse nicht zu erklären.
(8) Der mangelhafte Performance des Präsidiums wird auch von den allermeisten der Delegierten wahrgenommen, führt aber nicht dazu, dass sie bei der formalen Fortexistenz des Verbandes Risiken einzugehen bereit ist, weil sie weder personelle, noch inhaltliche Alternativen sieht. Ursache dafür ist, dass zwar ausreichend Kritik geübt, aber eine alternative Ausrichtung des Verbandes im Sinne einer echten Lobbypolitik für Angler nicht klar formuliert und deswegen auch nicht greifbar eingefordert ist. Das Weiterregieren von Funktionären, die trotz Fehlleistungen und Skandälchen seit über 15 Jahren in ihrer Funktion sind und offenbar nur an eigenen Pfründen interessiert sind, hat keinerlei Auswirkungen auf das Stimmverhalten, bei dem es scheinbar nur um die formale Erfüllung vereinsrechtlicher Mindeststandards geht.
(9) Die organisierte und die außerverbandliche Opposition sind nicht in der Lage, ihre Kritik zu einer wirkmächtigen Strategie werden zu lassen. Der Entzug der Beitragsmittel schwächt zwar den DAFV, aber mehr noch die Austrittsverbände in ihrer verbandspolitischen Einflussmöglichkeit.
(10) Der Minderleistungs-DAFV wird strukturell gestärkt (nicht inhaltlich) und eben nicht geschwächt, indem Kritik nicht innerhalb des Verbandes diskutiert wird, sondern nur noch ausserhalb des Verbandes geübt wird.
(11) Wenn sich der strategische Ansatz der Opposition nicht grundsätzlich ändert, wird sich in der Interessenvertretung der Angler in Deutschland wenig ändern. Eine Opposition, die so vorgeht, trägt Mitverantwortung an den unsäglichen Angelverboten in der Ostsee durch die Bundesumweltministerin, vor denen uns hoffentlich der CSU-Landwirtschaftsminister rettet.
(12) Der DAFV hat sich mit der Wiederwahl seiner Uralt-Garde in die 90er Jahre des vorherigen Jahrtausends zurückgewählt. Dazu hat er keine Alternative gesehen und wohl auch keine gehabt. Das ist ein Generationen-, auf jeden Fall aber ein personal-strukturelles Problem; dieses wird der Verband wahrscheinlich auf Jahre hinaus nicht angehen. Lobbyarbeit ist nicht zu erwarten, wohl aber Kosten für Aktivitäten, die sich als Lobbyarbeit ausgeben.
(13) Die Solidarität des Deutschen Fischereiverbandes und des Deutschen Jagdschutzverbandes durch Hartwig Fischer sind ein ermutigendes Zeichen. Sie muss aber genutzt werden, um deutlich stärker als bisher nicht nur aus dem Verband heraus, sondern im Rahmen einflussreicherer Allianzen gemeinsam Lobbyarbeit zu organisieren - und zwar nicht nur sporadisch und in einzelnen Kampagnenaktionen, sondern als permanenten politischen Einflussprozess. Die Anglerschaft muss dafür die erforderlichen Ressourcen durch Beitragsmittel zur Verfügung stellen. Das wird sie erst dann tun, wenn der Verband abgestimmte Kooperations- und Aktionskonzepte vorlegt. Nach heutiger Einschätzung ist der DAFV davon noch mindestens zehn Jahre entfernt.